Privateer - das Erwachen

part 37

Deacan saß fast dreißig Minuten nur still auf seinen Stuhl herum, den Blaster auf Sera Dawson gerichtet. Sicher, er hätte Manley kontaktieren können, nur er wollte es nicht. Denn er wurde einfach das Gefühl nicht los, als wenn jemand jede seiner Nachrichten mithören konnte.
Dann kam endlich wieder Leben in sein Zimmer. Jemand öffnete schwungvoll die Tür, Deacan rückte seinen Stuhl ein wenig zur Seite, um sowohl Dawson als auch den neuen Besucher sehen zu können.
Der neue Gast entpuppte sich jedoch als alte Bekanntschaft, Chyna betrat den Raum. Erst sah sie ein wenig verwundert auf Dawson, lächelte dann und zog ihre Jacke aus.
„Hättest du mir nicht sagen können, das wir noch Besuch bekommen, Deacan? Dann hätte ich etwas mehr eingekauft.“
Sie stellte ihre vollen Taschen in der Küche ab, dann baute sie sich vor Dawson auf.
„Wie ich sehe, wollten Sie nicht freiwillig zum Essen bleiben. Ja, mein Freund dort drüben mit dem Blaster in der Hand kann da manchmal sehr, sehr ärgerlich sein, wenn man ihn versetzen will.“
Chyna drehte ihren Kopf in Deacans Richtung.
„Na dann erzähl mal.“
„Chyna, darf ich dich mit Sera Lyana Dawson bekannt machen? Ihres Zeichens Attentäterin und Privateer.
Ich hoffe, dass Sie das nicht übel nehmen werden, Sera Dawson. Ich meine die erste Bezeichnung. Ich hätte ja auch Giftmischerin sagen können.“
Deacan kratzte sich mit der Waffe die Stirn, er ließ dabei Dawson nicht aus den Augen. Chyna schien zu verstehen.
„Aha, wohl eine Mission vermasselt?“
Dawson blieb stumm. Chyna fasste ihr Verhalten als ein Ja auf. Sie begab sich zurück in die Küche, kramte in den Einkaufstaschen herum und kam schließlich mit einem Bier wieder zum Vorschein.
Dann nahm sie einfach den Platz neben Dawson ein und begann, ihre Sitznachbarin etwas genauer zu betrachten.
„Sag mal, wo hast du eigentlich unser Clan-Liebchen gelassen?“
„Deine liebe Drake, wie du sie nennst, hat einen Laden voller Waffen für sich entdeckt, sie war nicht davon abzubringen, hinein zu gehen. Sie müsste aber in Kürze hier eintreffen.“
„Super. Sobald Manley hier auftaucht, werden wir ein paar Ideen umsetzen. Zuvor allerdings haben wir hier noch einiges zu erledigen.“
„Hat das etwas mit unseren neuen Gast zu tun?“
Deacan nickte.
„Dawson hat versucht, mich ins Reich der Träume zu schicken. Jemand wird hierher kommen, um dort weiter zu machen, wo das Herzchen, dass da so lieb und still auf der Couch neben dir sitzt, aufgehört hat.
Wir kriegen also noch mehr Besuch zum Abendessen, ich denke, wir sollten etwas einfaches und schnelles kochen, Spaghetti zum Beispiel. Mal sehen, wie viel brauche ich da für ein halbes Dutzend Personen?“
Dawson fand das alles überhaupt nicht komisch.
„Wie können Sie jetzt noch Scherze machen?“
„Hören Sie, nur weil einige Dinge schlecht oder sogar schief laufen verliere ich doch nicht meinen Humor. Zugegeben, es sieht nicht gut aus für mich und meine Freunde, aber im Moment sind wir allesamt quicklebendig und nur das zählt.“
Erneut ging die Tür auf, Drake betrat den Raum. Auch sie sah nur kurz auf Dawson herab.
„Probleme?“
Chyna übernahm die Antwort für Deacan.
„Keine unlösbaren. Ist eine neue Freundin von Deacan. Wenn das so weiter geht, werde ich langsam eifersüchtig. Was hat der Kerl nur an sich, dass ständig Frauen um ihn herum schwirren?“
„Sie müssten es doch wohl am besten wissen, oder? Schließlich sind Sie doch seine Partnerin.“
Sera Drake ging an der merkwürdigen Szenerie vorbei ins Schlafzimmer, dort stellte sie die einzelne Tasche ab, die sie mitgebracht hatte. Wie schon Chyna zuvor begann auch sie damit ihre Tasche zu durchwühlen.
Nur zauberte sie kein Bier hervor, sondern kam mit einen kleinen Blaster wieder herein, mit den sie kurz auf Dawson zielte.
Und dann abdrückte! Das Geräusch des Abzuges, ein markantes „Klick“, ließ Dawson zusammenzucken. Die Waffe war aber nicht geladen, Drake schien einen genauso eigenartigen Humor zu haben wie Deacan.
„Peng!“
Dann führte sie die Mündung der Waffe zu ihren Mund, tat so, als würde sie Rauch vom Schuss weg blasen.
„Ist das deine Art, Probleme zu lösen, Venice?“
Chyna nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche.
„Aber ja doch. So mache ich das seit Jahren.“
Deacan fuhr ihr ins Wort.
„Ich habe da eine Idee. Sera Dawson wird da hübsch mitspielen, oder?“
Dawson hatte gar keine andere Wahl. In Wirklichkeit sah sie sich wohl schon in einer Kiste, zwei Meter tief unter der Erdoberfläche.
Vielleicht würde Deacan sie ja verschonen, wenn sie sich auf seine Seite schlagen würde. Er selbst schien ihre Aktion nicht allzu böse zu nehmen, bei seinen Partnerinnen war sie sich aber nicht so sicher. Vor allem Sera Drake machte ihr irgendwie Angst. Sie hatte eine Eiseskälte in den Augen, so etwas hatte sie noch gesehen.
Deacan stand auf, er sah in die Runde.
„Dann mal los. Ich denke, wir werden nicht sonderlich viel Zeit haben. Und wir müssen noch einige Dinge vorbereiten.“
Dann kniete er sich vor Dawson hin.
„Jetzt zu ihnen. Sie müssen eine Entscheidung fällen.“
Dawson hatte ihre Wahl bereits getroffen, sie beschloss, sich der Situation anzupassen. Deacan wartete ihre Antwort aber nicht ab.
„Eigentlich wollte ich auf Manley warten. Sie scheint aber sehr beschäftigt zu sein, machen wir es mal ohne sie, wird schon schief gehen.“
Er stand wieder auf, gab Chyna die Waffe.
„Pass bitte auf unser Herzchen auf, ja?“
Dann griff er Drake an die Schulter, begab sich mit ihr in die Küche und begann ihr seine Idee zu unterbreiten. Manchmal musste man sich einfach überraschen lassen...
 
part 38

Etwa zwei Stunden später klopfte jemand an Deacans Tür. Sera Dawson trat an die Tür heran.
„Ja?“
„Machen sie auf. Ich will ihre Arbeit abholen.“
Die vereinbarten Worte. Dawson öffnete die Tür, drei Personen betraten den Raum. Zwei Männer und eine recht kleine, rothaarige Frau, die offenbar die Führung inne hatte.
„Haben Sie Erfolg gehabt?“
Dawson nickte, sie wies mit der Hand in Richtung Schlafzimmer.
„Ich musste seine Partnerin mit versorgen, sie hätte sonst Theater gemacht.“
„Sehr gut. Ich denke, wir werden öfters auf Sie zurückkommen, wenn Sie das wünschen. Interessiert?“
Dawson zögerte ein wenig.
„Warum nicht.“
Dawson führte die kleine Besuchergruppe ins Nebenzimmer. Dort lag Deacan auf dem Bett, Chyna daneben. Beide schienen zu schlafen. Dawsons Auftraggeber bemerkten nicht, dass ihre bezahlte Attentäterin den Raum zwar betrat, aber dann einen kleinen Schritt zur Seite tat.
„Nehmt sie beide mit.“
Die Anführerin wies auf die vermeintlichen Opfer. Plötzlich veränderte sich die Situation schlagartig.
„Wenn ich Sie wäre, würde ich mich keinen Zentimeter von der Stelle rühren, dann leben Sie länger.“
Dawson hatte einen Blaster gezogen und richtete ihn auf das Trio.
„Was soll das? Sie haben bekommen, was Sie wollten, oder? Ist das ein Versuch, noch mehr zu erpressen? Nehmen Sie die Waffe runter.“
Da die drei ihre Blicke auf Dawson gerichtet hatten, bemerkten sie nicht, das Deacan und Chyna ihre liegenden Positionen aufgaben und sich aufrecht aufs Bett setzten. Drake kam zusätzlich unter dem Bett hervor.
„Guten Abend.“
Erschrocken drehten sich die neuen Gäste um.
„Eine falsche Bewegung, und ich werde uns alle hiermit zur Hölle schicken.“
Deacan hielt eine Energiezelle für einen Blaster in seinen Händen, er hatte den Sicherheitsverschluss entfernt, dass konnte man deutlich erkennen.
Wenn er das Teil jetzt fallen lassen würde, würde die dabei freigesetzte Energie ausreichen, um das halbe Hope zu sprengen. Und das Loch hinterher würde nicht mal qualmen.
Diese Tatsache und die vier Blaster, die auf sie gerichtet waren, hielten die Anführerin davon ab, ihren Gefolgsleuten den Befehl zu geben, selbst zur Waffe zu greifen.
„Wie ich sehe, scheint Geld allein keine Garantie mehr zu sein, wenn es um die Erfüllung von Aufträgen geht.“
Die Wortführerin sah ärgerlich auf Dawson.
„Sera Dawson trifft ehrlich gesagt keine Schuld. Sie hatte nur nicht mit meinem Misstrauen gerechnet, sonst hätte die Geschichte wohl einen anderen Verlauf genommen.
Übrigens – Dawsons Waffe ist nicht scharf, diese Energiezelle hier gehört zu ihrem Blaster. Ich sagte ja schon, Misstrauen ist eine feine Sache.“
Deacan wies auf die beiden Männer.
„Sagen Sie ihnen, dass sie verschwinden sollen. Ihre Waffen legen Sie hübsch hier zu mir aufs Bett.“
Die beiden machten lange Gesichter, ihre Chefin nickte ihnen aber zu, und sie taten dann dass, was man von ihnen verlangt hatte.
„Sera Drake, begleiten Sie die Herren bitte nach draußen. Keine Panik, Sie werden ihre Mitarbeiterin in Kürze wiedersehen. Und jetzt raus!“
Widerwillig folgten die zwei seiner Aufforderung, Drake half kurzerhand nach.
„Na los, beweg dich!“
Sie presste dem Kleineren ihre Waffe mit Gewalt in den Nacken und schob ihn aus dem Raum, der andere ging schweigend voran. Als Drake mit ihren neuen Freunden aus der Tür verschwand, wandte sich Deacan wieder der fremden Frau zu.
Er stand auf, sie folgte ihm ins Wohnzimmer und nahm dort auf seine Weisung hin Platz. Chyna und Sera Dawson blieben in der Tür stehen und verfolgten von dort aus Deacans kleines Plauderstündchen.
Der kam auch gleich zur Sache.
„Punkt eins. Sie spionieren mir hinterher und scheinen Informationen meine Person betreffend zu sammeln.
Punkt zwei. Sie schicken mir diesen jungen Hüpfer da ins Haus mit der Aufgabe, mir meinen Kaffee zu versauen und mich auf die Matte zu legen. Sozusagen Tiefenrausch ohne Alkohol.
Punkt drei. Dann erscheinen Sie hier mit zwei Helfern und bereiten meinen Umzug ins Unbekannte vor.
Punkt vier. Ich bin richtig sauer und hätte nicht übel Lust, Ihren Hintern mit einen Stiefelabdruck meinerseits zu signieren.“
Deacan griff sich einen Stuhl, setzte sich direkt vor seinen Gast hin.
„Wer sind Sie?“
Die Dame überlegte.
„Was, wenn ich es Ihnen nicht sage?“
„Kein Problem. Sie sind hier mit den zwei anderen eingebrochen, wir haben Sie überrascht und Ihnen Ihr Gesicht weg geschossen.“
„Sie sind genauso primitiv wie alle Privateers im Tri-System.“
„Das ist Ihre Meinung, und die ist hier nicht gefragt. Also noch einmal, wer zur Hölle sind Sie?“
Deacan richtete seinen Blaster wieder auf sie.
„Mein Name tut eigentlich nichts zur Sache.“
Sie sah äußerst nervös in Richtung Dawson.
„Ich repräsentiere sozusagen die Liga der Superreichen hier im Sektor.“
„Aber sicher, ich habe schon besser gelacht.“
„Sie wollten doch die Wahrheit, junger Mann. Wenn Sie diese nicht akzeptieren wollen oder können, dann ist das ihr Problem, nicht meines.“
„Reden Sie einfach weiter.“
Die Dame holte tief Luft.
„Wir wollten Sie nicht töten, Ser Tron. Wir wollten nur mit Ihnen reden. Aber nicht öffentlich. Allein die Tatsache, dass ich jetzt hier mit Ihnen in deren Beisein spreche, bringt mich in Schwierigkeiten.“
Sie machte eine Kopfbewegung in Chynas und Sera Dawsons Richtung.
„Pech gehabt. Weiter.“
„Ser Tron, wir beobachten die Lage im Tri-System nicht nur, wir lenken Sie auch. Unser Einfluss liegt hauptsächlich beim CCN, wir haben aber auch andere Bereiche des Tri-Systems unter Kontrolle.
Wir haben in Erfahrung bringen können, dass Sie sich gegen einen Mann namens Kyle Ricards gewandt haben, einen der mächtigsten Gildenführer im Tri-System. Wir hatten schon vor Jahren ein wachsames Auge auf diesen Mann geworfen, wir wussten damals schon, dass er seine Prinzipien über Bord werfen würde, wenn er auf die eine oder andere Weise dadurch an Macht gewinnen könnte.“
Sie faltete ihre Hände zusammen, ihr Blick ging nach unten.
„Sie wissen von dem Metall, nicht wahr?“
Jetzt wurde es richtig interessant. Deacan nickte.
„Nicht nur ich weiß davon, die CIS und ein paar Piratenclans genauso.“
„Ja, das ist und bleibt ein Problem. Wir haben es gewissermaßen mit verursacht.“
„Wie darf man denn das verstehen?“
„ Das ist eine lange Geschichte.“
„Ich habe Zeit.“
„Nun gut. Vor fünfzehn Jahren wurde damit begonnen, nach weiteren Sprungpunkten zu suchen, um das Tri-System weiter auszubauen. Finanziert wurden diese Arbeiten zum Grossteil von uns, ausgeführt wurden sie vom CCN.
Ein Vermessungsschiff entdeckte dabei in der Nähe des Planeten Petra einen bis dahin noch unbekannten Sprungpunkt. Sie werden ihn auf keiner Karte finden. Als man ein Shuttle hindurch schickte, fand man auf der anderen Seite ein Sonnensystem, bestehend aus zwei Planeten und deren Monden.
Landungstruppen entdeckten dann die Überreste einer alten Kultur. Und jede Menge an Artefakten. Das, was sie mit zurück brachten, erwies sich als tickende Zeitbombe.
Das gesammelte Material wies unglaubliche Eigenschaften auf, die seinerzeit die Technologie revolutioniert hätte. Wir wussten aber eines ganz genau, wenn wir unsere damaligen Ergebnisse in die Öffentlichkeit getragen hätten, wären die Folgen katastrophal gewesen. Die damaligen Waffenfirmen hätten innerhalb kürzester Zeit die Rechte an den Planeten und der darauf befindlichen Substanzen und Materialien erworben und die Sachen dann an jeden verkauft der genug Geld dafür gehabt hätte. Wir hätten es nicht verhindern können.
Sehen Sie sich doch nur einmal die Waffen an, die zur jetzigen Zeit frei käuflich sind. Hätten wir nicht gehandelt, das Tri-System wäre zu einen blutigen Schlachtfeld geworden. Bitte glauben Sie mir, die jetzige Situation ist regelrecht harmlos dagegen.
Die einflussreichsten Personen der damaligen Zeit, zwölf an der Zahl, beschlossen die Existenz des Planeten für immer zu verschweigen. Wir töteten alle, die an der Arbeit beteiligt gewesen waren und erklärten das Forschungsschiff und dessen Mannschaft als verloren. Um jegliche Nachforschungen zu verhindern, taten wir etwas, was sich leider als größter Fehler unsererseits herausstellen sollte.
Wir erschufen die Papagos. Anfangs funktionierte alles einwandfrei. Die Piraten des von uns geschaffenen Clans hielten die Leute von unserer Entdeckung, sprich dem Sprungpunkt, fern. Als dann aber weitere Clans auf der Bildfläche erschienen, die CIS Kopfgelder für alle Piraten aussetzte und die Papagos immer mehr in Bedrängnis gerieten, sahen wir uns letzten Endes außerstande, ihnen weiterhin zu helfen. Und so trennten sich unsere Wege. Unser Werkzeug wurde zur Waffe.“
„Aus Freunden wurden Feinde. Dieselbe alte Geschichte. Ihre Geschichte hat allerdings einen kleinen Hacken. Wenn Sie so erfolgreich die Beweise für Ihre sagenhafte Entdeckung verschwinden ließen, wieso haben dann jetzt die Kiowans das Zeug?“
„Ich glaube, dass sie eher zufällig an das Material heran kamen. Genaueres wissen wir leider nicht. Aber die Probleme liegen nicht nur bei den Kiowans. Wir selbst haben uns gespalten.
Ein Teil will das Geheimnis weiterhin bewahren, der andere hat sich dafür ausgesprochen, es meistbietend zu verkaufen. Ich selbst gehöre der ersten der beiden Gruppierungen an. Sie sehen also, dass die Zeit gegen uns gespielt hat. Die Macht des Geldes hat um sich gegriffen. Eine Sache, die ich selbst nie ganz verstehen werde. Ich meine wir haben doch mehr als genug. Keiner von uns leidet Hunger oder Durst. Wenn wir es wollten, könnten wir die Regierung kaufen. Problemlos.“
„Ich glaube, dass eventuell einer Ihrer Leute den Kiowans einen kleinen Tipp gegeben hat. Oder sind Sie da anderer Meinung?“
„Einige von uns sind der gleichen Ansicht, Ser Tron. Verstehen Sie uns jetzt ein wenig besser? Ob Sie es glauben oder nicht, Sie sind anders als andere Privateers.
Wir wissen das seit Ihrer Auseinandersetzung mit Ricards. Sie stellten sich gegen seine Entscheidungen, begannen seine Worte in Zweifel zu ziehen. Ricards hat übrigens auch Wind von der neuen Technologie bekommen, aber das wissen Sie sicherlich schon.
Senator Santana steht ihm dabei recht hilfreich zur Seite.“
Deacan stand auf, er ging einige Schritte durch den Raum.
„Ich schätze, dass Sie mich um Hilfe bitten werden.“
„Ja, das tun wir hiermit. Sie könnten jetzt natürlich fragen, wo wir doch so großen Einfluss haben, warum kaufen wir dann nicht selbst ein paar Söldner und hetzen sie auf unsere Feinde?
Die Antwort ist einfach. Wenn bekannt wird, dass wir dies alles mit verursacht haben, zerbricht alles im Tri-System. Wirtschaft, Handel. Das Militär würde sich mit der Tatsache konfrontiert sehen, dass sie gegen einen Feind kämpfen, den wir geschaffen haben. Den wir mitfinanziert haben.
Der Grossteil der Senatoren würde uns die Schuld für den Tod von unzähligen Menschen geben. Unsere Aufgabe, die oberen Schichten zu überwachen, wäre nicht mehr durchführbar. Das Ergebnis wäre Chaos und Anarchie. Und um das zu verhindern wenden wir uns an Sie. Und Ihre Partner. Wir wissen, es ist riskant, sie um Hilfe zu bitten.
Aber Sie wussten bereits mehr als jeder andere hier im Tri-System. Und jeder neue Tag hätte Sie näher an uns heran geführt. Wir können nur hoffen, dass Sie sich richtig entscheiden. Die Zukunft des Tri-Systems liegt auch bei Ihnen, Ser Tron.“
„Sie glauben gar nicht, wie oft ich diesen Satz so oder in ähnlicher Form schon gehört habe.“
Die Dame reagierte sofort.
„Dies ist kein Spiel, Ser Tron. Wie ich erfahren habe, haben Sie ja schon Kontakt zum anderen Teil unserer Gruppe gemacht. Der Anschlag auf Hades wird Ihnen ja wohl noch in Erinnerung sein.
Glauben Sie ernsthaft, ein normaler Pirat hätte mit einer Waffe die Sicherheitskontrollen dort überwinden können? Oder wäre in Besitz einer Säure gekommen, die wirklich alles und jeden auflöst? Oder ihr Freund, Ser Kenner? Er geht vermutlich auch auf deren Konto.
Ser Tron, Sie kämpfen inzwischen an verschiedenen Fronten, Sie haben Feinde, wo Sie niemals welche vermutet hätten. Einen kleinen Rat noch: graben Sie in der Vergangenheit...“
Plötzlich konnte man einen Schuss hören, er kam von draußen, gefolgt von einen Schrei.
„Sieh nach.“
Deacan nickte Chyna zu, die nach draußen ging. Und nur Sekunden später wieder herein kam. Sie kämpfte gegen einen Lachanfall.
„Was ist passiert?“
„Drake sollte doch auf ihre Freude hier aufpassen.“
Sie zeigte auf die rothaarige Frau.
„Und?“
„Nun ja, wie soll ich es sagen, einer der beiden hat sich wohl am Hintern gekratzt weil es ihn da juckte, Drake nahm an, das er da noch eine Waffe oder so versteckt hatte.“
„Sie hat ihm doch wohl nicht die Eier weg geballert?“
„Nein, ein paar Zentimeter tiefer. Er scheint allerdings ein wenig angesengt zu sein, seine Hose qualmte noch, als ich eben nachsah. Fast hätte er einige Oktaven höher gesungen.“
Deacan grinste.
„Gehe raus und sag ihm er soll, sobald er wieder daheim ist, ein paar Eisbeutel drauf legen. Oder nein, besser noch, er soll auf und ab hüpfen, vielleicht rutscht ja was nach, wenn was abhanden gekommen sein sollte.“
Chyna verließ lachend den Raum, draußen schien Drake das Lachen mit zu übernehmen. Deacan wandte sich wieder der Frau zu.
„Tut mir leid. Aber ich kann nun mal nicht auf alles und jeden hier aufpassen.“
„Sehen Sie, das geht uns nicht anders.“
Während sie sich mit der Hand durchs Haar strich, fasste Deacan einen Entschluss. Er hatte genug gehört.
„Gehen Sie. Na los. Wenn sie mich brauchen, dann kontaktieren Sie mich. Aber bitte wie alle anderen auch, nicht wieder per Schlafmittel.
Ach ja, wo Sie alles zu wissen glauben, sagen Sie gibt es einen Weg, um zu verhindern das jemand anderes meine Mails liest?“
Die Dame sah auf.
„Wer die notwendige Technik besitzt, kann ohne große Mühen jedes MACS knacken. Es gibt keinen Schutz. Tut mir leid. Sie sollten die Kommunikation über das Gerät ein wenig drosseln, nur das nötigste damit versenden. Nutzen Sie Personen als Boten, so wie wir.“
„Nun gut, wie Sie meinen. Ich denke, Sie kennen den Weg zur Tür?“
Deacan warf die Frau regelrecht raus. Sie verließ wortlos die Wohnung, der Privateer gab ihr zuvor noch die Blaster ihrer Begleiter mit, allerdings entfernte er vorher die Energiezellen. Man wusste ja nie.
Das einzig gute an der Geschichte war, das er einige Antworten erhalten hatte. Er beschloss, nicht alles von seinem neuen Wissen an die CIS weiter zu leiten, es sei denn, es würde sich als unbedingt notwendig erweisen.
Ihm fiel Manley ein. Sie hatte den ganzen Spaß verpasst. Wie schade, es war aber leider nicht zu ändern. In Kürze würde sie wieder auftauchen, mit Sicherheit hatte sie einige News im Gepäck und ein breites Grinsen im Gesicht. Eben ganz Manley-like.
 
@ |BoH_Havoc|,

hehehe... ich darf mich zu den wenigen Auserwählten engen Freunden zählen die jetzt schon die gesamte Story um und von Deacan Tron. :D

Für alle die Interesse haben an dieser Gewaltigen spannenden Story kann ich nur eines empfehlen:

Lesen, Lesen, Lesen, und vor allem, erwerbt euch ein Exemplar dieses Meisterwerks!!! Ihr müsst euch nur eine Frage stellen, welcher Fan, schreibt schon eine packende Story, und lässt dieses noch drucken und zum Buch binden?

:p

Greeting from Magdeburg/Germany for all fans in this world.

Ser Hudson
CIS
 
Ich würde ja zu gerne ein Exemplar bestellen und hatte Deacon gleich zu Beginn per PN angeschrieben. Er wollte abwarten und mal sehen, ob die Anzahl der Interressenten für den Druck ausreicht und den Aufwand lohnen (Gewinn darf er ja soweit ich verstanden eh nicht machen). Er wollte sich ggf. melden. Leider seitdem nix mehr gehört :(
 
Bakhtosh said:
Ich würde ja zu gerne ein Exemplar bestellen und hatte Deacon gleich zu Beginn per PN angeschrieben. Er wollte abwarten und mal sehen, ob die Anzahl der Interressenten für den Druck ausreicht und den Aufwand lohnen (Gewinn darf er ja soweit ich verstanden eh nicht machen). Er wollte sich ggf. melden. Leider seitdem nix mehr gehört :(

...Zweite Auflage ist in Arbeit - habe euch alle also nicht (!) vergessen! Derzeit geht das alles allerdings nur schleppend voran, mein "Druckhaus" muss die Geschichte komplett neu setzen - da ich bei der ersten Auflage (8 Exemplare) nicht die Möglichkeit einer Veröffentlichung erwog.
Plus: bitte vergesst nicht - ich muß diese zweite Auflage komplett vorfinanzieren! Das heißt: wenn ich das "GO" vom Druckhaus bekomme werde ich hier im Forum direkt anfragen, wer ein Exemplar haben möchte... dann wird zusammengezählt und anschließend gedruckt - einverstanden?
Zudem: die zweite Auflage ist komplett bereinigt von Fehlern (bin ja schließlich auch nur ein Mensch) plus das Cover wird etwas geändert, ihr werdet sehen warum (...verrate nichts weiter...)
BTW: wir prüfen derzeit die Rechtslage, ob und inwiefern es trotzdem möglich ist, das Werk in die Regale der Läden zu stellen, evt. ist es möglich, das Ganze unter "inspiriert von" anstatt "basierend auf" zu produzieren.

Ihr (und auch du, lieber Bakhtosh) bekommt also das Buch. Nur... etwas Geduld müsst ihr bitte haben.
(PS: die "Pflichtexemplare" sind schon einkalkuliert, eine ISBN reserviert, das Ganze wird unter "Books on demand" laufen - wenn nichts dazwischen geht... hoffen wir mal auf das Beste. Wenn es gar nicht anders geht, wird EA eben mit einbezogen... wann bekommt man schon mal ein Buch angeboten, das auf einem 10 Jahre alten und nicht mehr produzierten Spiel basiert und trotzdem definitiv Leser finden würde?)
 
Hey - ich hoffe Du hattest das nicht als Kritik aufgefasst :(

Ich hatte das so interpretiert, dass die Nachfrage noch nicht groß genug ist und Du Dich deswegen noch nicht gemeldet hast. Deswegen das "leider". ;)

Aber schön zu hören, dass ein gedrucktes Exemplar näher rückt :)
 
part 39

*
„Wo zum Teufel ist dieser Träger?“
Ivy wurde langsam aber sicher ungeduldig. Manley hatte sie vor einer halben Stunde kontaktiert, sie hatte ihnen die Koordinaten für das Zusammentreffen mit dem CIS-Schiff gegeben.
„Bleibe bitte cool. Schon mal auf so einen Schiff gewesen?“
„Du meinst einen CIS-Träger? Wann bekommt der normale Sterbliche schon mal die Gelegenheit, einen einzigen Fuß auf derartiges CIS-Eigentum zu setzen?
Ich habe immer einen möglichst großen Bogen um die fliegenden Teile der Miliz gemacht. Ich habe die Typen noch nie gemocht, und ich werde auch dir zuliebe damit nicht anfangen.“
„Ivy, du hast ja keine Ahnung, was dir da entgangen ist. Mein Vater hat mich in meiner Kindheit ständig mit genommen, wenn ich Schulferien hatte. Anfangs machte es richtig Spaß, später würde es allerdings recht lästig, da ich nie mit Freunden weg konnte.
Schade. Keiner wollte mit mir auf einen Landedeck Camping machen. Aber ehrlich gesagt habe ich dort auch eine Menge nützlicher Sachen gelernt, ich hing oft stundenlang mit Piloten oder Technikern herum. Es wird dir sicher gefallen.“
„Das glaubst du! Ich aber nicht.“
„Ivy, du bist und bleibst ein alter Miesepeter. Waren wir uns eigentlich jemals wirklich einig, außer beim Essen meine ich? Aber jetzt mal Klartext, versuch dich ein wenig umzusehen, während ich mit Manley spreche. Auf solchen Schiffen werden meist neue Technologien getestet.“
Ivy lehnte sich nach vorn.
„Teanna, ich werde auf keinen Fall Eigentum der CIS mitgehen lassen. Hast du das verstanden?“
„Aber sicher doch, liebste Ivy, ich habe dich sehr deutlich verstanden und du mich hoffentlich auch!“
Teanna beobachtete ihre Instrumente. Dann zeigte ihr Radar einen Kontakt an. Die Scanner der Skecis identifizierten schließlich das Schiff, auf das sie hier warten sollten.
Teanna flog den Träger zunächst frontal an, sie wollte einen Blick auf das Schiff werfen. Solche Augenblicke waren nämlich sehr selten. Die Chancen, jemals einen der wenigen Träger der CIS überhaupt vor die eigene Maschine zu bekommen standen irgendwo zwischen selten und nie. Die meisten Privateers kannten diese Schiffe nur von technischen Zeichnungen oder Fotos, richtig gesehen hatte der Grossteil aber noch nie einen.
Die Skecis überflog die Aufbauten des Stahlgiganten. Dann konnte Teanna die Registrierung auf dem Schiff erkennen, CV-04. Dies war also das vierte produzierte Schiff dieser Klasse, das vierte von insgesamt acht. Verteilt übers ganze Tri-System, unsichtbar für die Normalreisenden.
Die CIS stationierte diese Schiffe immer etwas außerhalb der Sprungpunkte, man musste schon jenseits der Radarbereiche der Jumpbojen fliegen, um sie zu Gesicht zu bekommen. Teanna flog eine enge Schleife über das Schiff, dann öffnete sie einen Kommunikationskanal. Prompt erhielt sie eine Antwort, man teilte ihr in ziemlich barschem Ton mit, dass sie ohne weitere Verzögerung landen sollte.
Die Außenbeleuchtung des Ladehangars vom Träger wurde aktiviert, die schweren Tore wurden geöffnet. Teanna lenkte die kleine Skecis ins Innere des Schiffes, sofort herrschte dort hektische Betriebsamkeit. Techniker und anderes Bodenpersonal liefen auf Teannas Jäger zu, als dieser aufsetzte.
Eine Leiter wurde an den Schiffsrumpf geschoben und die Söldnerin öffnete etwas widerwillig das Cockpit. Ein Techniker half ihr und Ivy beim verlassen des Jägers. Die beiden hatten gerade eben erst wieder festen Boden unter ihren Füssen, als eine ihnen nur zu gut bekannte Stimme quer durch den Hangar erklang.
„Schön, dass Sie den Weg hierher gefunden haben. Willkommen!“
Das Duo drehte sich um. Und sah Sera Manley, die ihr Outfit völlig verändert hatte. Statt ihrer Beamtenbekleidung trug sie jetzt einen Pilotenoverall, offenbar war auch sie erst vor kurzem aus einer Kampfmaschine gestiegen.
Auch ihr Aktenkoffer war verschwunden, dafür trug sie jetzt einen Pilotenhelm unter ihrem Arm. Teanna betrachtete sie von oben nach unten.
„Änderung des Dienstes, Manley? Oder üben Sie hier Ihr Hobby aus?“
Manley lächelte.
„Weder noch. Ob Sie es glauben oder nicht, auch meine Wenigkeit steigt mit hübscher Regelmäßigkeit ins Cockpit. Die Fähren der CIS sind zwar sehr komfortabel, aber mein persönlicher Jäger ist etwas sicherer. Vor allem zur jetzigen Zeit, wenn Sie verstehen, was ich damit meine.“
„Sie haben einen Pilotenschein?“
Ivy sah sich suchend um. Manley wies ihr schließlich die entsprechende Richtung.
„Ja, ich kann einen Jäger fliegen und meine Maschine steht dort drüben.“
Sie wies mit ihrer Hand auf eine Aurora, die etwas abseits stand.
„Die Gehälter der CIS scheinen ja nicht sonderlich gut zu sein, wenn ich das da sehe.“
Manley reagierte sofort.
„Niemand hat verlangt, dass Sie meine Aurora mögen, Sera Banks. Ich für meinen Teil liebe dieses Stück Technologie, ist nämlich ein absoluter Klassiker. Wie die alte Straith.“
Teanna schwieg dazu, rümpfte aber leicht die Nase. Manley bemerkte ihr Verhalten, quittierte es aber nur mit einen breiten Grinsen ihrerseits. Wer war sie denn, dass sie Streit mit jemanden über Raumschiffe anfing?
Nein, zum Streiten hatte sie Teanna und Ivy nicht hierher geholt, sie hatte inzwischen neue und überaus wichtige Informationen erhalten. Alles würde sie den beiden nicht anvertrauen, nur das Nötigste.
Und was genau nötig war, das lag allein in ihrem Ermessen. So und nicht anders. Manley bat ihre Gäste nun, ihr zu folgen. Sie hatte ein Quartier räumen lassen, um in aller Ruhe und ungestört mit Teanna und Ivy sprechen zu können. Das Quartier selbst lag keine zehn Meter vom Lift zum Hangar entfernt, man erreichte innerhalb weniger Minuten den Raum.
Dieser war spartanisch eingerichtet, wie alles beim Militär. Drei Stühle, ein Tisch. Dazu kahle Wände. Keine Bilder, eine einheitliche Farbe der Wände und der Raumdecke. Absolut trostlos.
„Nehmen Sie doch bitte Platz. Wenn Sie möchten, kann ich etwas zu trinken bringen lassen.“
Teanna winkte dankend ab, während sie sich hinsetzte.
„Keinen Bedarf. Zur Sache. Was ist in der Kapsel drin gewesen?“
Wie nett, Sera Tasker kam sofort zur Sache. Manley wusste inzwischen um den Inhalt der Kapsel von Ser Furlong. Und deren Bedeutung...
„Nun gut. Der Mann, von dem die Kapsel stammte, war ein aktiver Papagopirat. Ich rede hier von Ser Furlong.“
Teannas Gesicht spiegelte ihren Unglauben wieder.
„Diese, ich möchte sie mal Karikatur eines Menschen nennen, soll ein Pirat gewesen sein? Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Wenn Sie jemanden verarschen wollen, probieren Sie es bei Hassan. Vielleicht lacht der ja.“
Das war absolut klar gewesen, Manley hatte geahnt, dass Teanna kein Wort glauben würde. Nun, sie setzte Piraten mit Kampfpiloten gleich. In der Realität kamen jedoch auf jeden Clanpiloten fast zehn andere Leute, die im Hintergrund agierten. Angefangen von Informanten über Techniker bis hin zu diversen Geldgebern, sprich Geschäftsleuten.
Ja, so ein Clan war wie ein kleines Unternehmen aufgebaut. Es war unmöglich, alle Mitarbeiter eines solchen Unternehmens dingfest zu machen.
„Sera Tasker, bis vor kurzem wussten Sie nicht, dass ich einen Raumjäger fliegen kann. Aber wie Sie sehen, kann ich es trotzdem. Ser Furlong war kein Pilot, er hat die Piloten des Papago-Clans aber mit Informationen versorgt. Soweit wir es wissen, hatte er dabei zu Lebzeiten Kontakte bis in die höchsten Führungsebenen des Clans, er hatte Einsicht in die Geschäfte der ehrenwerten Gesellschaft.
Von ihm haben wir einige sehr beunruhigende Mitteilungen erhalten.“
„Schön für ihn. Hat ihm aber nicht viel genutzt, oder? Er war so dumm und hat geplaudert, deshalb hat er kurze Zeit später am eigenen Leib das Gesetz der Schwerkraft testen können.“
Manley lehnte sich entnervt auf ihrem Stuhl zurück. Ja sicher, Teanna hatte durchaus Recht.
„Sera Tasker, haben Sie überhaupt eine Ahnung von den Dingen, die zur Zeit im Tri-System ablaufen?“
„Ich weiß nur das, was in den Nachrichtenkanälen gelaufen ist. Ich meine die Sache mit Ricards, seiner Gilde und den ganzen Schotter.“
„Sie werden dabei sicherlich bemerkt haben, das Ricards nur einem Piratenclan sozusagen die Freundschaft angeboten hat, oder?“
„Ja klar. Die hässlichen Kiowans stehen jetzt unter seinem Schutz. Ich verstehe das ehrlich gesagt nicht so ganz. Es gibt bessere Partner.“
„Im Moment, und das können Sie mir ruhig glauben, sind die Kiowans die absoluten Traumpartner für Ricards und seine Bande von Halsabschneidern. Durch einen Zufall haben die netten Piraten ihre Technologie ein wenig aufwerten können.“
„Wie, aufwerten?“
„Am besten stellen Sie sich das so vor: wir müssten knapp fünfzig, sechzig Jahre lang forschen, um die Typen einzuholen. Verstehen Sie? Ihr Vorsprung ist enorm. Wir hingegen stehen ziemlich schlecht da.“
Teanna blieb skeptisch.
„Ich soll Ihnen abnehmen, dass die Jungs in den Kiowan-Jägern da draußen nicht mehr aufzuhalten sind? Klingt ein wenig nach Panikmache.“
„Ich kann Ihnen gerne ein paar Listen überreichen, aus denen eindeutig hervorgeht, dass unsere Verluste bei Gefechten mit den Kiowans in den letzten Monaten rapide in die Höhe geschnellt sind. Also?“
„Wissen Sie, ich für meinen Teil glaube, dass die CIS vielleicht etwas mehr Zeit und Geld in die Ausbildung ihrer Piloten investieren sollte.
Die Privateers scheinen übrigens keine derartigen Probleme zu haben. Mir ist jedenfalls nichts darüber bekannt, dass Söldner in letzter Zeit häufiger als sonst vom Kiowanpack attackiert worden sind.“
Manley stand auf, ihr wurde es zu warm, sie zog ihre Pilotenjacke aus und legte sie auf dem Tisch ab. Dann sah sie Teanna an.
„Sagen Sie das besser nicht zu Ser Tron. Der würde Ihnen dann nämlich was anderes erzählen.“
Der Name Tron ließ Teanna aufhorchen.
„Wie darf ich das verstehen?“
Manley antwortete, während sie wieder Platz nahm.
„Ser Tron hat etliche gute Freunde verloren, und die Kiowans sind die Hauptursache dafür. Wussten Sie eigentlich, das Tron bis vor kurzem noch ein aktives Mitglied von Ricards Söldnergilde war?“
Teanna schüttelte den Kopf.
„Als er bemerkte, dass immer mehr Privateers verschwanden, stellte er auf eigene Faust ein paar Nachforschungen an. Diese Aktivitäten hätten ihn fast das Leben gekostet. Ser Tron erkannte, das Ricards Gilde gemeinsame Sache mit den Kiowans machte.
Daraufhin stieg er bei Ricards aus. Seine Probleme hörten damit jedoch nicht auf, ganz im Gegenteil. Er wird schlimmer gehetzt als ein wildes Tier. Dabei sind es nicht nur Kiowans, die hinter ihm her sind.
Etliche Privateers sind ebenfalls unterwegs, um Tron unter die Erde zu bringen. Wir vermuten, dass Ricards selbst ein Kopfgeld auf Tron ausgesetzt hat, nur beweisen können wir es nicht. Sie haben ja auch versucht, es zu kassieren.“
Fast hätte Manley noch einen Satz hinzu gefügt. „Mit mäßigen Erfolg“, so der genaue Wortlaut. Sie verkniff sich jedoch die Bemerkung und führte das Gespräch fort.
„Das Tri-System ist in Bewegung geraten, Sera Tasker.“
Interessante Neuigkeiten. Nur hatte die Agentin Teannas ursprüngliche Frage noch immer nicht beantwortet.
„Die Kapsel. Ich möchte endlich wissen, was es damit auf sich hat.“
Manley wischte sich mit der Hand übers Gesicht. Ihre Gesprächspartnerin war extrem hartnäckig, das stand außer Frage.
„Kartenmaterial. Es umfasst das gesamte Petra-Planetensystem. Diverse Sprungpunkte sind darauf verzeichnet, auch einige, die wir selbst nicht so genau kennen. Plus ein Brief, geschrieben von Ser Furlong, indem er uns um Hilfe bittet.
Es hat den Anschein, als würden die Kiowans inzwischen auch zur Jagd auf die Papagos aufrufen. Sie sehen also, dass nicht nur die CIS unter ständigen Beschuss seitens der Kiowans steht.“
Manley hielt inne. Sie hatte bereits mehr gesagt, als sie eigentlich durfte. Wenn Hassan davon erfahren würde, hinge mit Garantie der Haussegen auf Hades eine ganze Weile lang schief. Sie war allerdings auf eine Idee gekommen, sie hoffte, Teanna und Ivy für ihre Sache gewinnen zu können.
Eigentlich ein unmögliches Unterfangen. Sie rechnete jedoch mit Teannas Lust am Nervenkitzel. Und tatsächlich schien es, als würde die junge Söldnerin mit sich selbst kämpfen. Sie rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. Schließlich stellte Manley eine Frage, die ihre Gesprächspartner vor eine nicht ungefährliche Entscheidung stellen würde.
„Wollen Sie weiter machen?“
Teanna sah auf Ivy, dann wieder auf Manley.
„Wie meinen Sie das?“
Die Agentin stand erneut auf, diesmal wollte sie jedoch damit ihren Worten etwas mehr Gewicht verschaffen, ihnen noch mehr Nachdruck verleihen.
„Sera Tasker, Sera Bank, da draußen findet in Kürze eine Schlacht statt. Die beteiligten Parteien sind noch nicht ganz eindeutig voneinander getrennt, aber sobald das geschehen ist, knallt es. Ser Tron ist da draußen, wir sind da draußen an seiner Seite, einige Privateers sind es ebenfalls. Ich stelle mir daher die Frage, wo Sie stehen?“
„Ist das wichtig?“
Ivy sah Manley eindringlich an.
„Wichtig? Sagen wir es mal so, Sie verdanken es meiner Überredungskünste, dass Sie noch frei herum laufen und die Gegend unsicher machen können. Mein Vorgesetzter, Ser Hassan, war nämlich dafür, Sera Tasker Ihrem Vater zu übergeben. Ich hingegen war der Auffassung, dass Sie noch nützlich sein könnten.
Sie haben durchaus Talent. Das gilt gleichermaßen für Ihre Freundin. Also warum stellen Sie nicht Ihre Fähigkeiten in unsere Dienste?“
Ohne jegliche Verzögerung kam eine Antwort, diesmal allerdings von Ivy.
„Weil wir noch etwas länger leben wollen, Sera Manley. Ab und zu gegen Piraten zu kämpfen ist etwas anderes, als sich gleich mit mehreren Gruppierungen anzulegen. Machen Sie es doch!“
Manley setzte sich wieder hin, dann sah sie Ivy an.
„Ich werde, wenn es zum Kampf kommt, Seite an Seite mit Ser Tron fliegen. Sollte ich dabei drauf gehen, war es zumindest für eine gute Sache.“
Ivy stutzte. Sie hatte einiges erwartet, aber nicht das. Manley hatte nicht vor, das Thema weiter zu diskutieren.
„Dann ist ja alles gesagt. Ihr Jäger wartet bereits auf sie. Viel Glück.“
Sie stand auf, sie begab sich zur Tür, öffnete diese. Teanna verließ im Gegensatz zu Ivy nur zögernd den Raum. Manley hatte anscheinend wirklich vor, ihren Hals zu riskieren. Und wenn sie das konnte...
 
part 40

*
„Du packst?“
Deacan sah von seiner Tätigkeit auf, Chyna setzte sich zu ihn aufs Bett.
„Allerdings. Ich will etwas testen, Chyna. Wir verlassen Janus IV, sobald Manley wieder auftaucht.“
Chyna sah etwas genauer in das Gesicht ihres Partners. Diesen Ausdruck hatte sie schon einmal gesehen, vor nicht allzu langer Zeit. Kurz nach Jakes Tod.
„Darf ich fragen, was du testen willst?“
Der Privateer griff nach seinen MACS, drückte es ihr in die Hand.
„Lies die letzte Mail, dann verstehst du es.“
Chyna aktivierte das Gerät, auf dem Display war noch die letzte Mail zu sehen, Deacan hatte sie nicht gelöscht. Sie begann, die Mail leise vorzulesen.
„CCN ruft Kriegsrecht aus. Aufgrund der Tatsache, das sich insgesamt vier weitere Söldnergilden den Vorschlägen Ser Ricards betreffs eines Waffenstillstandes mit den Kiowans angeschlossen haben, sieht sich die CCN dazu gezwungen, das Kriegsrecht für alle Schiffe und Einheiten ihrer Flotte im gesamten Tri-System auszurufen.
Alle Frachtschiffe der CCN fliegen ab sofort nur noch unter Begleitung von Piloten der CIS. Die CCN lehnt es kategorisch ab freie Söldner zu beschäftigen, da es ihr unmöglich sei festzustellen, ob die Piloten eventuell Mitglieder bei einer der betreffenden Gilden sind. In der Tat weigern sich alle betreffenden Gilden, Listen ihrer Piloten frei zu geben, da sie das Leben ihrer Mitglieder bedroht sehen.
Diese Ankündigung führte bereits zu heftigen Protesten seitens der freien Söldner, die dadurch einen wichtigen Arbeitgeber verloren haben. Solange Ser Ricards oder Senator Santana die Gesetzesänderung nicht zurück nehmen, wird die CCN an ihren Entschluss festhalten. Die Folgen, insbesondere für die Wirtschaft, sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar.“
Chyna schaltete das MACS ab, gab es dann Deacan zurück.
„Was jetzt?“
„Ricards hat jede Menge Verstärkung bekommen, weiß der Teufel, wie er das angestellt hat. Ich will nur mal eben probieren, wie loyal seine Leute wirklich sind. Manley wird mir dabei etwas unter die Arme greifen müssen, und es wird nicht ungefährlich.
Ich rechne mit einigen Verlusten. Ach ja, das ist nicht die einzige Mail von Interesse. Es gibt da noch eine zweite. Die CCN hat sie vor zwanzig Minuten an alle Sendestationen und offiziell registrierten MACS geschickt, nachdem Ricards sie im Nachrichtenkanal veröffentlicht hatte.
Hier kurz der Inhalt: Ricards hat verlauten lassen, dass er eine Extraprämie auf alle Piraten aussetzt, die nachweislich auf Kiowans feuern. Ist das nicht goldig? Die nächste Nachricht seinerseits gibt dann mit Sicherheit uns zum Abschuss frei. Wir müssen handeln, schnellstens.“
„Mein lieber Freund, mal ehrlich, wird das nicht langsam etwas zu groß für uns?“
Deacan verschloss seine Reisetasche, dann sah er auf Chyna.
„Angst?“
„Ein wenig. Aber nicht um mich, es geht mir viel mehr um dich. Ich habe das Gefühl, dass du etwas unüberlegtes tun wirst.“
Irgendwie hatte sie dabei sogar recht.
„Chyna, ich verspreche dir, dass ich am Leben bleibe, okay?“
Sie stand auf, ging zur Tür und drehte sich dort noch einmal zu ihm um.
„Das ist ein Versprechen, ja?“
Der Privateer nickte nur, Chyna gab sich damit zufrieden. Vorerst. Deacan wusste aber, dass sie ihn ab sofort ständig im Auge behalten würde. Er langte nach dem MACS, das auf dem Bett lag, steckte es wieder an seinen Mantelkragen. Dann griff er nach seiner Tasche, begab sich zu Chyna und Drake ins Wohnzimmer.
„Macht euch bitte startklar und packt zusammen, wir verschwinden von hier in Kürze.“
Knapp eine halbe Stunde später klopfte Sera Manley bei Deacan an die Tür. Chyna öffnete und bat sie herein. Manleys Blicke hefteten sich sofort an Sera Dawson.
Ja, Dawson war noch immer anwesend, sie hatte Deacan nicht gefragt, ob sie gehen durfte, aus diesem Grund hatte er sie dann auch nicht gehen lassen. In der Tat saß Dawson schon etliche Stunden still auf dem Sofa im Wohnzimmer, ständig schwirrten Chyna oder Venice Drake um sie herum. Hätte sie jemanden gefragt, ob sie gehen kann, hätte man es ihr erlaubt.
Warum auch nicht? Immerhin hatte sie ihren Part ja eigentlich schon erledigt. So aber wurde sie, ob sie es nun wollte oder nicht, zum Teil der Ereignisse rund um Deacans Team.
Manley blieb vor ihr stehen und sah neugierig auf sie herab.
„Neue Freundin?“
Deacan kam aus dem Nebenzimmer hinzu, als er Manleys Stimme erkannte.
„Hallo. Darf ich vorstellen, das ist Sera Lyana Dawson. Sera Dawson, diese nette Dame ist Sera Manley, unsere liebe Fee vom CIS.“
Dawson wurde unruhig. CIS? Deacan wollte sie also den Behörden übergeben. Mist! Dawson kannte wohl auch nur Gerüchte über die Gefängnishöhlen von Hades, es gab Unmengen von absonderlichen Geschichten über diesen Ort. Auf der anderen Seite, wenn sie der CIS helfen würde, sprang unter Umständen eine Begnadigung heraus.
Jeden Moment würde Deacan der CIS-Beamtin alles erzählen, dann würde die sie mitnehmen nach Hades. Daran gab es keinen Zweifel. Nein, daran konnte nun wirklich niemand mehr zweifeln! Sie hatte das Gefühl, dass ihr Herz ihre Brust verlassen wollte, so schnell schlug es.
Nur tat Deacan gar nichts dergleichen! Er hatte weder die Absicht noch die Lust, Manley mit der Geschichte um Dawson zu langweilen. Es gab viel wichtigeres zu besprechen. Dawson hielt nichts mehr auf ihrem Platz, sie sprang regelrecht hoch. Sie wollte alles erklären, nur kam kein Wort über ihre Lippen. Etwas unbeholfen stand jetzt sie vor der Couch.
Deacan lächelte Dawson finster an, dann wandte er sich wieder Manley zu.
„Nun, wie Sie sehen, ich bekomme regelmäßig etwas seltsamen Besuch. Aber mal ehrlich, da steht ein hübscher Hintern, oder Manley?“
Der Blick der Agentin glitt an Dawson herab.
„Tut mir leid, aber ich kann dazu keinen Kommentar abgeben. Auf Frauen stehe ich nun mal nicht.“
„Schade. Wie steht es mit Ihnen, Sera Drake?“
Drake kam aus ihrer Ecke hervor, ging auf Dawson zu und langte ihr kurz aber kräftig ans Gesäß.
„Ich gebe gerne einen Kommentar zum Thema ab. Und Sie haben recht, Ser Tron.“
Dawson wusste nicht, ob sie darüber lachen oder besser weinen sollte. Die ganze Szenerie wirkte so absurd und irgendwie unwirklich. Was sollte das Ganze? Deacan wollte die Situation nicht weiter ausbauen, er griff Dawson an die Schultern und verfrachtete sie wieder aufs Sofa.
Dann kniete er sich vor Dawson hin, suchte direkten Blickkontakt.
„Dawson, ich habe nicht vor, Sie Manley zu übergeben. Für mich ist die Sache von vorhin erledigt. Verstanden?“
Dawson nickte.
„Sie sagten vorhin, dass Sie ein Schiff haben?“
„Ja, sicher.“
„Was würden Sie dazu sagen, wenn ich Ihnen einen Auftrag geben würde. Es würde sogar etwas dabei für Sie raus springen. Interessiert?“
„Habe ich denn eine Wahl?“
Dawson schien der ganzen Sache immer noch nicht zu trauen.
„Wer redet denn hier von einer Wahl? Sera Dawson, Sie können gehen, wenn es Ihnen beliebt. Keiner wird Sie aufhalten, das garantiere ich Ihnen.
Dort drüben ist die Tür. Sie können aber auch hier bleiben. Niemand zwingt Sie zu irgendwas. War das jetzt deutlich?“
Sie nickte.
„Kann ich es mir überlegen?“
„Wie ich schon sagte, Sie können tun und lassen, was Sie wollen.“
Deacan erhob sich, er begab sich dann mit Manley ins Nebenzimmer. Dort nahmen beide auf dem Bett Platz.
„Schiessen Sie los, Manley.“
„Vielleicht sollten Sie besser anfangen, Ser Tron. Was hat diese Dame namens Dawson angestellt, mh?“
„Manley, das ist eine lange Geschichte, und im Augenblick fehlt mir ehrlich gesagt die Zeit, alles zu erzählen. Später werde ich Sie selbstverständlich mit Einzelheiten versorgen und langweilen. Einverstanden?“
Widerwillig stimmte Manley zu.
„Aber nur, wenn Sie die schmutzigen kleinen Details nicht vergessen.“
Da war es wieder, dieses breite Grinsen von Manley.
„Spaß beiseite. Haben Sie von Teanna und Ivy bekommen, was Sie wollten?“
Die Agentin griff in ihre Manteltasche, zum Vorschein kam die kleine Kapsel.
„Das hier ist es. Ein Teil der Papagos signalisierte uns gegenüber Gesprächsbereitschaft. Damit.“
Sie öffnete die Kapsel, ließ den Inhalt in ihre Hand fallen. Ein Datenchip kam zum Vorschein.
„Der Inhalt besteht aus diversem Kartenmaterial, sowie einem Brief des Informanten. Die Papagos haben Angst, Ser Tron. Das geht eindeutig aus diesem Material hervor.
Unglaublich, nicht wahr? Einigen Einheiten dieses Clans war es vor ein paar Wochen gelungen, einen Frachter, der den Kiowans gehörte, in der Nähe von Petra aufzubringen. Die Fracht war anfangs eine Enttäuschung für die Papagos, Metallproben, verpackt in etlichen Containern.
Auf den zweiten Blick erkannten sie dann die Eigenschaften des Materials und begannen, einige Schiffe für Tests damit zu verkleiden. Sie haben dann ja Bekanntschaft mit diesen Einheiten gemacht, im Orbit von Hades. Wir übrigens auch. Die euphorische Stimmung schlug aber schnell um, den die Kiowans vermissten sehr schnell ihre Ladung, und noch schneller kamen sie dann dahinter, wer ihnen das Zeug geklaut hatte.
Im Ergebnis schlugen die Eliteeinheiten der Kiowans zu, die Papagos erlitten eine Niederlage nach der anderen. Als die CIS auch noch zuschlug, war es mit der Ruhe endgültig vorbei. Die Papagos können sich keinen Zweifrontenkrieg leisten. Daher das Treffen mit dem Informanten.
Jemand hatte anscheinend etwas dagegen, dass die Papagos uns einen Waffenstillstand anbieten. Diese Herrschaften sind unter Umständen sogar bereit, uns zu helfen.“
„Lassen Sie mich raten. Gegen Straffreiheit, nicht wahr?“
„Nicht ganz. Sie wollen nur erreichen, dass wir sie vorerst nicht mehr verfolgen, bis die Sache mit den Kiowans abgeklärt ist.“
Manley beobachtete Deacan, der tief in Gedanken versunken zu sein schien.
„Und haben Sie Neuigkeiten für mich, Ser Tron?“
Der Söldner sah auf.
„Neuigkeiten gibt es jede Menge, ist aber alles im Moment nicht so wichtig, Manley. Viel wichtiger ist es, dass Sie Verbindung mit Hassan aufnehmen.“
„Wozu?“
„Sie sollen ihn bitten, die Kopfgelder für Kiowanpiraten zu erhöhen. Aber nur im Bereich vom Planeten Petra.“
Manley zögerte einen Augenblick.
„Was wollen Sie damit bezwecken? Sind Ihnen die Konsequenzen nicht klar?“
Deacan stand auf.
„Und ob. Ich weiß, was ich tue. Glauben Sie mir, es hat seinen Grund. Was denken Sie, könnten Sie das hinkriegen? Möglichst schnell?“
Manley holte ihr MACS hervor.
„Einfach wird das nicht, Ser Tron, das können Sie mir glauben. Wollen Sie wirklich, dass Petra zum Schlachtfeld wird?“
„Ich will Ricards aus der Reserve locken, Manley. Ich glaube nicht, dass er so einfach zu sehen wird, wie Dutzende von Privateers anfangen, die Kiowans abzuschlachten.“
Die Agentin sah von ihrem MACS auf.
„Ich denke, dass ich es verstehe. Ricards wird Piloten dorthin abkommandieren, nicht wahr?“
Ihr Gesprächspartner nickte zustimmend.
„Und die werden sich eine blutige Nase holen. Dafür werde ich schon sorgen, mit Hilfe einiger Söldner.“
Manley widmete sich wieder ihrem Gerät.
„Viel Glück dabei. Sie werden es brauchen.“
Deacan wollte sie nicht weiter stören, er verließ den Raum und begab sich zu Chyna, Venice und Sera Dawson, die noch immer im Wohnzimmer ihr Unwesen trieben. Überrascht blieb er jedoch in der Tür stehen. Chyna und Drake hatte sich zu Dawson auf das Sofa gesetzt und schienen sich mit ihr zu unterhalten.
Das Thema schien sehr amüsant zu sein, jedenfalls entdeckte Deacan ein Lächeln in den Gesichtern der drei. Eigentlich nichts ungewöhnliches, sah man mal von Drake ab, die normalerweise die Gesichtszüge eines Eismenschen hatte. Der Privateer sah eine Weile lang zu, dann beschloss er, den dreien seine Absichten zu unterbreiten.
„Darf ich euch kurz unterbrechen? Es ist wichtig.“
Sofort kehrte Ruhe ein. Wie schön.
„Wir fliegen nach Petra. Kiowans abschießen.“
Drake schnalzte mit der Zunge.
„Yeah, endlich kommt etwas Stimmung auf. Wann geht es los?“
„Manley muss noch einiges organisieren. Ich denke mal, in ein oder zwei Stunden.“
Dann sah er auf Dawson.
„Und was ist mit Ihnen?“
Dawson stand auf, sie trat etwas näher an Deacan heran.
„Ich weiß, ich schulde Ihnen etwas. Und ich pflege meine Schulden zu begleichen. Sehen Sie in mir einen Teil ihres Team, zumindest vorerst.“
 
Almost a week since the last part...

I'm checking this thread every day two times longing for the next part :(


I hope you can continue soon :)
 
part 41

*
Teanna und Ivy waren nicht sofort nach Janus IV zurück gekehrt, sie flogen einfach ein wenig durch die Gegend und suchten dabei die Sprungpunkte rund um den Planeten ab.
Ein wenig Nervenkitzel war genau das, was Teanna jetzt brauchte und suchte. Ihr war alles recht, egal ob Kiowan oder Papago, sie wollte nur irgendwas vor ihr Visier bekommen. Da sich aber nichts tat, aktivierte sie den Kanal für Notfälle. In der Regel dauerte es nicht allzu lange, bis sich ein Frachter oder ein Shuttle über diesen speziellen Kanal meldete und Hilfe anforderte. Meist war eine Belohnung drin, wenn jemand auf die Signale reagierte und den Betreffenden aus der Misere half.
In der Tat benutzten viele Privateers diesen Kanal, zum einen weil damit Geld zu machen war, zum anderen konnte man auch wichtige Freundschaften knüpfen. Teanna konnte sich allerdings nicht so recht daran erinnern, wann sie zum letzten Mal auf dieser Frequenz gewesen war. Meistens hatte sie das auch nicht nötig, Aufträge gab es ja zur Genüge.
Und diesmal schienen sich alle Leute im All regelrecht lieb zu haben. Der Kanal blieb nämlich stumm.
Frustriert drehte Teanna ihre Maschine wieder in Richtung Janus IV. Ivy schien die schlechte Laune ihrer Partnerin zu spüren.
„Heh, Kopf hoch. Glaub mir, unsere Entscheidung war goldrichtig.“
Teanna sah nach hinten.
„Ach ja? So ganz stimme ich dir da nicht zu, liebste Ivy. Außerdem, wie kommst du bitte auf die Idee, dass es unsere Entscheidung war? Soweit ich mich erinnern kann, warst du es, die Manleys Angebot ablehnte, nicht ich.“
Ivy zögerte etwas mit ihrer Antwort. Teannas Tonfall verriet sehr deutlich, dass sie sauer war.
Ivy verstand die Welt nicht mehr. Sie hatte Teanna doch nur einen Gefallen erweisen wollen. Und jetzt, so schien es, stand ernsthafter Krach ins Haus.
„Teanna, ich habe lediglich versucht, uns aus weiteren Schwierigkeiten heraus zu halten. Falls du es vergessen hast, in letzter Zeit fallen uns Leute vor die Füße und sind dann ziemlich tot.“
Teanna lächelte ein wenig.
„Eine kleine Frage. Gibt es da einen Unterschied? Ich meine, ist man anders tot wenn man ziemlich tot ist?
Oder kann dieser Begriff etwas gedehnt werden? Ziemlich ganz tot, oder ziemlich sehr tot? Also eine seltsame Wortschöpfung hast du da erschaffen. Passiert dir das öfter? Wenn ja, wie wäre es dann mit einen Job irgendwo als Buchautorin?“
„Das macht dir Spaß, mh? Über andere Leute zu lästern.“
„Nein, jetzt mal ehrlich, ich sehe schon dein erstes Buch vor mir. Ivy Susan Banks Erstlingswerk. Titel: Ziemlich tot. Untertitel: Von den verschiedenen Arten, tot zu sein.“
„Ja, lach du nur. Ich hoffe, du verschluckst dich und erstickst daran.“
Welch netter und frommer Wunsch. Teanna wusste aber, das ihre Freundin es nicht so ernst meinte wie es den Anschein hatte. Teanna bemerkte außerdem, das ihre Wut sich etwas gelegt hatte.
Ja, etwas Humor half sehr oft über den Ärger des Alltags hinweg. Und wo man gerade beim Thema Ärger war...
Das Radar meldete einen Kontakt. Er erschien als roter Punkt auf dem Display. Definitiv ein feindlicher Jäger. Teanna aktivierte den Scanner der Skecis. Erst mal sehen, was da auf einen zu flog.
„Oh verfluchte Scheiße!“
Teanna flüsterte diese Worte nur, aber Ivy verstand sie ganz genau.
„Was ist? Probleme?“
„Darauf kannst du Gift nehmen. Wir müssen hier weg, schnellstens.“
Der Grund für Teannas Reaktion flog in etwa vierhundert Kilometer Entfernung an der Skecis vorbei.
Ein Bladejäger.
Die schwerste und mit Abstand gefährlichste Maschine des Clans. Des großen, namenlosen Clans. Ein Gegner, mit den man sich besser nicht anlegen sollte.
Eine einzige Salve aus seinen Geschützen riss jeden Schutzschild weg, die zweite Salve verwandelte dann jeden Jäger zu Staub. Der Pilot der Blade hatte es anscheinend sehr eilig, er ignorierte die Skecis völlig und flog auf eine Jumpboje zu, dort verschwand er in den Hyperraum.
Teannas Puls, der eben noch irrsinnig in die Höhe geschnellt war, beruhigte sich wieder.
Seltsam. Ein Clanschiff, und dann kein Gefecht, kein Angriff? Irgend etwas stimmte doch hier nicht.
„Wo wollte denn der so schnell hin?“
„Keine Ahnung, Ivy. Hinterher?“
„Bist du irre?“
Teanna warf noch einmal einen Blick auf das Radar.
„Ich denke, du hast Recht, lassen wir den Typen besser in Ruhe. Wie sieht es aus, wollen wir zurück? Ich für meinen Teil würde noch ein wenig in der Gegend herumgondeln, und du?“
„Also gut, langweile mich. Du kannst mich ja wecken, wenn etwas interessantes passiert.“
 
part 42

*
„Erledigt. Vor zehn Minuten ist die Nachricht veröffentlicht worden. Für jeden Kiowan, der sich in der Nähe von Petra herum treibt, gibt es jetzt sagenhafte vierzig Credits mehr. Mehr war nicht drin. Gut so?“
Manley hielt Deacan ihr MACS unter die Nase.
„Erstklassig, Manley.“
„Dafür schulden Sie mir einiges. Haben sie überhaupt eine Vorstellung, wie schwer es war, Hassan von der Idee zu überzeugen?“
„Ruhig Blut, Manley. Hat doch geklappt, oder nicht?“
Deacan wandte sich der versammelten Mannschaft zu. Chyna hatte inzwischen zusammen mit Sera Drake einige der Söldner, die Deacans Angebot angenommen hatten, kontaktiert.
Der Grossteil von ihnen wartete bereits im Raumhafen auf Deacan und seine Begleitung.
„Es beginnt. Wenn noch jemand aussteigen möchte, sollte er das jetzt tun.“
Stille.
„Gut. Dann ist ja alles klar.“
Deacan schnappte sich seine Tasche, dann ging er zur Tür, hielt diese auf. Sein kleines Team folgte seiner lautlosen Aufforderung, eine Person nach der anderen marschierte am Privateer vorbei nach draußen ins Freie. Deacan bildete zusammen mit Chyna dann das Schlusslicht der Gesellschaft.
Ihr Ziel: zuerst der Raumhafen, dann Petra. Ein langer Weg stand ihnen bevor. Das und die Ungewissheit, was sie erwarten würde.
Deacan war ein wenig verdutzt, als er bemerkte, das Manley ihnen folgte. Flog sie etwa selber? Das wäre mit Sicherheit nicht mal schlecht, ein Pilot mehr auf ihrer Seite.
Manley ging einen Schritt schneller, sie holte nach wenigen Metern Deacan und Chyna ein.
„Überrascht, Ser Tron?“
Deacan widmete ihr einen kurzen Blick.
„Sagen wir, ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich persönlich an der Jagd beteiligen würden.“
„Den Spaß lasse ich mir doch nicht entgehen, leider habe ich mein Pilotenoutfit auf dem Träger gelassen. Vielleicht würden Sie mir etwas mehr zutrauen, wenn ich in dieser coolen Kluft auftauchen würde.“
„Ich vermute mal, dass Sie einen Militärjäger irgendwo im Hangar stehen haben. Oder?“
Manley schüttelte den Kopf.
„Eine Aurora. Ich stehe auf klassisches Design, wissen Sie.“
Deacan schmunzelte.
„Aha, das erklärt doch einiges.“
„Was denn?“
„Nichts, Manley. Ist völlig unwichtig.“
Deacan sah noch einmal mit breitem Grinsen auf Manley, dann lief er etwas schneller, um Drake und Sera Dawson einzuholen. Manley blieb an Chynas Seite.
„Was meinte er damit, das würde einiges erklären? Wirke ich irgendwie altmodisch?“
Jetzt war es Chyna, die sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte.
„Deacan hat es sicher nicht so gemeint. Seine Art von Humor kann man manchmal nur schwer nachvollziehen, das können sie mir glauben.“
„Na ja, solange er seine Freude dran hat, ist es wohl in Ordnung.“
„Gratulation, Manley. Sie scheinen ihn und seine Art verstanden zu haben. Ich habe dazu länger gebraucht.“

Zwanzig Minuten später hoben die ersten Maschinen von Boden des Hangars ab. Es war eine interessante Sammlung verschiedener Raumjäger, von der Straith bis zur Shaman war so gut wie alles vertreten. Nur Sekunden später schossen die Jäger ins Freie, erklommen das Blau des Himmels.
Deacan überprüfte seine Bordinstrumente, bevor er Funkkontakt zu seinen Kameraden aufnahm.
„Tron an alle Einheiten. Treffpunkt ist das CIS-Schlachtschiff Thunder, die Koordinaten sind in eure Bordcomputer übertragen worden. Drake, Manley und Dawson, folgen sie mir!“
Die Gruppe teilte sich, ein Teil flog die nächstgelegene Jumpboje an, der andere, mit Tron an der Spitze, schwenkte in einen stabilen Orbit um Janus IV ein. Deacan wollte den Frachter, den Manley für ihn besorgt hatte, endlich nutzen. Laut Manley müsste er sich bereits im System befinden.
Die Scanner von Deacans Duress entdeckten die Monolith schliesslich in geringer Entfernung. Der Frachter schien die Gruppe bereits selbst gescannt zu haben, jedenfalls nahm er Kontakt auf.
„Monolith DF-09 Tersa an anfliegende Jäger. Willkommen. Hauptrampe ist geöffnet, Einflug gestattet.“
Frachter Tersa also. Interessanter Name für ein Schiff, benannt nach Deacans Geburtsort. Ein netter Zufall.
Das Jägerquartett formierte sich zum Anflug auf den Frachter. Viel Platz zum manövrieren blieb nicht, wenn man erst einmal ins Innere des Monolith geflogen war.
Deacan wendete seine Duress, denn die Maschine besaß keinen „Rückwärtsgang“ im eigentlichen Sinne. Zentimeterarbeit.
Der Frachtraum war nur etwas breiter als sein Jäger, ein kleines Fehlmanöver und die Wartungscrews würden jede Menge Arbeit bekommen.
Schließlich setzte seine Maschine auf. Drake und Manley folgten seinem Beispiel ohne größere Probleme.
Bei Dawson sah die Sache aber etwas anderes aus. Ihr mangelte es offenbar an Erfahrung, bis zum jetzigen Zeitpunkt war sie wohl noch nie wo anderes als auf einem Raumhafen gelandet. Ihr Bordrechner konnte ihr auch nicht sehr viel helfen, er hatte keinerlei Referenzmaterial zur Verfügung.
Manley erkannte als erste, dass die Dame in Schwierigkeiten war. Sofort nahm sie Kontakt zu ihr auf.
„Dawson, stoppen Sie die Triebwerke!“
Dawson kam der Aufforderung Manleys sofort nach. Die Massenträgheit schob den Jäger langsam in Richtung des Frachter weiter.
„Und jetzt?“
Man konnte deutlich einen leichten Anflug von Panik in Dawsons Stimme hören. Manley übernahm das Kommando.
„Ruhig, Dawson. Drehen Sie Ihre Maschine. Keine Angst, sie wird weiterhin auf den Frachter zu fliegen. Das Beste ist, wenn Sie mit dem Heck voran in den Frachter fliegen.“
Dawson setzte Manleys Worte langsam in die Tat um, kleine Korrekturtriebwerke drehten den Jäger in die entsprechende Richtung.
„Dawson, ein wenig mehr nach links.“
Dawson sah nach hinten. Die offene Rampe des Frachter kam näher. Eine blöde Art, zu reisen. Wieso waren sie eigentlich überhaupt in ihre Jäger gestiegen, wenn man die Strecke an Bord eines Frachters zurücklegen wollte? Dawsons Jäger befand sich jetzt innerhalb des Frachters, der kritische Augenblick kam.
„Dawson, geben Sie etwas Schub, um ihre Rückwärtsbewegung zu bremsen. Fahrwerk raus, und zünden Sie die Korrekturtriebwerke, um ein wenig an Höhe zu verlieren.“
Die Triebwerke der Maschine glühten kurz auf, und Dawson setzte auf. Unsanft, der Jäger sprang einmal kurz hoch, ehe er in seine Endposition kam.
Die Rampe des Frachters schloss sich, der Raum wurde wieder unter Druck gesetzt. Fast simultan schwangen die Cockpits auf, Wartungsleute liefen auf die Jäger zu, befestigen Leitern an den Bordwänden.
Drake fand zuerst den Weg aus ihrer Maschine, sie ging auf Dawsons Jäger zu, kletterte die Leiter hoch.
„Gute Arbeit, Sera Dawson. Ein wenig Übung, und Sie können auf einer Münze landen.“
Dawson atmete tief durch, wischte sich dann mit dem Handrücken über die Stirn und nahm das Headset ab.
„Nennen Sie mich Lyana, okay?“
Sie streckte Venice die Hand hin. Die erwiderte lächelnd die Geste.
„Venice. Willkommen im Team.“
 
part 43

*
Das Verfrachten der Jäger in den Monolith blieb nicht unbeobachtet.
In Sichtweite flog eine kleine Maschine an der seltsamen Szenerie vorbei. Die Besatzung der Maschine hatte alles genau beobachtet, jetzt suchte man dort nach einer vernünftigen Erklärung.
Das Raumjäger mit Frachtschiffen transportiert wurden, war an sich nichts ungewöhnliches. Nur fand der Transfer niemals im All statt. Vielmehr landete das Frachtschiff, die Jäger wurden in größere Einzelteile zerlegt, in Container verpackt und dann verladen. Das was sie hier gesehen hatten, ließ einen ganz anderen Schluss zu.
Es sah eher danach aus, als ob jemand einen Frachter in ein Trägerschiff verwandelt hätte. Möglicherweise wollte man auf diese Weise etwas schmuggeln, oder man brauchte Begleitschutz, der nicht sofort sichtbar war. Eine Piratenaktion vielleicht?
„Deine Meinung, Ivy?“
„Einen Augenblick. Kriegst du die ID des Frachters rein?“
Teanna nickte.
„Kein Problem, die habe ich. Die von den Jägern leider nicht, die Entfernung war zu groß.“
Teanna konnte hinter sich Ivy hören, die sich leicht am Kinn kratzte.
„Das sieht nach Privateers aus, zumindest den Jägern nach. Ist vielleicht eine Aktion von irgendeiner Gilde.“
„Wäre möglich. Vorschläge?“
Moment. Da war etwas in Teannas Stimme, das Ivy nur zu gut kannte.
„Ich weiß, was du vor hast, Teanna. Kann ich dich davon abhalten?“
Die Antwort kam sofort.
„Nein.“
„Also los, bringe uns in Schwierigkeiten.“
Teanna drehte sich um.
„Wer redet denn von Schwierigkeiten? Mit etwas Glück kommt ein wenig Abwechslung ins Spiel.“
Teanna ging auf Abstand zum Frachter, wollte keine allzu große Aufmerksamkeit seitens der Besatzung des Schiffes erregen. Dann programmierte sie einen Verfolgungskurs. Sie wollte dabei die Schiffssensoren nutzen, um die Hyperraumsprünge des Frachter nachvollziehen zu können.
Als der Frachter langsam Kurs auf die Jumpboje nahm, aktivierte Teanna die Sensoren der Skecis. Ihr Vorhaben schien aufzugehen, der Bordcomputer lieferte ihr den vom Monolith angepeilten Sprungpunkt.
Teanna gab den Frachter etwa zwei Minuten Vorsprung, ehe sie selbst den Normalraum verließ und in den Hyperraum sprang.

*
Wer schon über die Quartiere einer Reisefähre schimpfte, der war noch nie Gast an Bord eines Frachters gewesen.
Das Quartier, das Deacan und Chyna zugeteilt bekamen, entzog sich jeder Beschreibung. Am ehesten konnte man es mit einen kleinen Stauraum vergleichen, drei mal drei Meter groß, und das war noch großzügig geschätzt.
Betten?
Keine Chance. In den Wänden hatte man kleine Nischen eingelassen, die als Bettersatz dienten. Wer größer als einen Meter und achtzig war, musste die Beine anziehen. Kein Wunder also, dass so gut wie alle Frachterbesatzungen einer Kompanie kleinwüchsiger Gnome entsprachen. Bildlich gesprochen.
Sogar Deacan konnte auf den Captain der Tersa herab sehen, obwohl er selbst nicht über einsfünfundsiebzig hinaus gewachsen war. Deacan war das aber so gesehen ziemlich egal.
Er brauchte den Frachter, um wertvollen Treibstoff zu sparen. Auch sein Team sollte davon profitieren, deshalb versammelte er alle Piloten einige Sprungpunkte vor dem Zielplaneten Petra. Wie er sollten auch sie den Frachter anfliegen und auftanken.
Danach wollte er ins System springen, dort ein wenig Krach machen und dann still und leise wieder verschwinden. Soweit sein Plan.
Deacan rechnete fest damit, das Ricards den Kiowans Hilfe schicken würde und er wollte diese Hilfe ganz einfach abfangen. Bis dahin war aber noch etwas Zeit.
Dem Privateer war es egal, wo er schlafen konnte, zur Not hatte er auch schon im Jäger übernachtet, Rückenschmerzen inklusive. Als Chyna allerdings das Quartier an Bord der Tersa sah, machte sie aus ihrer Abneigung kein Geheimnis. Immerhin wartete sie, bis der Captain des Frachters den Raum verlassen hatte, ehe sie anfing, Krach zu schlagen.
Deacan hörte dem Gezeter einige Minuten lang zu, als Chyna dann eine Pause einlegte, um Luft zu holen, ergriff er das Wort.
„Oben oder unten?“
„Was?“
„Ich meine das Bett.“
Er zog einen der beiden Vorhänge der Bettnischen zurück.
„Darin soll man schlafen können?“
„Allerdings, darin kann man schlafen. Sei froh, dass du nicht im Hangar liegen musst. Wie das einige der Techniker tun.“
„Schatz, warum bleiben wir nicht einfach wach? Ich meine, wir könnten uns doch unterhalten oder uns anders die Zeit vertreiben?“
In Chynas Augen funkelte es.
„Chyna, der gesamte Flug wird etwa acht Stunden dauern. Und ich will auf keinen Fall übermüdet ins Cockpit klettern, okay? Aber die Idee mit der Unterhaltung ist so gesehen ganz nett. Vielleicht kommen ja unsere drei Damen vom Nachbarquartier hinzu.“
Wenn man vom Teufel spricht... Manley und Lyana Dawson betraten Deacans Kabine.
„Klasse Stehplatz haben Sie hier, Ser Tron. Unser Zimmerchen drüben ist ein wenig größer.“
Dawson pflichtete Manleys Worten bei.
„Ja, wir können unser Essen sogar mit aufs Zimmer nehmen, ohne dann wie ihr draußen stehen bleiben zu müssen, weil im Raum kein Platz mehr ist.“
Deacan verzog keine Miene.
„Sehr witzig. Niemand hat von einer Nobelunterkunft gesprochen.“
Er legte seinen Mantel ab, während Chyna sichtlich am überlegen war, wie man nun genau in die kleinen Bettkästen in der Wand hinein kam, sie steckte ihren Kopf in die untere der beiden Nischen, leises Fluchen war zu hören.
„Manley, gibt es irgendeine Nachricht von Petra?“
Die Agentin schüttelte den Kopf.
„Absolute Funkstille, Ser Tron. Auf allen Frequenzen. Normalerweise müsste dort jetzt die Hölle los sein, die Extraprämie dürfte jede Menge Privateers anlocken, die mal eben das schnelle Geld machen wollen. Aber wie gesagt, es gibt keinerlei Berichte.“
„Sagen Sie, der Nachrichtendienst obliegt doch dem zuständigen CIS-Büro, oder?“
„Na, sicher. Warum fragen Sie?“
Deacan winkte ab.
„War nur so eine Frage, Manley. Ist auch nicht weiter wichtig. Also, wie sieht es aus, gehen wir was essen?“
Beim Wort Essen vergaß Manley sofort alles andere.
„Dann los!“
Die Agentin wartete nicht einmal auf ihre Kollegen, sie stiefelte einfach drauf los. In Richtung Küche.
 
part 44

*
Der Monolithfrachter fiel wieder aus den Hyperraum, vor ihm lag nur das Dunkel des All.
Und ein gigantisches Stück Stahl, umgeben von einigen Raumjägern. Das Schlachtschiff Thunder.
Man hatte den vorläufigen Endpunkt der Reise erreicht. Mit der Ruhe war es vorläufig vorbei, Hektik bestimmte jetzt alle Abläufe. Während Deacan den Grossteil der Fahrt seelenruhig im Tiefschlaf verbracht hatte, war Chyna so gut wie gar nicht zur Ruhe gekommen.
Das „Bett“ war viel zu eng, Chyna wäre einmal fast rausgefallen. Ach ja, ihren Dickschädel hatte sie sich auch gestoßen, zweimal, um korrekt zu sein. Deacan hatte ihr lautes Fluchen nur zur Hälfte wahrgenommen...
Im Augenblick hatte der Privateer seine Teamgefährten und die Besatzung des Frachters in den Hangar gerufen. Strategie planen. Wenn man ein derartiges Unternehmen überhaupt planen konnte.
Es gab unzählige völlig unbekannte Größen, die ihnen einen dicken Strich durch die Rechnung machen konnten. Trotzdem versuchte er wenigstens, etwas Optimismus zu verbreiten.
„Die Hauptgefahr dürfte von den Kiowans ausgehen. Wir wissen, dass sie Transportschiffe aus dem Petrasystem heraus bringen. Nachdem die Papagos ihnen einige der Frachter geklaut haben, müssen wir davon aus gehen, dass sie einen starken Geleitschutz aufgebaut haben.
Ich spreche hier von Krell oder Vector Jägern. Die allgemeinen Spezifikationen dürften allen bekannt sein. Bitte vergessen Sie nicht, dass Radarsysteme keinen Nutzen bei der Ortung dieser Jäger haben. Die optischen Sensoren liefern klare Ergebnisse, im Klartext sind das die Geschützkameras und unsere Augen.“
Deacan hielt kurz inne. Diese Rede musste er in Kürze wiederholen. Die Besatzungen der Jäger draußen konnten dieses kleine Gespräch nicht mit verfolgen, im Hangar schallte es derartig laut, dass es zu Interferenzen beim Versuch einer Funkübertragung kommen würde.
Die Konsequenz daraus wäre, das alle Piloten sich die Headsets vom Kopf reißen würden, vielleicht würden einige sogar für einige Minuten Hörprobleme aufweisen. Ein Risiko, das Deacan nicht eingehen wollte.
„Wenn es hart auf hart kommt, schwirren da draußen auch einige von Ricards Leuten herum. Dann wird es richtig lustig. Seine Bastarde fliegen bestes Material. Von der Faldari über die Danrik bis zur Freij ist alles vertreten. Es gilt die Regel: erst schießen, wenn sie das Feuer eröffnen.
Ich weiß, dass ist riskant, aber leider nicht zu ändern. Wenn wir den ersten Schuss auf Ricards Leute abgeben, hat er das Recht auf seiner Seite. Wir sind dann nämlich die Angreifer und kriegen die Arschkarte zugesteckt. Der Frachter und die Thunder bleiben dicht an der Jumpboje. Ihr sollt nur darauf achten, dass niemand heimlich verschwindet. Gehen wir es an!“
Die Menge strebte wieder auseinander. Deacan hatte sich so kurz wie möglich gefasst. Lange Reden waren sowieso nicht sein Ding.
Blieb nur noch das obligatorische „auf die Schultern klopfen“ mit seinem Team. Innerlich hoffte er, keinen der Anwesenden zu verlieren.
„Wer nicht zurück kommt, kriegt von mir den Hintern versohlt. Ist das klar?“
Leises Lachen. Chyna trat näher an Deacan heran.
„Wird schon schief gehen. Und zu deiner Beruhigung, ich werde dir noch sehr, sehr lange auf die Ketten gehen. Mich wirst du nicht los, Deacan.“
Sie drehte sich um, marschierte in Richtung Deacans Jäger davon. Der Privateer hätte sie am liebsten hier gelassen, wo sie halbwegs in Sicherheit war. Ein Bordmechaniker signalisierte ihm, dass sein Jäger startklar war.
Deacan drehte sich noch einmal um und sah seinen Freunden dabei zu, wie sie in ihre Maschinen kletterten. Dann ging er selbst auf seine Duress zu, stieg die Leiter empor und setzte sich auf seinen Platz im Cockpit. Er legte die Gurte an, setzte das Headset auf und überprüfte kurz die wichtigsten Instrumente. Danach schloss er das Cockpit.
Das Bodenpersonal verließ den Hangar, er startete die Triebwerke. Die Hangartore wurden geöffnet, die Luft strömte in einem gewaltigen Schwall nach draußen, ins All.
Das Verlassen des Frachters war um ein vielfaches einfacher als es die Landeprozedur gewesen war. In kurzen Abständen hoben die Jäger vom Boden des Hangars ab. Draußen warteten wiederum andere Jäger darauf in den Frachter fliegen zu können, um dort aufzutanken. Sechs andere Privateers samt Maschinen waren mitgekommen, mehr hatte Deacan nicht auftreiben können.
Das Auftanken brauchte seine Zeit, etwa zehn Minuten für vier Jäger. Zeit, um noch ein wenig zu entspannen.
 
part 45

*
„Ich denke, ich weiß jetzt, wohin der Frachter unterwegs ist.“
Teanna überprüfte die Sensordaten noch einmal, bevor sie das Ergebnis verkündete.
„Petra. Die sind unterwegs nach Petra.“
„Das war es dann. Ich denke doch einmal, das du nicht die Lust verspürst, deinen Vater über den Weg zu laufen, oder?“
Teanna zögerte einen kurzen Augenblick.
„Was denkst du, wie groß ist die Chance, dass mein Dad nicht wie gewohnt in seinem muffigen Büro auf diesem kahlen Stück Fels namens Petra sitzt?“
„Dazu kann ich nichts sagen. Hast du aber nicht vorhin gesagt, dass dein Vater hin und wieder auf Schiffen der CIS unterwegs ist?“
„Guter Einwand, Ivy. Tja, wenn diese Sensorenwerte stimmen, dann scheint unser Frachter auf irgendetwas zu warten. Vielleicht lädt man dort zur Zeit die Jäger wieder aus, die man vorhin rein verfrachtet hat? Wir sind noch etwa drei Minuten entfernt.“
„Dann schlage ich vor, kehrt zu machen. Ich habe keine Lust, in deren Party zu platzen.“
Teanna fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
„Da sind aber noch andere Schiffe vor Ort. Eines ist der Signatur nach ein Schiff der CIS, ein ziemlich großes noch dazu.“
„Bist du sicher?“
„Allerdings.“
Was nun? Umkehren und die Angelegenheit auf sich beruhen lassen? Oder ins System springen? Nun, für beide Möglichkeiten gab es Argumente, die dafür als auch dagegen sprachen.
Früher hätte man einfach eine Münze geworfen, auf Kopf oder Zahl gesetzt. Bargeld gab es aber nicht mehr, und sein MACS in die Luft zu werfen, war milde ausgedrückt eine wirklich blöde Idee. Worauf sollte man denn dabei setzen? Ob es kaputt geht oder nicht?
Teanna sah nach hinten.
„Noch eine Minute bis zum Endpunkt. Umkehren oder nicht?“
Ivy war ehrlich gesagt erstaunt. Teanna fragte sie nach ihrer Meinung?
„Na los, springen wir ins System. Das ist es doch, was du vorhast.“
„Liebste Ivy. Ist das jetzt eine Trotzreaktion, weil ich immer das letzte Wort habe?“
Ivy grinste.
„Erstaunt? Weißt du, ich glaube kaum, das du meine Meinung hierbei überhaupt in Betracht ziehst. Also bin ich jetzt mal voll deiner Meinung. Los, bringe uns in Schwierigkeiten! Auf dass unser Leben seine Würze erhält.“
Teanna wandte ihren Blick wieder nach vorn. In einigen Augenblicken würde es entweder mächtigen Ärger geben oder man würde sie einfach ignorieren. Hier war alles möglich.

*
Als die letzte Maschine fertig mit dem auftanken war und den Frachter wieder verließ, stieg in Deacan eine leichte Nervosität auf.
Sein Team stand bereit, insgesamt zehn kleine Jagdmaschinen, ein Frachter mit drei Geschütztürmen und die „Thunder“, ein Schlachtschiff, bestückt mit etlichen schweren Geschützen und Abschussvorrichtungen für Raketen.
Sicher, die Schlagkraft war recht begrenzt. Ein Jäger war erst gar nicht gestartet, es gab Probleme mit den Schildgeneratoren, die immer wieder stark an Leistung verloren. Für eine Reparatur blieb keine Zeit, da das gesamte System ausgetauscht werden musste. Der Pilot wollte aber den Spaß nicht verpassen, also nahm er kurzerhand auf dem Rücksitz eines Kollegen Platz.
Deacan war überrascht, als die Jäger seines Teams sich in Formation begaben. Wie beim Militär. Und das, obwohl es keinerlei derartige Anweisung gegeben hatte. Und noch ehe er irgendeinen Befehl geben konnte, meldete sich Manley über Funk.
„Geschwader bereit zum Einsatz. Erwarten ihre Befehle, Ser Tron.“
Deacan sah nach links, dort befand sich Manleys Aurora in vier Metern Abstand. Manley hielt ihren Daumen hoch. Eine Geste, die ein wenig aufmunternd wirkte.
„Tron an alle Einheiten. Ziel ist Petra, es sind also noch zwei Sprungpunkte, die wir zurück legen müssen. Zeit bis zum Ziel: etwa fünfzehn Minuten. Alle Waffen in Bereitschaft. Viel Glück euch allen!“
Der Bordcomputer in Deacans Duress meldete Sprungbereitschaft.
„Und los geht’s.“
Die kleinen Maschinen beschleunigten innerhalb weniger Sekunden auf die Geschwindigkeit zum Sprung in den Hyperraum. Vor der Jumpboje verschwanden sie aus der Sichtweite des Frachter und des Schlachtschiffes, die etwas länger zum Sprung benötigten.
Zehn Jäger verschwanden, ein Jäger tauchte auf. Es war die Dark Spirit, Teannas und Ivys Maschine. Die zwei konnten gerade noch den Monolith sehen, ehe er im Hyperraum verschwand. Teanna ließ die Sensoren der Skecis die Umgebung absuchen.
„Ich registriere außer dem Frachter und dem Großkampfschiff der CIS noch Restsignaturen von einigen Jägern.“
„Alle mit gleichem Ziel unterwegs?“
„Anscheinend ja. Die fliegen tatsächlich Petra an, das ist das einzige mögliche Ziel auf dieser Route.“
Teanna suchte die nächstgelegene Jumpboje.
„Geben wir ihnen ein paar Minuten Vorsprung, okay? Sollten die Typen Probleme bekommen oder gar selbst verursachen, will ich nicht unbedingt ins stärkste Schlachtgetümmel rein geraten. Die Fronten sollten schon ein wenig geklärt sein, findest du nicht?“
„Nichtsdestotrotz solltest du unsere Waffen online bringen.“
„Einverstanden. Wir geben ihnen fünf Minuten, dann folgen wir.“
 
part 46

*
Nur fünfzehn Minuten.
Das eine so kurze Zeitspanne derart quälend lang sein konnte! Während die Jäger den Hyperraum durchflogen, ließ Deacan etliche Kontrollprogramme laufen. Das hier war etwas anderes als die gelegentlichen Geplänkel mit ein paar Piraten.
Die Duress musste perfekt funktionieren, schon ein kleiner Fehler konnte fatale Folgen nach sich ziehen.
Deacan hatte seinen Crash auf Hades nicht vergessen, diesmal waren es aber keine Papagos, sondern Kiowans die hinter ihn her sein würden. Und auf eine Wiederholung der damaligen Ereignisse konnte und wollte er liebend gern verzichten. Diesmal war er vorbereitet. Hoffte er zumindest.
„Wie lange noch?“
Chyna versuchte, Deacan in ein Gespräch zu verwickeln, vermutlich um ihn ein wenig abzulenken und aufzumuntern.
„Zwei Minuten.“
Chyna beugte sich etwas nach vorn, sie griff ihrem Partner an die Schultern.
„Hör mal, wenn das hier vorbei ist, wie wäre es dann mit einem gemeinsamen Bad, ein paar Gläsern Wein und einen Bett?“
Über Deacans Gesicht legte sich ein Lächeln.
„Wenn ich mich recht erinnere, schulde ich dir noch jede Menge Schlaf, oder? Ich glaube, das mir mal jemand gesagt hat, das es auf Serca unglaublich gute und besonders große Betten geben soll.
Der Planet liegt nur vier Sprungpunkte von Petra entfernt, wir könnten also einen kleinen Abstecher dorthin unternehmen.“
„Gut, ich bezahle das Zimmer und du den Etagenkellner dafür, das uns keiner stört. Wenigstens für ein paar Stunden.“
Sie gab Deacan einen flüchtigen Kuss auf die Wange, lehnte sich dann auf ihrem Sitz zurück.
Nur noch vierzig Sekunden. Deacan öffnete einen Kanal zu seinen Team.
„Fertig machen zur Endtransitphase. Verlassen den Hyperraum. Schießt auf alles, was wie ein Kiowan aussieht.“
Das Dunkel des Hyperraum begann zu verschwinden, erste Sterne wurden sichtbar.
Der Sprung aus dem Hyperraum war und blieb immer eine kritische Phase, man konnte in dieser Zeit nicht auf feindlichen Beschuss reagieren, da ein Sicherheitsprogramm verhinderte, dass man Richtungskorrekturen vornehmen konnte. Jede Veränderung der Flugbahn innerhalb der Endtransitphase würde einen Jäger buchstäblich in Stücke reißen, ein Problem, das in der Anfangszeit des interstellaren Fluges immer wieder zu Katastrophen geführt hatte.
Deacans Team fiel wieder auf Normalgeschwindigkeit zurück. Von Kiowans gab es zunächst keine Spur. Dafür allerdings von anderen Jägern.
Oder besser: was von ihnen übrig war. Der Raum rund um Petra glich einen Friedhof. Trümmer, soweit das Auge reichte. Deacan versuchte erst gar nicht, zu schätzen, wie viele Jäger es hier zerlegt hatte.
„Was zur Hölle ist hier passiert?“
Drake, die sonst so schweigsam war, stellte die Frage in den Raum. Manley ergriff als erste das Wort.
„Sieht so aus, als hätte es auch etliche Schiffe der CIS erwischt. Vermutlich aus der Verteidigungsflotte von Petra.“
„Kein Wunder, dass wir keinen Kontakt herstellen konnten, ihre Jungs waren wohl schwer beschäftigt.“
Deacan suchte mit den Augen die Umgebung ab. Sein Radar blieb nämlich tot, keinerlei aktive Kontakte – mit Ausnahme der eigenen Jäger. Dann fand er schließlich, was er suchte.
„Ärger auf elf Uhr. Ich erkenne Waffenfeuer.“
„Das muss außerhalb unseres Radars sein.“
Deacan lenkte seinen Jäger sofort in die neue Richtung, die anderen folgten seinem Beispiel. Je näher sie dem Gefecht kamen, desto intensiver wurde das Licht der Laserwaffen.
Wer auch immer hier feuerte, er schien beste Waffen zur Verfügung zu haben. Langsam begann man Einzelheiten zu erkennen. Das da waren keine Privateers, wie er gehofft hatte.
Vielmehr schlachteten sich hier die Kiowans auf der einen und die Papagos auf der anderen Seite ab. Inmitten des Gefechts flog auch ein einzelner Bladejäger, sein Ziel: Kiowankreuzer. Gleich zwei der Giganten säumten das Schlachtfeld.
Offenbar versuchte der Kiowan-Clan mit aller Macht das Petra-System unter seine Kontrolle zu bringen. Von irgendwelchen Söldnern oder dergleichen gab es keine Spur.
Deacans Radar zeigte jetzt einige Kontakte an, nur eben leider die falschen. Von den Kiowanjägern erhielt er keinerlei Signaturen. Pech. Dieser Umstand war aber zu erwarten gewesen, Deacan und sein Team mussten eben sozusagen „grob über den Daumen gepeilt“ die Gegner ins Visier nehmen.
Die Kiowans schienen die Söldner zu ignorieren, immerhin konnten sie auf ihre Unsichtbarkeit auf den Radarschirmen bauen. Deacan schätzte ihre Zahl auf maximal vierzig Maschinen. Er hatte genug gesehen, öffnete einen Kanal an sein Team.
„Tron an alle Einheiten. Die Zeit der Worte ist vorbei, lassen wir jetzt Taten folgen. Feuer auf alle Kiowans frei!“
So wie ein Messer tief ins Fleisch schneidet, so schnitten sich jetzt unzählige Laser durch das Dunkel des Alls und suchten ihr Ziel.
Das Feuer von Deacans Team kam schlagartig und war derart intensiv, das etliche Kiowanjäger, hauptsächlich von Typ Krell, völlig überrascht und regelrecht zerfetzt wurden. Unzählige gleißend helle Explosionen erschienen für wenige Sekunden in den Reihen der Kiowans, sie zeugten vom Ende der getroffenen Schiffe.
Der Feind war verwirrt, eine derartige Attacke hatte man nicht erwartet. Es dauerte einige Sekunden, ehe wirklich effektives Abwehrfeuer zustande kam.
Das Söldnerteam begann sich zu teilen, die einzelnen Piloten suchten sich ihre Ziele. Drake blieb dabei an Deacans Seite, Manley jagte zusammen mit Dawson hinter einer Vector her.
Die Vector war um einiges schneller als Manleys Aurora oder Dawsons Velacia, der Pilot schaltete einfach kurz den Nachbrenner ein, gewann etwas Abstand und wiegte sich bereits in Sicherheit.
Ein dummer Fehler. Manley und Drake feuerten einfach je eine bildgesteuerte Python-Rakete ab. Diesen schnellen Todesboten konnte man selbst mit Nachbrennern nicht entkommen. Im Abstand von nicht einmal zwei Sekunden schlugen die Raketen ins Heck der Vector ein und zerlegten es in seine Bestandteile.
Der Jäger verlor Antrieb und Steuerung. Mit einigen gezielten Salven aus ihren Bordgeschützen machte Dawson der Sache ein Ende. Dann drehte sie ihren Jäger und schoss auf ihr nächstes Ziel zu.
Mit seinen leistungsfähigen Kravenlasern hatte Deacan unterdessen keine große Mühe, die nur leicht gepanzerten Kiowanjäger aus den Weg zu räumen.
Sicher, die meisten Jäger waren eigentlich schneller als Deacans Duress, den Piloten wurde aber zu spät klar, dass sie nur mit normalen Flugmanövern nicht aus Deacans Reichweite entfliehen konnten.
Raketenalarm.
Irgendeinem Kiowan war es gelungen, die Duress als Ziel anzupeilen. Als Folge daraus jagte jetzt eine Brute-Rakete hinter Deacan her. Das RTS reagierte, trotzdem ging Deacan sofort auf maximalen Schub und änderte seine Flugrichtung auf recht drastische Art.
Er tat dies innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde, sodass Drake keine Chance hatte, sein Manöver zu wiederholen und so ihre Position an seiner Flanke zu behalten. Vielmehr zog sie eine enge Schleife, um wenigstens wieder in die Nähe von Deacans Maschine zu gelangen.
Der Raketenalarm in der Duress verstummte, die Besatzung konnte sehen, wie die Brute-Rakete in einer Krell einschlug. Sofort war einer seiner Kollegen vor Ort, um den angeschlagenen Gegner den Rest zu verpassen.
In den Reihen der Kiowans begann Panik auszubrechen. Ihre normale Taktik basierte auf dem Überraschungselement, der Gegner sah sie erst, wenn es für ihn schon zu spät war, zumal die Gefahr nicht auf seinen Radar angezeigt wurde.
Diese Privateers jedoch schienen zu wissen, wie sie die Kiowans trotzdem vors Visier bekommen konnten.
Wie war das möglich?
Und warum griffen sie keinen der anwesenden Papagos an?
Deacan lenkte seinen Jäger aus dem Gefecht heraus, er nahm Kurs auf einen der beiden Kiowankreuzer. Die Geschütztürme des Kreuzer waren noch immer mit der Blade beschäftigt.
Der Privateer aktivierte die optische Zielerfassung.
Er hatte ja noch den Torpedo unter seinem Jäger zu hängen, den Staring, jener Techniker der CIS auf Hades, ihm damals mit auf den Weg gegeben hatten. Die Sensoren der Duress scannten innerhalb von Sekunden die Formgebung und somit das Aussehen des Kreuzers ab, und pflanzten diese Informationen in den Gefechtskopf des Torpedos ein.
Ein leiser Piepton im Cockpit verriet Deacan, dass der Torpedo sein Ziel erfasst hatte. Ein leichter Fingerdruck auf den Feuerknopf und das Sprengstoffpaket ging auf Reise.
Die Schilde des Kreuzer waren bereits geschwächt, der Torpedo konnte seine zerstörerische Wirkung voll und ganz der Panzerung widmen, was er dann auch tat.
Eine enorme Druckwelle ging von der Explosion der Waffe aus, der Rumpf des Kreuzers wurde auf einer Länge von über vierzig Meter aufgerissen. Der Bladepilot nutzte die Gelegenheit, er feuerte in die offene Wunde des Schiffes einige Raketen ab. Weitere Explosionen waren die Folge, das Schiff verlor die Kontrolle über die Steuerung und begann, sich auf die Seite zu legen.
Sowohl Deacan als auch Drake, die ihre Position neben Deacans Duress wieder eingenommen hatte und der Bladepilot setzten dem Kreuzer weiter schwer zu.
Als zwei Minuten später der Kreuzer in einer gewaltigen Explosion verschwand, war das Chaos perfekt.
Die ersten Kiowans begannen ihr Heil in der Flucht zu suchen. Dummerweise war der Weg bis zur nächsten Jumpboje alles andere als kurz.
Die Privateers schickten den fliehenden Kiowaneinheiten etliche Raketen hinterher. Unzählige Jäger gingen in diesem Raketenhagel unter.
Die wenigen, die entkommen konnten, machten vor der Jumpboje kehrt.
Der Anblick des Schlachtschiffes Thunder, das soeben ins System gesprungen war und dessen einsatzbereite Waffen dürften dafür den Ausschlag gegeben haben. Es gab allerdings noch eine zweite Jumpboje im System, die nach Serca führte.
Deacan hatte diese aber inzwischen mit einigen anderen Jägern seines Teams erreicht und wartete dort auf die fliehenden Kiowans. Die Falle schnappte zu. Beide Fluchtpunkte waren versperrt. Die verbliebenen Kiowanjäger zogen sich in Richtung des Planeten zurück.
Einige Privateers aus Deacans Team folgten ihnen und versuchten, sie noch vor dem Eintritt in die Atmosphäre des Planeten zu erwischen, was ihnen im Endeffekt auch problemlos gelang.
„Das war es dann wohl, Ser Tron. Die Schlacht ist vom Prinzip her gewonnen, keine eigenen Verluste. Zwei unserer Jäger haben zwar leichte Beschädigungen, die dürften aber innerhalb kürzester Zeit wieder repariert sein.“
Manley begab sich wieder in die Formation zurück, wie drei andere Jäger auch, unter ihnen Drakes Shaman.
„Die Arbeit hat erst begonnen, Manley. Da ist immer noch der andere Kreuzer, schon vergessen?“
„Tja, hat noch jemand einen Torpedo an Bord? Nein? Dann sind wir wirklich noch nicht fertig, Ser Tron.“
Von den Papagos hatten nur einige Maschinen die kurze Schlacht überstanden, sie waren in schlechtem Zustand, teilweise hatten sie bereits Teile der Panzerung verloren. Jetzt warteten sie darauf, was Deacan und sein Team als nächstes tun würden.
Die Kiowans waren im Prinzip weg vom Fenster, sie selbst waren aber auch nichts weiter als Piraten. Daraus folgte der logische Schluss, dass sie die nächsten waren, die man zum Abschuss frei geben würde. Zumindest glaubten die Papagos das.
Doch nichts dergleichen geschah, vielmehr meldete sich Deacan über Funk bei den Papagos.
„Meine Herrschaften, hier spricht ein vorläufiger Freund. Mein Name tut nichts zur Sache, aber was ich Ihnen zu sagen habe, ist von größter Wichtigkeit. Sie werden umgehend nach Hause fliegen und dort Ihren Führern berichten, dass die CIS und einige Söldner Ihnen einen Waffenstillstand anbieten, solange hier draußen Kiowans herum fliegen.
Ich hoffe, dass man diesen Vorschlag vernünftig diskutieren wird. Noch etwas, im Gegenzug erwarten wir das sämtliche Papagoeinheiten alle Aktionen gegen zivile und CCN-Schiffe einstellen werden. Und jetzt sollten sie besser verschwinden, solange sich der Kreuzer der Kiowans noch im System befindet.“
Eine unmissverständliche Aufforderung, die Papagos kamen ihr umgehend nach und Deacan ließ sie in Richtung der Jumpboje nach Serca abziehen.
 
part 47

*
„Wir verlassen jetzt den Hyperraum, Ivy. Es wird ernst.“
Die aktiven Sensorscanns der Skecis deuteten an, dass sich einige große Objekte im Petra-System befanden. Zum einen waren das der Monolith und das Schlachtschiff der CIS, es musste aber ein weiteres Großkampfschiff im System sein. Jedenfalls laut der Werte, die auf dem Display im Cockpit der Skecis erschienen.
Langsam wurde es wieder etwas heller rund um den Jäger. Teanna hatte ihren Blick nach unten gesenkt, um die Sensordaten weiter zu analysieren. Ivy schien aber etwas enorm wichtiges auf dem Herzen zu haben.
„Teanna, ich weiß, du magst es nicht, wenn man dich bei der Arbeit stört, würdest du aber bitte deine Aufmerksamkeit nach vorne richten, ja?“
Teanna sah nicht nach vorne, sondern nach hinten, zu Ivy.
„Wo ist das Problem? Die automatische Steuerung bringt uns sicher aus dem Hyperraum, oder etwa nicht?“
„Ja, das ist richtig. Und deine automatische Steuerung lässt uns außerdem gegen dieses wunderschöne große Schiff da knallen!“
Teanna drehte sich wieder um.
„Red keinen Unsinn, da ist doch nichts, was uns... Oh, verdammte Scheiße!!“
Teannas Hände umklammerten den Steuerknüppel, sie riss ihn nach oben.
„Komm schon, los doch, du blödes Stück Maßschrott, hoch mit der Nase!“
Der Monolith war einfach gesagt im Weg., Teannas Skecis würde mit ihm kollidieren, wenn es ihr nicht gelang, den Kurs zu ändern.
Das Problem bestand aber darin, das der Bordcomputer der Skecis noch die Steuerung inne hatte, der Jäger hatte seinen Sprung aus dem Hyperraum noch nicht vollständig beendet. Der Frachter wurde größer, er füllte immer mehr die Sicht vom Cockpit der Skecis aus.
„Teanna, hör auf, es spannend zu machen. Zieh den Jäger hoch!“
Ivy wurde spürbar nervös.
„Was glaubst du, was ich hier die ganze Zeit krampfhaft versuche?“
Ein Ruck ging durch die Maschine, er drückte die Besatzung in ihre Sitze. Endlich hatte Teanna wieder die Steuerung in den eigenen Händen. Den Steuerknüppel hatte sie maximal zu sich heran gezogen. Jetzt hoffte sie, dass der Raum zwischen der Skecis und dem Frachter nicht schon zu gering war.
Beide Maschinen kamen sich näher. Der Unterboden der Skecis schrammte für einige Sekunden an der Hülle des Frachter entlang, blieb jedoch intakt. Das war knapp am Tod vorbei.
Ivy atmete auf.
„Etwas frische Farbe und die Sache ist vergessen!“
„Na hoffentlich. Ich lasse ein paar Checkprogramme laufen, nicht dass wir uns doch etwas aufgerissen haben, die Treibstoffleitungen zum Beispiel.“
„Gute Idee. Ich steige nämlich nicht aus und suche die nächste Tankstelle für uns.“
„Ach nein? Schade, du hättest mir was mitbringen können, eine Tafel Schokolade vielleicht.“
„Tut mir leid, aber ich glaube nicht, dass ich derartig lang den Atem anhalten kann.“
„Schwache Leistung, liebste Ivy.“
„So? Kann die Tochter des hohen CIS-Kommandanten das vielleicht besser als meine Wenigkeit?“
Ivy suchte mit ihren Augen die Umgebung ab. Außer der Frachtmaschine und dem Schlachtschiff konnte sie aber nichts relevantes erkennen, ungewöhnlich waren aber die unzählige Trümmerstücke, die Skecis war davon regelrecht umgeben.
Teanna schien sich noch eine Antwort auf Ivys Frage zurecht zu legen, als ihr Blick ebenfalls nach draußen glitt. Sie sah sehr heftiges Laserfeuer direkt vor sich, etwa neunhundert bis tausend Kilometer entfernt. Das Radar der Skecis konnte das Gesehen noch nicht erfassen, es war einfach zu weit weg.
Der Bordcomputer meldete sich und zeigte eine Mitteilung an.
„Klasse, da will einer was von uns.“
Teanna setzte ihr Headset auf, um die Mitteilung entgegen nehmen zu können, die ihr Jäger gerade eben empfangen hatte.
„Hier ist Frachter Monolith DF-09 Tersa, sind Sie in Ordnung? Brauchen Sie Hilfe?“
Ivy reagierte prompt.
„Erst sich blöde in den Weg stellen und dann uns fragen, ob wir Hilfe brauchen. Wäre fast das gleiche, als wenn du einem Piraten den Hintern weg schießt und dich dann nach seinem Befinden erkundigst.“
Teanna öffnete einen Kanal zum Frachter.
„Hier ist Skecis Mk. II, Identifikation RE-1227 Dark Spirit. Reizend, Ihre Sorge um unser Wohlergehen, kommt aber ein bisschen spät, oder?
Aber zu Ihrer Information, außer einigen Schrammen haben wir keinerlei Schaden genommen. Ich hoffe, dass Sie uns einen glaubwürdigen Grund dafür liefern können, was Sie in der Flugschneise zu suchen hatten.“
„Tut uns leid, aber dies ist Teil einer Offensive der CIS gegen Piraten in diesem System. Wir bitten um Ihr Verständnis und empfehlen Ihnen dringend, das System auf schnellstem Wege wieder zu verlassen. Natürlich nur, wenn Sie keine Geschäfte auf Petra zu erledigen haben.
Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass Sie den Planeten auf eigene Gefahr hin anfliegen können.“
Der Bordfunker des Frachters wünschte wohl keinen weiteren Kontakt zu Teanna und Ivy, er brach das Gespräch einfach an dieser Stelle ab. Teanna hatte erfahren, was sie wissen wollte.
Eine Operation der CIS also. Das erklärte auch das Verladen von Jägern in den Frachter.
„Charmant, das Kerlchen.“
Sie nahm sich das Headset wieder vom Kopf.
„Wie sieht es aus liebste Ivy, haben wir Geschäfte auf Petra zu erledigen?“
„Moment mal, du willst doch wohl nicht ernsthaft vorschlagen, dort zu landen, oder? Was ist mit deinen Vater?“
Teanna zuckte mit den Schultern.
„Was er nicht weiß, das macht ihn nicht heiß. Nicht ich werde die Landung bestätigen, sondern du!“
„Verstehe. Mit anderen Worten, die Dark Spirit gehört im Augenblick mir.“
„Zumindest solange wir auf Petra sind.“
Teanna lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder nach vorn. Das Licht von dem Gefecht, das dort draußen stattfand, wurde intensiver. Es hatte den Anschein, als ob mehrere kleine Jäger einen Kreuzer in die Knie zwingen würden.
Gerne wäre sie etwas näher heran geflogen, aber sie wollte kein allzu großes Aufsehen erregen und flog deshalb lieber den Planeten Petra direkt an.
„Wenn dich jemand fragen sollte wer ich bin, dann sag einfach dass ich deine Schwester sei, okay?“
Ivy lehnte sich etwas nach vorn.
„Interessant, so sieht also meine Halbschwester aus.“
„Du hast mir nie erzählt, dass du eine Schwester hast.“
„Nicht Schwester, Halbschwester. Wir haben unterschiedliche Väter. Soweit ich es weiß, heißt sie Melissa Banks und ist Söldner. Bin ihr nie begegnet, leider.“
„Älter oder jünger als du?“
„Älter. Ich bin eben kein Einzelkind wie du.“
„Wie kommst du auf Einzelkind? Ich habe ein paar Geschwister, die wurden aber alle von meiner Mutter erzogen und dürften inzwischen außer Hauses sein.“
„Und ich war immer der Meinung, das es nur eine von deiner Sorte geben kann. Wie man doch manchmal einem Irrtum erliegen kann.“
„Liebste Ivy, wie darf ich denn das jetzt wieder verstehen, mh? Mach ruhig weiter so und du lernst mich kennen.“
„Ich freue mich drauf.“
 
part 48

*
Einen Kreuzer mit Torpedos zu zerstören war ein Kinderspiel. Nur mit Blastern und einigen Raketen so etwas zu versuchen ist hingegen echte Knochenarbeit.
Deacan zählte nicht mehr, wie oft er den Kreuzer schon angeflogen hatte, dabei aus allen Geschützen feuerte und hoffte, keinen Treffer von den Abwehrgeschützen einstecken zu müssen. Nach dem zehnten Anflug hatte er das Zählen aufgegeben.
Der Kreuzer erwies sich in der Tat als ziemlich zäher Gegner. Die Thunder war auf dem Weg hierher, solange sie aber noch nicht in Waffenreichweite war, mussten Deacan und seine Leute den Kreuzer und dessen Besatzung bei Laune halten. Keine leichte Aufgabe, immer wieder sahen sich die Privateers gezwungen, ihre Attacken einzustellen, um ihre Schilde wieder aufzuladen. Deacan erging es im Prinzip auch nicht anders, obwohl er beim Anflug kaum Treffer einstecken musste, erwischte es seinen Jäger immer wieder beim Abdrehen vom Ziel.
Der einzelne Bladejäger war noch immer vor Ort, er beteiligte sich ebenfalls an der Jagd. Der Pilot dieser Maschine war entweder ein Wahnsinniger oder einer der besten seiner Zunft, er flog mit maximalen Nachbrennerschub den Kreuzer an, drosselte dann seine Geschwindigkeit, überflog sein Ziel und feuerte dabei mit allem, was er hatte. Treffer steckte er auch ein, schien sie aber gelassen hin zu nehmen.
Frei nach dem Motto: jeder muss mal sterben.
Deacan versuchte, eine verwundbare Stelle am Kreuzer zu entdecken, eine Stelle, wo das Abwehrfeuer ihn nicht erreichen konnte. Jedes Schiff hatte eine derartige Schwachstelle, man musste nur danach suchen. Ein Anflug gegen die Unterseite des Kreuzers wirkte vielversprechend. Drake, die wieder einmal nicht von Deacans Seite weg zu bekommen war, folgte seinem Angriffsversuch.
Die Sache schien zu funktionieren, allerdings stellte sich heraus, dass die Kiowans die Panzerplatten am Unterboden des Kreuzers extrem verstärkt hatten. Sie wussten also um die Verwundbarkeit des Schiffes an dieser Stelle. Als der Bladepilot erkannte, dass Deacan eine Schwachstelle gefunden hatte, stellte er sofort seinen ursprünglichen Angriffskurs ein und flog auf die Position des Söldners zu. Von dort zog er eine enge Schleife und raste erneut auf den Kreuzer zu.
Zwei Raketen, die sein Jäger noch geladen hatte, schickte er jetzt den Kreuzer auf den Hals. Die Geschosse drangen zwar tief in den Rumpf ein, richteten aber nur wenig Schaden an.
Die Besatzung des Kreuzers erkannte die Bedrohung, sie versuchten sich aus der Schusslinie der angreifenden Jäger zu bewegen. Dieses Manöver bedeutete aber auch einen relativ großen Geschwindigkeitsverlust. Das wiederum verkürzte die Ankunftszeit der Thunder, die inzwischen bis auf vierhundert Kilometer heran gekommen war.
In wenigen Sekunden würde das CIS-Schlachtschiff das Feuer eröffnen, Deacan wusste sehr wohl das es gesünder war, nicht in der Schusslinie zu sein, wenn das Spektakel zwischen den beiden Großkampfschiffen los gehen würde.
Er gab seinem Team den Befehl, sich vorerst aus dem Gefecht heraus zu halten. Die Jäger formierten sich zum gemeinsamen Rückzug, mit Ausnahme der Blade. Der Pilot erkannte, dass die Schlacht für ihn vorbei war und sprang kurzerhand ohne sich zu verabschieden aus dem System. Aus sicherer Distanz konnten die Privateers die ersten Salven aus den Buggeschützen der Thunder sehen, wie sie in Richtung des Kiowankreuzers abgeschossen wurden. Abhauen war für die Kiowans nicht drin, kämpfen war aber auch recht unsinnig.
Die Thunder, die fast dreimal so lang war wie ihr Gegner, deckte diesen mit schweren Treffern ein. Als die Schilde des Kreuzers versagten, ging die Thunder längsseits am Gegner vorbei. Während dieser Zeit feuerte das Schlachtschiff mit sämtlichen Bordgeschützen auf das Ziel. Das Schiff wurde regelrecht durchsiebt, die Treffer hinterließen Löcher von extremem Durchmesser, zwanzig, manchmal dreißig Zentimetern. Im Inneren musste ein Inferno toben, Flammen schlugen aus den getroffenen Bereichen.
Als dann der Reaktor einen Treffer kassierte, wurde es taghell. Etliche Explosionen rissen den Kreuzer auseinander. Die Schockwellen waren noch in tausend Kilometer Entfernung zu spüren, Deacan und seine Leute waren aber viel näher dran und wurden kräftig durchgeschüttelt.
Danach kehrte eine Ruhe ein.
„Ein Punkt für die Guten, Ser Tron.“
In Manleys Stimme war eindeutig Siegerlaune zu hören. Der Privateer empfand es aber als viel zu früh, um die Sektkorken knallen zu lassen. Hier stimmte doch etwas nicht.
Das war irgendwie zu einfach gewesen. Wo war Ricards Verstärkung geblieben? Eigentlich war man felsenfest davon überzeugt gewesen, dass Ricards den Kiowan Unterstützung schicken würde.
Und überhaupt, wieso waren die Piloten in den Kiowanjägern derartig schlecht geflogen?
Das alles passte vorn und hinten nicht zusammen. Deacan spürte Chynas Hände, die sanft seinen Nacken massierten.
„Was ist los?“
„Ich weiß nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, es ob das alles hier für uns inszeniert wurde.“
Chyna kam etwas näher an den Piloten heran.
„Du meinst das war nur ein Test oder so etwas?“
„Möglich wäre es schon.“
In Gedanken ließ Deacan den ganzen Schlachtverlauf noch einmal Revue passieren.
Hatte er etwas übersehen? Er beschloss, das System vorerst zu verlassen, zu einem späteren Zeitpunkt würde er aber wiederkommen und zusammen mit seinen Leuten die Sprungpunkte untersuchen, die Manley von Ser Furlong erhalten hatte.
Im Augenblick war es ihm zu riskant, einen Sprung ins Ungewisse zu unternehmen, ohne Raketen und mit knappen Treibstoffvorräten.
„Tron an alle Einheiten. Wir verschwinden von hier und fliegen nach Serca, dort wartet ein kühles Bier und etwas Erholung auf uns. Die erste Runde geht dabei auf meine Rechnung.“
Drake meldete sich über Funk.
„Warum Serca? Petra liegt doch direkt in Sichtweite.“
„Richtig, aber auf Petra gibt es keinen einzigen Waffenhändler und nur zwei kleine Werkstätten. Wollen Sie wirklich ohne neue Raketenbestückung wieder raus?“
Okay, das war einleuchtend. Nur wenige Sekunden später sprangen die Jäger in den Hyperraum, gefolgt vom Monolith.
Lediglich die Thunder blieb im Petra-System, um dort zu für Sicherheit zu sorgen.
 
part 49

*
Petra besaß keine Atmosphäre, das Leben spielte sich daher unter großen Kuppeldächern ab, man bekam künstlichen Sauerstoff zu atmen.
Teanna flog eine dieser Kuppeln an, sie wählte eine etwas abseits gelegene aus, hier würde sie und Ivy kein großes Aufsehen erregen. Hoffte sie zumindest.
Sanft setzte die Skecis auf. Sofort stand Personal bereit, man schob eine Leiter an den Jäger, half den Insassen beim aussteigen. Einer der Techniker bat Teanna um einen Handscan zur Bestätigung der Landung, sie verwies aber auf Ivy, die ihrerseits dann ihre Hand für ihre Freundin auf den Scanner legte.
Kaum fünf Sekunden später war auch das erledigt, der Techniker bedankte sich höflich und verschwand mit dem Scanner in Richtung eines CCN-Terminals.
„So weit, so gut. Sonst noch Wünsche, Teanna?“
Ivys Partnerin überlegte kurz, dann kam sie zur Sache.
„Da gibt es tatsächlich noch eine klitzekleine Kleinigkeit, liebste Ivy.“
„Komm mir nicht mit „liebste Ivy“, ich weiß ganz genau dass das nichts Gutes bedeutet!“
Teanna schüttelte nur völlig verständnislos den Kopf.
„Dass du aber auch immer gleich alles so schrecklich negativ sehen musst! Aber jetzt mal zur Sache, du wirst uns jetzt ein hübsches und vor allem komfortables Zimmer besorgen.“
Ivy begriff sofort, was Sache war.
„Du willst dein MACS nicht nutzen, nicht wahr?“
„Nein, aber deines. Mein Vater braucht nicht zu wissen, dass ich hier bin. Wenn ich hier mit meinen MACS etwas buche oder bezahle, dann kriegt er binnen kürzester Zeit davon Wind und dann ist Sense mit Privateer Teanna Tasker. Würdest du bitte ein Zimmer buchen, ja?“
„Mit Ausblick aufs Meer?“
„Sehr witzig, Ivy. Wo ist mir egal, es sollte aber schon in der Nähe sein.“
Während Ivy sich mittels ihres MACS in die Datenbank von Petra einklinkte, warf Teanna einen Blick auf die Skecis. Der Zwischenfall mit dem Frachter hatte keine ernsthaften Schäden am Jäger hinterlassen, wie Ivy es schon vorher gesagt hatte, ein wenig Farbe und die Sache war wieder in Ordnung.
Ivy schien etwas passendes gefunden zu haben, sie deaktivierte ihr MACS und verstaute das Gerät wieder in ihrem Rucksack.
„Und?“
„Wie würde dir das El Kakerlaki gefallen? Ist die mieseste Bude auf Petra, jeder zweite Gast erlebt den nächsten Morgen nicht, weil er der dort heimischen Insektenwelt als Nahrungszusatz dient.“
„Klingt ganz nach deiner Wohnung auf Terrel, liebste Ivy. Dort gab es doch auch Kakerlaken von der Größe eines Schäferhunds, oder irre ich mich?“
„Das verwechselst du jetzt. Spaß beiseite. Ein Doppelzimmer in einen kleinen Motel, nur zehn Minuten entfernt. Sagt dir das zu?“
„Solange dein Motel nicht den Namen El Kakerlaki trägt, bin ich damit einverstanden.“
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg in ihr Motel, besonders Teanna zeigte sehr deutliche Anzeichen dafür, dass sie einfach gesagt todmüde war.
Im Zimmer des Motels angekommen, ließ sie alles stehen und liegen, fiel einfach aufs Bett und schlief binnen weniger Minuten ein.
Ivy hingegen war putzmunter, sie verließ das Zimmer kurzerhand um sich in der Küche des Motels etwas zu essen zu besorgen. Als sie eine gute halbe Stunde wieder vor ihrer Zimmertür stand und die ID-Karte hervor kramte, um die Tür zu öffnen, kam ihr jemand zuvor.
Die Tür wurde von innen geöffnet, arglos trat Ivy ein, sie war der Meinung, das Teanna ihr die Pforten geöffnet hatte.
Ein Irrtum.
Sie lief an der Person vorbei, die hinter der Tür im Halbdunkel des Flures stand und begab sich in den Nachbarraum, der als Wohnzimmer diente. Dann stutzte sie.
Wie groß war Teanna doch gleich gewesen?
Kaum größer als sie selbst, oder?! Die Person hinter der Tür hatte aber irgendwie viel größer ausgesehen, viel, viel größer! Vorsichtig wagte sie einen Blick in Richtung Tür.
Die Person stand noch immer dort. Nie im Leben war das Teanna! Ivy nahm all ihren Mut zusammen, ging einige Schritte auf die unbekannte Gestalt zu.
„Haben sie sich vielleicht in der Zimmernummer geirrt?“
Die Gestalt trat einen Schritt vor, etwas Licht fiel auf das Gesicht.
„Hatte ich ihnen nicht gesagt, dass Sie Teanna von Petra fern halten sollten?“
Sowohl die Stimme als auch das Gesicht waren der Söldnerin nur zu gut bekannt.
„Es tut mir leid, aber irgendwann musste dieser Tag ja mal kommen. Über zwei Jahre lang habe ich auf Ihren Wunsch hin Teanna davon abhalten können, hierher zu fliegen.“
„Ihre Ausflüchte können sie sich sparen, Sera Banks. Meine Anweisungen waren eindeutig.“
„Ich würde noch lauter sprechen. Teanna schläft nebenan, mit etwas Glück bekommt sie von unserem kleinen Gespräch hier nichts mit.“
Ivys Gesprächspartner hielt kurz inne, sein Blick wanderte umher.
„Sie haben mich enttäuscht, Sera Banks. Ich hatte gehofft, dass Sie sich etwas mehr um die Sicherheit Teannas bemühen würden.“
„Ich weiß, wie sehr sie sich um Teanna sorgen, Ser. Immerhin ist sie ihre Tochter.“
„Wer ist wessen Tochter?“
Mit verklärten Blick stand Teanna urplötzlich in der Tür, sie war aufgewacht. Sie musste zweimal hinsehen, um zu begreifen, was sich da im Flur ihres Motelzimmers abspielte, sie rieb sich die Augen.
War das ein schlechter Traum? Ivy war starr vor Schreck, sie suchte nach erklärenden Worten. Gab es überhaupt eine Erklärung?
Teanna indes begann die Lage zu verstehen um dann zeitgleich zynisch zu werden.
„Ihr kennt euch also?“
Sie wies mit der Hand auf den Besucher.
„Schön dich zu sehen, Teanna.“
„Ich hoffe du verstehst mich nicht falsch, wenn ich deinen Gruß nicht erwidere, Vater. Verschwinde. Und nimm diese Person da gleich mit.“
Ihre Kopfbewegung in Ivys Richtung war eindeutig. Teannas Vater schien von ihren Worten unbeeindruckt zu sein.
„Irgendwie hatte ich mir von unseren Wiedersehen mehr erhofft.“
„Ach ja?“
„Allerdings. Aber wie ich sehe, hast du dich in keinerlei Hinsicht verändert. Du bist noch genauso stur wie damals.“
In Teanna stieg langsam Wut hoch. Ihr Blick blieb an Ivy hängen, die regungslos vor ihr stand.
„Seit wann arbeitest du schon für ihn?“
Ivy überlegte kurz.
„Arbeiten ist nicht das richtige Wort dafür.“
„Nein? Was dann? Bespitzeln? Solltest du darauf achten, dass die Tochter von Ser Allan Tasker keine Schande über ihn bringt?“
Teannas Vater trat einen Schritt vor, er stellte sich demonstrativ neben Ivy, um ihr etwas Rückendeckung zu geben.
„Sie sollte dich nicht beschatten, Kleines.“
„Nenne mich nicht Kleines, klar?“
„Nun gut, dann eben Teanna. Sera Banks sollte dich nur von hier fern halten.“
„Aber sicher doch. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dir das abnehme, oder? Ich hatte schon damals deine ewigen Lügen satt, deine Heucheleien, wenn du von mir sprachst.
Vor allem vor deinen Kollegen, wie du mich hochgelobt hast, ich habe es gehasst! Deshalb bin ich damals verschwunden, ohne mich umzudrehen und dir Lebewohl zu sagen. Du wolltest mich zu etwas machen, was ich nicht bin. Was ich nie war und nie sein werde.
Und jetzt verschwinde!“
Teanna ging auf die Tür zu und öffnete sie. Ihr Vater, Allan Tasker, holte tief Luft und senkte seinen Blick.
„Glaubst du wirklich, dass ich nie wusste, wo du gerade warst?“
„Sicher wusstest du das. Dank dieser Person dort.“
„Sera Banks habe ich nie benötigt, um dich zu finden. Mir stehen ganz andere Methoden zur Verfügung.“
„Und doch hast du mich nie gekriegt!“
„Wozu hätte ich dich jagen sollen? Seit dem du von zu Hause weg bist, wusste ich, das dein Leben nicht länger mir gehört. Um ehrlich zu sein, ich weiß heute, dass ich dich viel früher hätte gehen lassen sollen. Es war mein Fehler, dass du jetzt dieses Leben führst. Ein Jäger, der selber gejagt wird.“
„Nette Rede. Nur ist kein Wort davon wahr. Lass mich in Ruhe.“
„Ich will dir nichts tun, Teanna. Ich bitte dich nur um eins. Verlasse diesen Planeten, solange es noch Zeit ist.“
„Oh, da hat wohl jemand Angst davor, das ans Tageslicht kommt, was für eine Tochter er hat.“
„Mir ist egal, was du tust oder getan hast. Ich mische mich nicht in dein Leben ein, versprochen.“
„Lüge!“
Teanna wurde lauter. Ivy, die nur still zugehört hatte, ergriff jetzt das Wort.
„Denk mal nach, Teanna. Wie lange kennen wir uns jetzt?“
„Offensichtlich zu lange.“
„Lenke nicht vom Thema ab. Ich habe dir mehr als einmal deinen Hintern gerettet, oder etwa nicht?“
„Du hast mich gerettet? Das sehe ich allerdings ein wenig anders.“
„Dann eben anders. Real gesehen hätte ich dich mehr als einmal an die CIS übergeben können. Habe ich aber nicht. Weil ich dich nur von Petra fern halten sollte. Das war und ist alles.“
Teanna verzog kein Gesicht.
„Wieso?“
Allan Tasker kam Ivy mit der Antwort zuvor.
„Das ist hier nicht von Interesse. Je weniger du weißt, desto besser ist es für dich.“
„Ich soll euch glauben, dass ich nur um dieses Stück Dreck im All einen großen Bogen machen soll, und ihr gebt mir nicht einmal einen Grund dafür? Ihr seid noch unglaubwürdiger als die Politiker des Tri-Systems.“
Allan Tasker hatte keine Lust, den Streit weiter zu führen. Nicht jetzt. Seine Tochter war zu aufgebracht, sie stand vermutlich kurz davor, ihn über den Haufen zu schießen.
„Gut, dann bleibe hier. Du hörst ja sowieso nicht auf mich, wozu also die Mühe. Ich gehe jetzt, komme aber morgen früh noch einmal wieder.“
Er trat durch die offene Tür nach draußen, dort drehte er sich aber noch einmal um.
„Trotzdem liebe ich dich, Teanna. Du bist und bleibst mein Kind. Egal was die Zukunft für mich oder dich bringen mag.“
Eine Träne erschien, sie lief über seine Wange. Teanna war sichtlich überrascht über die Gefühlsregung ihres Vaters. Ein weiterer Trick? Ihr Vater versuchte nicht einmal, sein Gesicht zu verbergen, er verließ aber das Motel. Sie sah ihm nach und dann auf ihre Partnerin Ivy.
Oder sollte sie besser sagen: Ex-Partnerin?
„Nun zu dir. Raus!“
„Ich denke gar nicht daran!“
Das war zuviel! Teanna drehte sich um, lief zurück ins Wohnzimmer. Sie suchte nach etwas in ihren Klamotten. Irgendwo hier musste er doch liegen! Im Hintergrund hörte sie, wie Ivy die Tür zum Flur schloss.
Dann sah sie, wie Ivy im Wohnzimmer erschien. Ivy sah ihr ein paar Sekunden lang zu, dann legte sie ein eiskaltes Lächeln auf.
„Ich glaube, du suchst das hier.“
Sie zog hinter ihrem Rücken Teannas Blaster hervor.
„Gib das her!“
Aber Ivy schüttelte nur den Kopf und richtete die Waffe auf ihre Freundin. Teanna konnte das Spiel aber auch.
„Na los, worauf wartest du noch? Schieß!“
Und ihre Partnerin drückte tatsächlich ab! Der Schuss ging haarscharf an Teannas Kopf vorbei, er schlug in die Wand ein. Erschrocken sah sie ihre Freundin an.
„Ich könnte dich jederzeit töten, Teanna. Ich habe weder Skrupel noch Emotionen, die mich daran hindern würden. Um die Wahrheit zu sagen, ich habe sogar schon getötet, im Auftrag deines Vaters.
Ja, ich kenne ihn schon lange, schon sehr lange. Er hat meine Ausbildung bezahlt, mir die Möglichkeit gegeben, über mich hinaus zu wachsen.“
„Wenn du angeblich so gut bist, warum gibst du dich dann mit mir ab?“
„Gute Frage, Teanna, gute Frage. Und ich habe bis heute keine Antwort darauf. Dein Vater sagte irgendwann zu mir, das da ist meine Tochter, nimm Kontakt auf, bleibe in ihrer Nähe und verschone mich mit ihrer Anwesenheit. Das war alles.“
„Ich glaube du lügst. Wie mein Dad.“
„Sieh dir deinen Vater mal etwas genauer an. Ich glaube, er ist mehr als nur der Kommandant von Petras Soldaten. Er hat eine Schuld abzutragen. Zumindest benimmt er sich manchmal so.“
„Hast du es immer noch nicht geschnallt? Mein Vater interessiert mich nicht. Und du mittlerweile auch nicht mehr.“
„Teanna, du hörst dich an wie eine Endlosschleife. Kannst du nicht wenigstens jetzt mal deinen falschen und völlig übertriebenen Stolz beiseite legen und mir zuhören? Dann würdest du vielleicht mitkriegen, was hier wirklich Sache ist.“
Teanna setzte sich auf einen Stuhl, sie tat ganz cool, schlug die Beine übereinander.
„Gut, ich höre dir zu. Gefällt mir nicht was du erzählst, stehst du in Kürze auf meiner persönlichen Kopfgeldliste.“
„Dann sind wir ja schon einen kleinen Schritt weiter, Teanna. Im Prinzip weißt du alles über mich, du kennst meinen Geburtsort, meinen Geburtstag, meine Familie.
Als ich vierzehn Jahre alt war, wurde ich Zeuge eines Auftragsmordes. Das Opfer war unser Nachbar, ein angesehener Anwalt. Der Täter hatte mich gesehen, ich entging nur knapp einer Kugel, die er für mich reserviert hatte.
Ich kam in ein Zeugenschutzprogramm der CIS, dort lernte ich deinen Vater kennen. Er war damals auf Terrel, leitete von dort aus einige Operationen. Ich schien ihn wohl an seine Tochter zu erinnern, an dich also. Ich wurde dann zu dem, was du nie sein wolltest. Ich habe hart an mir gearbeitet, wollte immer seinen hohen Ansprüchen genügen.
Eines Tages kam er mit der Bitte, ein Auge auf dich zu werfen, dich aus größeren Schwierigkeiten heraus zu halten und dafür zu sorgen, dass du am Leben bleibst. Es geht um das Erbe deines Vaters, irgendeine Aufgabe, die er wohl nicht mehr lange erfüllen kann. Früher oder später wirst du, ob du es willst oder nicht, dieses Erbe antreten müssen. Dein Vater muss dich sehr lieben, Teanna.
Du bist hier in Gefahr, er will dich doch nur schützen. Genauso wie ich das will. Denke darüber nach. Ich werde dich allein lassen, wenn du das willst. Du hast eine Bestimmung der du dich nicht entziehen kannst.“
Ivy legte den Blaster aus der Hand, sie legte ihn in Teannas Schoss. Dann verließ auch sie das Motelzimmer.
Teanna blieb allein zurück, sie wusste nicht so recht, was mit ihr geschehen war, was ihr Vater nun eigentlich darstellte und was eigentlich Ivys Rolle in dem ganzen Puzzle war, vieles ergab keinen rechten Sinn. Sie fühlte sich betrogen, hintergangen, benutzt. Sie stand auf, begab sich ins Schlafzimmer und legte sich aufs Bett.
Ihr Blick wanderte die Zimmerdecke entlang, und plötzlich, ohne einen rechten Grund, begann sie zu weinen.
 
part 50

*
Nach ihrer Rückkehr auf Serca hatte Deacans Team ausgiebig gefeiert.
Das Resultat war durchaus bemerkenswert, dreiundvierzig abgeschossene Jäger plus zwei Kreuzer.
Es hatte sich also gelohnt. Auch aus finanzieller Sicht. Zumindest hatte es den Anschein.
Trotzdem, Deacan war sichtlich unzufrieden. Es war zu einfach gewesen, die Gegenwehr der Kiowans war einfach lachhaft. Manch ein Anfänger flog da besser. Der Privateer nützte einen ungestörten Moment um mit Sera Drake zu sprechen. Er nahm sie einfach beiseite.
„Drake, ich brauche Ihre Hilfe.“
„Gern.“
„Kriegen Sie Verbindung zu Ser Arris?“
Drake sah Deacan mit großen Augen an.
„Arris ist mein Hauptgeld- und Auftraggeber, ihm eine Mail zukommen zu lassen, ist also kein Problem.“
„Erstklassig. Fragen Sie Arris, ob einer seiner Leute mit einer Blade unterwegs und im Bereich von Petra in eine Schlacht verwickelt war.“
„Wieso sollte ich ihn das fragen? Da war doch eine Blade mit von der Partie, oder nicht?“
„Ja, da war eine Blade. Fragen Sie Arris trotzdem, okay?“
„Wie Sie es wünschen, Ser Tron.“
Sera Drake wirkte zwar leicht verwundert, sie entsprach aber seiner Bitte. Danach gesellten sich beiden wieder zu ihren Leuten. Als Deacan wieder seinen Platz neben Chyna einnahm, bemerkte sie sofort seine gedrückte Stimmung.
„Alles in Ordnung, Deacan?“
„Alles bestens, Kleines. Mach dir keine Gedanken, okay?“
„Wenn du meinst? Wie steht es eigentlich um unseren Abend, mh?“
Er mühte sich ein Lächeln ab.
„Keine Angst, ich habe nicht vergessen, was wir im Cockpit ausgemacht hatten. Versprochen ist versprochen. Der Etagenkellner ist sogar schon bezahlt.“
Sie beugte sich zu Deacan über und tat so, als wolle sie ihm etwas ins Ohr flüstern. Als Deacan sich ihr etwas entgegen neigte, fuhr sie ihm einfach kurz mit der Zungenspitze übers Ohr.
„Lass uns verschwinden.“
Sie hauchte diese Worte regelrecht in sein Ohr, dann lächelte sie ihn süß an. Eine Aufforderung, die er nicht abweisen wollte und konnte. Er stand auf, Chyna folgte ihm und legte ihren Arm um seine Hüfte.
„Leute, macht ohne uns weiter. Wir haben, nun ja, etwas sehr privates zu erledigen.“
Als Deacan bemerkte, dass sich keiner so recht für seine Worte interessierte, zuckte er nur mit den Schultern und verließ mit Chyna die Szenerie in Richtung seines Zimmers.

*
Eine lange und schlaflose Nacht war es gewesen.
Teanna hatte sich Frühstück aufs Zimmer bringen lassen, das stand nun seit einer Stunde vor ihr auf den Tisch. Sie stocherte lustlos mit der Gabel in ihrem Essen herum.
Ivy hatte sich die ganze Nacht lang nicht blicken lassen, Teanna wusste nicht einmal, ob und wo ihre Freundin geschlafen hatte. Ihr Blick blieb an der Tischuhr hängen.
Erst halb sieben. Verdammt früh. Teanna konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal so früh auf den Beinen gewesen war. Das musste Jahre her sein. Ihr Blick glitt ins Leere.
Die letzten zwei Jahre hatte sie jeden Morgen mit Ivy verbracht, man hatte am Tisch gelacht, Späße getrieben. Ab und zu sah der Tisch danach wie ein Schlachtfeld aus. Vor allem die Stille war irgendwie erdrückend. Oft genug hatte sie Ivy den Mund verbieten wollen, jetzt wünschte sie sich innerlich, das freche Mundwerk ihrer Freundin wieder zu hören.
Teanna war so in Gedanken versunken, dass sie gar nicht bemerkte, das Ivy bereits wieder in der Wohnung war. Erst als Ivy an ihr vorbei ging, hob sie den Blick. Am liebsten hätte sie Ivy umarmt, ihr gesagt, dass alles vom gestrigen Tag vergeben und vergessen war. Sie brachte aber kein Wort über ihre Lippen, und sah ihr nur schweigend zu.
Wieso griff Ivy sich eigentlich Bekleidungsstücke, die nicht mal ihr gehörten?
Was sollte das?
War es nicht genug damit gewesen, dass sie ihr so sehr in den Rücken gefallen war, musste sie jetzt auch noch klauen? Teanna stand auf und folgte Ivy ins Wohnzimmer. Ihre Freundin war am Koffer packen. Und sie packte nicht ihren eigenen Koffer!
„Was zur Hölle tust du da?“
Die Worte kamen nur sehr zögernd über ihre Lippen.
„Wir müssen von hier weg, Teanna. Sofort!“
War sie jetzt völlig übergeschnappt? Es gab keine Freundschaft mehr zwischen den beiden, zumindest war Teanna dieser Auffassung. Trotzdem fragte sie nach dem Grund für die plötzliche Aufbruchsstimmung.
„Wieso?“
„Wir haben noch etwa zwei Stunden Zeit, möglicherweise noch weniger. Danach sind wir tot.“
„Ich verstehe nicht ganz.“
Ivy antwortete, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen.
„Mehr als sechshundert Kiowans werden hier in Kürze eintreffen, begleitet werden sie von rund zwanzig schweren Kreuzern.“
„Na und? Petra hat doch eine Abwehrflotte.“
„Gehabt, Teanna. Petra hat eine Abwehrflotte gehabt. Gestern gegen elf Uhr Mittags wurde die gesamte Flotte von Petra vernichtet. Von unzähligen Kiowanjägern.
Unsere Leute hatten keine Chance, sie wussten nicht einmal, was sie traf. Außerdem hat es unzählige Privateers erwischt, die den CIS-Truppen zur Hilfe kommen wollten.“
„Das ist unmöglich, Ivy. Wir hätten davon über Funk erfahren müssen. Wir kamen doch gestern gegen vierzehn Uhr, also rund drei Stunden nach deiner sogenannten Schlacht hier an.“
Ivy schüttelte nur den Kopf.
„Keine Chance. Die Kiowans haben sämtliche Frequenzen gestört, sie haben überall im Hyperraum Störsender verteilt. Wir können also niemanden um Hilfe rufen.“
Langsam begann Teanna zu begreifen. Ivy scherzte nicht, das hier war kein Spiel.
„Ich gebe dir fünf Minuten, Teanna, in dieser Zeit hast du dich anzuziehen und reisefertig zu machen. Wir sind leider nicht alleine, wenn es ums abhauen von diesem Ort geht.“
„Wie darf ich denn das verstehen?“
Ivy klappte den Koffer zu.
„Petra wird evakuiert. Es sind aber nicht genügend Schiffe da, wir sollten uns also beeilen. Dein Vater hat bereits Posten abgestellt, die unseren Jäger bewachen sollen. Da draußen ist bald die Hölle los!“
Als Teanna zögerte, ergriff Ivy die Initiative. Sie griff sich Teannas Kleidung und schob ihre Freundin ins Bad.
„Beeile dich. Ich will dich nicht hier lassen, okay?“
Taskers Tochter reagierte abweisend.
„Wieso sollte ich dir noch Vertrauen schenken? Du hast gestern alles in Frage gestellt, besonders unsere Freundschaft zueinander.“
Ivy gab keine Antwort. Teanna legte demonstrativ die Sachen auf den Boden, sie erwartete eine Antwort.
„Ich rühre mich hier keinen Zentimeter weit vom Fleck, solange du mir nicht sagst, was hier Phase ist. Deine Story klingt einfach nur verrückt. Hat mein Vater dir Geld gegeben, tust du es aus diesem Grund?“
„Nein. Dein Dad und ich haben ein sehr langes und extrem aufschlussreiches Gespräch geführt. Gestern Nacht. Ich erkläre dir alles, wenn wir hier weg sind. Du musst mir einfach vertrauen.“
Teanna überlegte, dann entschied sie.
„Nein!“
Ivy war so oder so im Stress, das hier hatte ihr gerade noch gefehlt.
„Teanna, ich habe keine Zeit dafür. Zieh dich jetzt an, oder ich nehme dich so mit, wie du jetzt bist!“
„Das wagst du nicht!“
Sie drängelte sich an Ivy vorbei, sie ging einfach zurück an ihren Tisch und nahm dort Platz. Ivy wurde langsam ungehalten.
Wenn Teanna es nicht anders haben wollte..
 
part 51

Ein paar Sekunden später trat Ivy aus dem Motelzimmer heraus, draußen warteten zwei Wachposten. Ivy winkte den beiden zu.
„Würden Sie mir bitte mal kurz helfen?“
Die zwei recht großen Männer betraten gefolgt von Ivy Teannas Motelzimmer. Sie blieben im Eingang stehen. Ivy erklärte ihnen die Situation.
„Sie liegt im Wohnzimmer. Wenn sie aufwacht, hat sie mit Sicherheit Kopfschmerzen. Ein Jäger wartet im Hangar, Sie haben zehn Minuten, sie dorthin zu bringen.“
Wortlos verschwanden die zwei ins Nachbarzimmer, nur Augenblicke später kamen sie wieder zum Vorschein. Zwischen sich trugen sie den leblosen Körper Teannas.
„Saubere Arbeit, Sera Banks. Verraten Sie mir, wie sie das angestellt haben?“
Der Wachposten sah zuerst auf Ivy, dann wieder auf Teanna.
„Das bleibt mein Geheimnis. Nur soviel, manchmal dient eine Hand nicht nur zur Begrüßung.“
„Aha. Ein sauberer Handkantenschlag ins Genick. Sachen gibt’s.“
Der Posten lachte leise, dann verschwand er mit seinen Kollegen und Teanna aus der Tür. Ivy griff sich den Koffer und folgte dem Trio.
Ein leises Stöhnen verriet Ivy, dass Teanna langsam wieder zu Bewusstsein kam. Wenn alles wie geplant ablief, dann würde ein Riesenkrach folgen. Sie wischte sich mit der Hand übers Gesicht, jetzt wurde es richtig lustig.
Vor zwanzig Minuten hatte die Skecis vom Raumhafen auf Petra abgehoben, man hatte inzwischen etwa ein Drittel der Strecke zurückgelegt. Das vorläufige Ziel war Serca. Das matte Licht, das von den Cockpitinstrumenten ausging, wirkte enorm einschläfernd.
„Was ist passiert?“
Teanna hob den Kopf. Ein stechender Schmerz zog sich quer über ihren Nacken.
„Schön dass du wieder wach bist.“
Ivy rückte schon mal ein wenig nach vorn, nur für den Fall, dass die junge Dame hinter ihr einen Tobsuchtsanfall bekommen würde. Die hatte aber ganz andere Probleme, nur mühsam bekam sie die Augen auf. Zunächst sah sie gar nichts. War aber kein Wunder, draußen umgab sie der Hyperraum, und der war nun einmal schwarz.
Teanna lenkte ihren Blick in alle Richtung, langsam kehrte ihre alte Sehschärfe wieder zurück. Wo war sie eigentlich? Aha, an Bord der Skecis. Sie konnte sich ziemlich deutlich daran erinnern, Ivy gesagt zu haben, dass sie auf keinen Fall mit ihr mit kommen würde.
Offensichtlich hatte Ivy ihr diese Entscheidung abgenommen, noch dazu auf sehr schmerzhafte Art und Weise. Oh man! Teanna würde jetzt einiges für einen Eisbeutel geben. Sie strich sich vorsichtig über den Hinterkopf, eine kleine Platzwunde war dort zu spüren, die Blutung war aber schon gestoppt worden. Vermutlich noch bevor man sie in den Jäger gesteckt und auf dem Sitz festgeschnallt hatte.
Ivy ging noch immer davon aus, dass es Krach geben müsste. Sie beschloss, nicht länger darauf zu warten.
„Ich schätze mal, dass ich jetzt endgültig bei dir verspielt habe, nicht wahr?“
Teanna schloss ihre Augen. Wäre da nicht dieses Dröhnen in ihrem Schädel, sie würde Ivy auseinandernehmen und die Einzelteile im Hyperraum verteilen. Ja, sie würde ihren ganz eigenen Sadismus entfalten und Ivy wäre das erste Opfer.
„Darf ich fragen, wohin es gehen soll?“
Ivy glaubte sich verhört zu haben. Keine bösen Worte? Keine Faustschläge in ihre Richtung, kein Tritt gegen ihren Sitz?
„Serca. Ist nicht mehr weit.“
„Und was wollen wir dort?“
„Hilfe holen, Teanna. Obwohl es für die Menschen auf Petra dafür jetzt schon zu spät ist.“
Ivys Worte trafen Teanna wie ein Blitzschlag. Petra! Ihr Vater! Sie versuchte erst gar nicht vorzustellen, was die Kiowans mit ihm machen würden, sollten sie ihn lebend in die Finger bekommen. Ob er überhaupt noch am Leben war? Seltsam. Teanna hatte immer gedacht, dass es ihr egal wäre, was mit ihren Vater geschehen würde.
Aber jetzt spürte sie eine tiefe Traurigkeit in sich, woher diese kam, sie wusste es nicht. Vielleicht hatte es mit dem plötzlichen Wiedersehen zu tun, vielleicht erinnerte sie sich aber auch an die Tatsache, das er vor ihren Augen geweint hatte, Gefühle gezeigt hatte. Dinge, die in der Familie Tasker normalerweise nicht üblich waren.
Teanna lehnte sich in ihrem Sitz zurück.
Jetzt war sie ganz allein, ihre Mutter hatte ihren Vater verlassen, als sie noch sehr klein war. Allan Tasker hatte sich jedoch das Sorgerecht für Teanna erkämpft. Für sie hieß das: Privatunterricht, keine Freunde, strenge Disziplin. Aber das war alles so lang her.
Nur die Erinnerungen würden ihr bleiben. Sonst nichts. Nicht einmal ein Foto mit der Familie, eines aus besseren Tagen. Ihre gesamte Vergangenheit war verschwunden, ausgelöscht, verbrannt.
Wie der Planet Petra.
Und dessen Bewohner.
 
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