Privateer - das Erwachen

<cries> DEACAN????!!!!! :mad:

The Maniac

P.S. - Is your sequeal to this like what Privateer 3 would be like?
 
So, back online...

Sorry folks - I work as "streetworker" in a school here in Germany and have a lot of work to do, but nearly no spare time (PISA calls in our scholl).

Btw - the english version is still in progress, and the german version is on its way to the printmachines.

Deacan

PS: in a few minutes there is more to come - for the german readers.
 
Wie geht es ihm?”
„Er ist noch ohne Bewusstsein, aber dieser Zustand wird nicht mehr lange anhalten. Er hat viel Blut verloren und wird noch einige Tage hier bleiben müssen.”
„Kann ich zu ihm?”
„Ich denke mal, das geht in Ordnung. Aber nicht lange.”
Die Krankenschwester wies der jungen Dame, die einen Aktenkoffer unter ihrem Arm trug, die Richtung zu der von ihr gesuchten Person. Die Schwester ging voran und blieb dann schließlich vor einer grauen Tür stehen.
„Zehn Minuten, nicht länger.”
Sie öffnete die Tür, die Frau nickte ihr dankend zu, dann betrat sie leise den Raum. Die Einrichtung hier war extrem spartanisch, aber dieses Hospital gehörte nun mal dem Militär.
Der Patient lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett, ein Druckverband verdeckte seine Schulter. Sonst konnte man keinerlei Verletzungen erkennen. Die junge Frau rückte ihre Bluse zurecht, griff sich einen Stuhl, schob ihn ans Bett und nahm Platz.
Sie hob den Aktenkoffer hoch, legte ihn sich auf den Schoss und entnahm ihm einige Formulare. Dann sah sie in Richtung des Patienten. Da der sich noch immer nicht rührte, beschloss sie, sich erst einmal den Akten zu widmen. Ein ziemlich großer Teil war bereits ausgefüllt worden. Der Mann hier, so stand es in den Papieren, hatte einen Absturz überlebt und war dann bewusstlos gefunden und hierher gebracht worden. Eine Zeugin, die gleichfalls den Crash überstanden hatte, war bereits verhört worden, ihren Angaben zufolge waren sie im Orbit von Hades angegriffen worden.
Die Frau schüttelte nur ungläubig den Kopf, als sie das las. Ein Angriff, noch dazu hier, wo sich das Hauptquartier der CIS befand, das war einfach unmöglich. Der Raum um Hades herum besaß ein Frühwarnsystem, das sich seit Jahren bewährt hatte. Niemand kam hier rein, ohne gescannt zu werden und das System hatte noch nie versagt.
Hinzu kam die Tatsache, dass es hier mehr Militärschiffe gab als irgendwo anders. Die Chance, ungesehen um Hades herum zu fliegen, lag bei Null.
Plötzlich griff jemand ihr an den Arm. Der Mann war aufgewacht, sah sie kurz an und ließ sie dann los. Er ließ seinen Blick quer durch den Raum wandern, dann fiel er zurück auf sein Kopfkissen.
„Der Hässlichkeit des Raumes nach zu urteilen bin ich auf Hades, im Militärhospital denke ich mal.”
Er holte tief Luft, sein Gesichtsausdruck wirkte schmerzverzerrt. Er sah zur Decke hinauf.
„Ich schätze mal, dass Sie nicht zur Zimmerdekoration gehören, oder?”
Sie sah ihn an.
„Schön zu sehen, das Sie noch Sinn für Humor haben.”
Noch bevor er etwas sagen konnte, fuhr sie fort. „Mein Name ist Sera Dana Manley. Und laut dieser Unterlagen sind Sie Ser Deacan Tron, Privateer, registriert auf Crius. Ich bin hier, um Sie zu den Ereignissen gestern im Orbit um Hades zu befragen.”
Deacan dachte kurz nach. Gestern? Verdammt, er hatte Zeit verloren, kostbare Zeit.
„Hören Sie, ich denke mal, dass Sie schon eine Aussage haben, von einer Dame namens Chyna McCumber. Ich habe ihrer Aussage nichts mehr hinzu zu fügen.”
„Sie haben den Report doch noch nicht einmal gelesen.”
„Ja, genau. Und so bleibt es auch. Noch Fragen?”
Dana Manley war einfach gesagt baff. Ihre Augen wurden groß, als sie sah, das er wankend aufstand, sich die medizinischen Sensoren von der Haut nahm und auf den einzigen Schrank im Raum zuging.
Er öffnete ihn - und er war leer. Langsam drehte er sich um.
„Sehr witzig. Wo sind meine Sachen und mein MACS?”
Manley verschränkte die Arme über der Brust. Ihr Blick wanderte an Deacan hinab. Der stand ohne Bekleidung im Raum, bis vor kurzem hatte die Bettdecke deren Funktion übernommen.
„Also bitte, gehen Sie.”
Sie wies mit ihrem Kopf in Richtung Tür. „Ihre Sachen bekommen Sie jedoch erst wieder, wenn wir uns unterhalten haben.” Sie hob den Stapel Papiere hoch.
Deacan strich sich entnervt mit der Hand übers Gesicht. Warum nicht. Dana Manley klopfte mit der Hand auf das Bett.
„Und je eher wir anfangen, desto schneller...”
Sie kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden. Die Tür ging auf, Deacan erkannte Chyna. Die blieb in der Tür stehen, ihr Blick ging von Deacan zu Manley.
„Darf man mitmachen?”
Sie ging einige Schritte in den Raum. „Oder störe ich euch bei etwas?” Gute Frage, die sogar ihre Berechtigung hatte. Da weder der Söldner noch Dana Manley etwas sagten, ging Chyna auf Deacan zu und blieb vor ihm stehen. Ihr Blick glitt an ihm herab.
„Warum ist er nackt?”
Manley holte Luft. „Sagen wir, Ihr Freund hier wollte gerade ohne Erlaubnis abreisen. Zum Glück, oder zum Pech für ihn, wissen wir das zu verhindern. Wer geht schon ohne Klamotten los, mh?”
Ohne ihren Blick von Deacan zu lassen, ging Chyna um ihn herum, wie zufällig streifte ihre Hand dabei seinen Körper.
„Und? Gefällt er ihnen?”
Sie drehte ihren Kopf in Manleys Richtung. „Ich denke, das es mir nicht zusteht, eine Meinung dazu zu äußern.”
„Gut.”
Chyna sah jetzt wieder auf Deacan. „Wenn er in diesem Aufzug bleibt, dann bin ich dafür, dass er noch ein paar Tage hier bleiben muss.” Sie hob mit der Hand Deacans Kinn leicht nach oben.
Erneut ging die Tür auf. „So, die Besuchszeit ist für...”
Die eintretende Schwester blieb wie angewurzelt in der Tür stehen. Sie sah kurz in die Runde, dann schloss sie wortlos und offenbar peinlich berührt die Tür. Eigentlich war nichts komisches an der Szenerie, trotzdem, weder Deacan noch Manley oder Chyna konnten sich das Lachen verkneifen.
 
Dana Manley hörte Deacans Ausführungen über eine Stunde lang zu und machte sich unendlich viele Notizen. Das Gespräch war sehr aufschlussreich, aber auch erschreckend. Wenn es die Piratenclans schaffen konnten, die Sicherheitssysteme von Hades zu umgehen, dann waren die anderen Planeten ein noch leichteres Ziel.
„Die Kreuzer hätten Alarm auslösen müssen. Wie zum Teufel haben die das gemacht?”
Manley kaute nervös auf ihrem Stift herum. Chyna hob die Schultern und schüttelte den Kopf. Deacan, der inzwischen wieder im Bett Platz genommen hatte und mit der Bettdecke seinen Körperbau verdeckte, sah zur Tür. Oder besser: durch sie hindurch. Er schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein. Manley holte ihn jedoch zurück.
„Ser Tron, wir wissen natürlich, dass der Verlust Ihrer Maschine auch durch unsere Nachlässigkeit mitverschuldet wurde.”
Na endlich kamen auch mal gehaltvolle Aussagen...
„Und?”
Dana Manley schien die passenden Worte für ihre Antwort zu suchen, man sah ihr eine gewisse Nervosität an.
„Nun ja, wir, wie soll ich es sagen - wir werden Ihnen ihre Maschine ersetzen. Insofern das möglich ist.”
Deacans Blick heftete sich an Manleys Augen.
„Ihre Ausflüchte können Sie sich sparen. Machen Sie es möglich, klar? Oder wollen Sie, dass jeder hier im Tri-System von der Unfähigkeit der CIS erfährt? Geben Sie es zu, Sie sind nicht von der Sicherheit. Sie arbeiten garantiert für das Milizkommando hier, nicht wahr?”
„Bitte für wen?” Chyna schien die Lage nicht ganz zu verstehen.
Dana Manley hingegen tat so, als wäre sie nicht gemeint.
„Meine Karte, Ser Tron, weist mich als offizielle Mitarbeiterin der Sicherheitskräfte hier auf Hades aus. Ich bin nicht mehr als eine kleine Angestellte, die ein paar Fragen beantwortet haben möchte.”
Sie versuchte sich in einer Unschuldsmiene.
„Ach ja?”
Deacan sah ihr tief in die Augen. Sie wusste nicht genau, was er als nächstes tun würde. Plötzlich sah der Privateer zur Tür, so als ob dort jemand herein kommen würde. Manley sah instinktiv in die neue Richtung.
Und machte damit einen kleinen Fehler. Denn Deacan war schnell. Schneller als sie glaubte. Mit einer blitzschnellen Bewegung der linken Hand griff er der völlig überrumpelten Dame hinten unter ihre Jacke.
Zum Vorschein kam eine kleine, halbautomatische Blasterwaffe. Die Mündung hielt Deacan ihr unter die Nase.
„Nettes kleines Spielzeug, nicht wahr? Eine Spectre mit Zielpunktprojektor, noch dazu fabrikneu. Die werden Sie wohl kaum draußen gekauft haben. Tut mir furchtbar leid, das Ding fiel mir bereits vorhin auf, als ich Sie von der Seite sah. Die Holster des Geheimdienstes sind zwar klein, aber sie sitzen ein wenig, sagen wir mal doof am Körper. Immer, wenn der Träger eines solchen Blasters sitzt, kann man das Griffstück sehen, es zeichnet sich deutlich unter dessen Kleidung ab. Reden wir?”
Manley überlegte kurz, dann griff sie langsam nach Deacans Hand mit der Waffe, umfasste sie und drückte sie nach unten.
Da er in ihr keine Bedrohung oder gar einen Feind sah, ließ er es zu.
„Ich warte.”
Deacans Blick war stechend, Manley kam es vor, als würde er sie durchschneiden. Manley wandte ihren Blick von Deacan ab, hin zur Tür. Wie auf Kommando öffnete sich diese.
Und Manley erhob sich, entfernte sich ein paar Schritte von Deacan und nahm militärische Haltung an. Deacans und Chynas Blicke blieben an der nun offenen Tür hängen.
Dort, in diffuses Licht gehüllt, konnten beide die Umrisse eines Mannes erkennen, der jedoch zögerte, einzutreten.
Der Privateer hasste solche Auftritte.
„Warum kommen Sie nicht rein? Oder sollen wir zu Ihnen raus kommen?”
Der Mann gab keine Antwort, senkte kurz den Kopf. Er schien wohl noch zu überlegen, ob sich ein Gespräch mit seinen Gästen lohnen würde. Dann gab er sich offenbar einen Ruck, betrat den Raum.
Deacan suchte sofort Blickkontakt. Kannte er den Mann? Sein Gesicht war aschfahl, blass und starr. Man sah ihm förmlich an, dass er mit riesigen Problemen zu kämpfen hatte.
Er trug eine Uniform, seltsamerweise ohne großartiges Dekor, keine Orden, keine Einsatzspangen, keine Rangabzeichen... Seine Schritte wirkten müde, er hob seine Füße kaum vom Boden ab. Auf seine Art und Weise wirkte er älter als er vermutlich war, Deacan schätzte ihn auf Mitte Vierzig.
„Ser David Hassan, habe ich recht?”
Chyna schnipste mit den Fingern. Der Mann verzog keine Miene, er nickte nur kurz.
„Schön zu sehen, dass mich wenigstens ein paar Leute noch kennen.”
Chyna sah zu Deacan, sie wies dabei mit den Kopf auf Hassan.
„Das ist der Typ, der vor ein paar Jahren die Lorbeeren für die Vernichtung des Clans geerntet hat. Sein Bild ging damals quer durch das gesamte Tri-System.”
Auch bei Deacan machte es jetzt „Klick”.
Hassan nickte seiner Mitarbeiterin kurz zu, die daraufhin ihre starre Haltung aufgab und sich wieder auf den Stuhl setzte. Hinter Hassan kam ein weiterer Mann zum Vorschein, offenbar ein Wachmann, er brachte zwei weitere Stühle herein. Hassan bot zuerst Chyna einen Platz an, bevor er sich selber auf die Sitzfläche des zweiten Stuhls fallen ließ.
Das also war er, Retter des CCN, das Genie hoch zehn.
Deacan lächelte etwas spöttisch. Kein Preis oder Geld des gesamten Tri-Systems wäre es wert, Hassans Position einzunehmen. Er war fest davon überzeugt, das Hassan ihn um Hilfe bitten würde. Dem CIS waren ja fast alle Privateers davongelaufen, und das sogar zu Recht.
Seit dem erneuten Auftauchen des totgeglaubten Clans hatten viele ihren Glauben in die CIS verloren, und noch weniger bauten auf den Geheimdienst hier.
Hassan saß nur still da. Er ahnte, das Deacan konsequent Nein sagen würde, egal was er ihm zahlen würde. Es musste also anders gehen.
„Ser Tron, ich muss sagen, das ihr Ruf sie treffend beschreibt. Also, die Sache mit Manleys Holster, ich wäre nicht darauf gekommen. Respekt.”
Der Privateer wirkte gelangweilt.
„Sind Sie hier, um meine Fingerfertigkeit zu bewundern? Wenn ja, tut es mir leid, ich gebe keine weitere Vorstellung. Lassen sie mich gehen, zusammen mit ihr.” Er wies auf Chyna.
„Gehen, und wohin?”
Dana Manley mischte sich ein. Hassan hob kurz die Hand, er unterband damit ihren weiteren Redefluss.
„Haben sie eine Ahnung, was passiert, wenn ihr kleines Abenteuer da draußen bekannt gemacht wird?”
Hassans Blick glitt ins Leere. Deacan zögerte nicht mit der Antwort.
„Wie lange können die das schon? Seit wann existiert diese Technologie, und woher stammt sie?”
Hassan suchte kurz nach einer Antwort.
„Wir wissen es nicht, aber das war der sechste Angriff, den wir nicht verhindern konnten. Und es wird immer schlimmer. Die verwendete Technologie ist unbekannten Ursprungs und uns ist niemand bekannt, der in der Lage wäre, so etwas zu bauen. Als einzige Konsequenz blieb uns die Verdopplung unserer Milizstreifen draußen, aber das wirkt auch nicht immer.”
Hassan gab Manley ein Zeichen, sie verstand sofort, kramte in ihren Akten und holte ein Dokument hervor, dass sie Deacan übergab. Während der das Schriftstück überflog, gab Hassan einige Erklärungen dazu ab.
„Eine Auflistung aller Vorfälle, die Zeitspanne beträgt etwa drei Monate. Bei vielen dieser Angriffe vermuten wir lediglich, dass die selben Jungs dabei waren, die auch ihren Jäger vom Himmel geholt haben. Alles Spekulationen. Es gibt kaum Beweise.”
„Bis jetzt.”
Manley übergab Deacan ein weiteres Blatt Papier. Sie wies mit ihrem Zeigefinger auf einen bestimmten Abschnitt.
„Der Angriff gestern hatte auch etwas Gutes. Zum ersten Mal haben wir einen Augenzeugen, oder besser zwei. Außerdem hat ihr Flugrekorder perfekt funktioniert.”
„Und?”
„Wir werten die Daten noch aus, aber es hat den Anschein, es ob zumindest die Kiowans einen Weg gefunden haben, die Energiesignaturen ihrer Schiffe zu minimieren, sodass sie von Fernaufklärungssensoren praktisch nicht mehr aufgespürt werden können.”
Deacan sah von den Akten auf.
„Klasse. Das erklärt einiges. Das gestern waren aber Papagos, und keine Kiowanpiraten, oder?”
„Ja, schon richtig. Wir wissen aber, dass die Kiowans die Ersten waren, die solche Systeme einsetzten. Die Papagos haben es vermutlich von ihnen gekauft.”
Hassan, der die ganze Zeit über nur still zugehört hatte, griff jetzt ein.
„Und genau hier liegt der kleine Fehler.”
„Fehler?” Chyna hakte nach.
„Chyna, Kiowans und Papagos, die zusammen arbeiten, das ist so, als wenn du versuchen würdest, einem Hund ein paar Flöhe schmackhaft zu machen. Die Typen würden sich eher gegenseitig abschlachten, aber doch nie Technologie oder gar Postkarten austauschen.”
Deacan legte die Blätter aus der Hand. Hassan ergriff wieder das Wort.
„Es muss jemanden geben, der beide Seiten mit diesem Zeug versorgt. Und wir wollen, dass dieser jemand schnellstens aus dem Verkehr gezogen wird, bevor der nächste Clan versorgt ist.”
Hassans Blick wanderte zu Deacan.
„Womit ich zu Ihnen komme.”
Der Söldner sah Hassan in die Augen.
„Nein, nein, vergessen Sie das mal schnell wieder. Ich habe weder die Zeit noch die Lust hinter Piraten herzujagen, die mein Radar unterwandern können. Tut mir leid, Hassan, aber ich arbeite gerade an einem anderen Problem, das vielleicht genau so wichtig ist. Außerdem ist es von persönlicher Natur und hat damit Vorrang, alles andere muss warten. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?”
„Nun, Ser Tron, normalerweise kann ich Sie nicht zwingen, uns zu helfen. In diesem Fall jedoch sieht die Lage etwas anders aus.”
„Sie können mich nicht zwingen, egal was sie vorhaben.”
„Ach ja? Wie sieht es zur Zeit mit ihren Jäger aus, mein Freund? Fliegen wird der garantiert nicht mehr, und vielleicht wissen sie ja, wie lange es manchmal dauern kann, ehe Ersatz da ist...”
Hassan dehnte die letzten Worte, er wollte ihnen wohl einen gewissen Nachdruck verleihen. Deacan dachte kurz nach. Hassan hatte dummerweise irgendwie recht. Ohne seinen Jäger wäre er aufgeschmissen. Aber den Lakaien für die CIS spielen, nein danke.
„Hassan, ich warne Sie. Legen Sie sich besser nicht mit mir an, Sie könnten verlieren.”
Eine recht simple Drohung, er ahnte, wie Hassan darauf reagieren würde. Und siehe da, Hassans Gesicht spiegelte ein düsteres Lächeln wieder, das einen frösteln ließ.
„Sie haben natürlich die Wahl. Für uns, oder ein paar Tage hier und etwa drei, vier Monate Bearbeitungszeit für die Wiederbeschaffung Ihrer Maschine. Also, wie sieht es aus?”
„Wir machen es, aber auf unsere Art.”
Chyna gab die Antwort für Deacan, noch ehe der etwas sagen konnte.
Sie erntete einen bösen Blick von Deacan, der gerne alleine entschieden hätte. Sicher, die Entscheidung wäre nicht anderes ausgefallen, trotzdem hätte er etwas drastischer reagiert, möglicherweise hätte er Hassan mal eben kurz die Nase verbreitert. Chyna wollte aber keinen Streit, so entschied sie kurzerhand.
Deacan winkte verärgert ab, was soll's, ändern konnte er sowieso nichts mehr. Hassan stand auf, und ging auf seine Mitarbeiterin zu.
„Sie werden natürlich mit Dana Manley zusammenarbeiten. Sie ist eine meiner besten Kräfte hier.”
Jetzt wurde Deacan richtig sauer. Er wies auf Chyna.
„Ich arbeite allein. Normalerweise. Mit ihr habe ich einen Passagier mit im Boot, ich kann keinen zweiten gebrauchen der wie ein Klotz am Bein ist.”
„Sie arbeiten mit ihr oder gar nicht. Ich diskutiere darüber nicht mit Ihnen. Sehen Sie das als Auflage von mir. Irgendwer muss Sie ja im Auge behalten, oder?”
Deacans Reaktion war eine Mischung aus bitteren Sarkasmus und Ironie.
„Chyna kann das auch allein.”
Hassan zog nur die Augenbrauen hoch. Er legte seine Hände auf Manleys Schultern.
„Ich beneide Sie nicht, um diese Aufgabe.”
Hassan suchte Augenkontakt zu seiner Mitarbeiterin.
„Viel Glück.” Er klopfte ihr auf die Schulter. Manley holte tief Luft, dann stand sie auf.
„Nun, Ser Tron, werde ich veranlassen, dass Sie ihre Bekleidung wieder bekommen. Ich warte dann draußen auf Sie.”
Deacan sah sie an. „Was wird aus meiner Maschine?”
„Eins nach dem anderen, Mister Privateer.”
Hassan war inzwischen zur Tür gegangen, er drehte sich noch einmal um und warf einen letzten Blick in den Raum. Sein Blick war voller Selbstzufriedenheit, vielleicht auch mit ein wenig Hoffnung.
Dieser Söldner hier war zwar nicht gerade sein Wunschkandidat, trotzdem schätzte er dessen Chancen sehr hoch ein. Deacan würde Hilfe brauchen, das war ihm klar. Er winkte Manley zu sich nach draußen und schloss hinter ihr die Tür.
„Manley, ich wünsche, dass Sie den beiden jede Hilfe bieten, die sie brauchen. Jede.”
Sie nickte kurz.
„Was ist mit seiner anderen Aufgabe?”
Hassan zögerte. Er kannte nicht die ganze Geschichte um die Ereignisse von Senator Angus Santana. Vielleicht gab es ja eine Verbindung. Hassan mochte Santana nicht, die Art und Weise wie er Kiowanpiraten Asyl gewährte und sich mit ihnen umgab, das war alles andere als zufriedenstellend. Noch nie zuvor hatte es jemand gewagt, einen solchen Schritt zu tun. Santana hatte behauptet, wenn man diesem Pack eine andere Umgebung bieten würde, wären sie zur friedlichen Koexistenz bereit.
Hassan traute der Sache nicht, am liebsten würde er Santana vor ein Gericht zerren und ihn der Kooperation mit Piraten anklagen, schuldig sprechen und anschließend exekutieren. Letzteres würde er sogar persönlich übernehmen. Noch war es aber nicht soweit.
„Lassen Sie ihn nur machen. Keine direkte Einmischung, klar? Erstatten Sie mir regelmäßig Bericht.”
Manley nickte erneut, Hassan legte seine Hände auf den Rücken und ging langsamen Schrittes davon.
Seine Agentin sah ihm nach. Bis zum heutigen Tag hatte Hassan noch nie persönlich Kontakt zu einen Privateer aufgenommen, mit einer Ausnahme: Lev Arris. Doch der war spurlos verschwunden, nach dem Tod von Kronos und der Vernichtung des zugehörigen Clans.
Wie auch immer, Hassan hatte Deacan Tron Hilfe angeboten und sie sollte dafür sorgen, dass er sie bekam. Sie warf noch einmal einen Blick auf Ser Trons Akte. Er schien nicht gerade begeistert zu sein, mit ihr arbeiten zu müssen. Es war wohl noch eine Menge Überzeugungsarbeit nötig, bis er sie zu schätzen lernen würde.
Immerhin - sie konnte nahezu alles organisieren. Das würde Deacan schnell merken.
Sie griff zu ihrem MACS und öffnete einen Kanal.
„Manley an Staring. Ich komme in ein paar Minuten zu Ihnen. Es geht um den Jäger für Ser Tron, ich hoffe inständig, dass er fertig ist. Manley Ende.”
Laut Anzeigedisplay hatte die Nachricht ihren Empfänger erreicht, die Bestätigung konnte sie lesen.
Ein Mitarbeiter des CIS trat an sie heran, er trug ein Bündel unter seinem Arm. Die Agentin wies auf die Tür hinter ihr.
„Sagen Sie bitte dem Mann dort drinnen, dass er sich etwas beeilen soll, ja?”
Der Mann nickte und öffnete die Tür. In ein paar Stunden würde Deacan wieder unterwegs sein, und sie würde wie sein eigener Schatten an ihm dran bleiben.
 
Auf dem Weg zu den Hangarhallen des CIS zeigte sich, das Deacan noch nicht voll wieder da war. Seine Schritte waren unsicher, sein Atem ging schwer, der Schmerz in der Schulter machte sich jetzt wieder stärker bemerkbar, man konnte das sehr deutlich an seinen Gesichtszügen erkennen.
Er aber schwieg, unterdrückte den stechenden Schmerz und versuchte, sich auf Sera Manleys Ausführungen zu konzentrieren. Und Manley hatte viel zu erzählen.
Zu viel nach Deacans Meinung. Es ging hauptsächlich um Fakten und Analysen diverser Kiowanschiffe im hiesigen Sektor.
Chyna hörte ebenfalls zu, sie war aber eher um ihren Freund besorgt. Sie sah ihm die Schmerzen an und blieb dicht an seiner Seite, bereit ihm beim ersten Anzeichen eines Schwächeanfalls Hilfe leisten zu können.
„Ser Tron, wir haben es uns erlaubt, ein paar zusätzliche Modifikationen an ihren MACS durchführen zu lassen. Es beinhaltet jetzt Zugangscodes zu Datenbänken der CIS, außerdem die wichtigsten Standorte von Großkampfschiffen der Miliz. Sie haben jetzt auch die Möglichkeit, auf Trägern unserer Flotte zu landen, dort Reparaturen ausführen zu lassen oder einfach nur Waffen zu kaufen. Ein zusätzlicher Schutzfaktor, ich hoffe, das sagt Ihnen zu.”
Deacan sah weiterhin stur nach vorne.
„Andockgenehmigungen also. Interessant. Aber mal was anderes: meine Maschine.”
Manley wurde erneut sichtlich nervös.
„Ihre Maschine, nun ja, wir konnten leider keine Drakkar auftreiben.”
Deacan blieb stehen, sein Blick wanderte langsam hin zu Manley.
„Was habt ihr dann für mich?”
Statt zu antworten, wies Manley mit der Hand auf ein großes Tor. Der Hangar der CIS. Hier also standen sie, die Jäger der Miliz, zu Hunderten wurden sie hier umgerüstet. Ständig gab es neue Technologien, die installiert werden mussten.
Und irgendwo hier stand ein Jäger, der darauf wartete, in Deacans Besitz überzugehen.
Manley öffnete die Tür mittels MACS und einem Scann ihrer Hand. Das Tor schob sich langsam nach rechts, dahinter sah man jede Menge von Rollwagen stehen, auf denen sich Tausende von Raketen befanden. Deacan und Chyna folgten Manley mit einigem Abstand. Die winkte einem der Mechanikern zu, der darauf sofort seine Arbeit liegen ließ und ihr entgegen eilte.
„Ja, Sera Manley, was kann ich für Sie tun?”
„Wo ist Staring?”
Der Mechaniker zeigte in den hinteren Bereich des Hangars.
„Er ist in Sektion zwei und legt wohl letzte Hand an eine Privatmaschine.”
„Vielen Dank.”
Manley drehte sich um, mit einer Kopfbewegung forderte sie Deacan und Chyna auf, ihr zu folgen.
Je weiter sie in den Hangar kamen, desto größer wurde alles, angefangen von den Raketen bis zu den abgestellten Jägern. Schließlich blieb Manley vor einer kleinen Maschine stehen, unter der ein Mechaniker arbeitete.
„Staring.” Es war laut hier, offenbar hörte der Mann sie nicht.
„Staring!”
Manley schrie regelrecht in seine Richtung. Verdutzt sah der Mann von seiner Arbeit auf, dann erkannte er jedoch sofort Manley und stand auf. Er versuchte seine Hände vom Öl zu säubern, was ihm jedoch nur teilweise gelang.
„Sera Manley, ich freue mich, Sie mal wieder hier unten begrüßen zu können.”
Er warf einen skeptischen Blick auf seine rechte Hand, entschied dann jedoch, dass es wohl besser sei, seiner Kollegin nicht die Hand zu schütteln.
„Tja.” Er wischte seine Hand verlegen an seinem Overall ab, Manley verstand die Geste.
„Wir verzichten heute mal auf den Händedruck. Was macht der Jäger, um den ich Sie gebeten hatte?”
Staring rückte sein Basecap zurecht.
„Steht hinter mir. Soll er ihn bekommen?”
Er machte eine Bewegung mit dem Kopf in Richtung Deacan.
„Ja. Zeigen Sie ihm das nötigste, Sie brauchen dabei aber nicht ins Detail zu gehen. Er fliegt ja nicht zum ersten Mal.”
Manley ging einen Schritt zur Seite, Staring ging auf Deacan zu und musterte ihn erst einmal.
„Habe gehört, dass Sie vorher eine Drakkar geflogen sind?”
Deacan wand seinen Blick von Staring ab und ging an ihm vorbei auf die hellgraue Maschine zu, die hinter ihm stand.
„Als ich sagte, dass ich einen neuen Jäger brauche, da hatte ich eigentlich etwas anderes im Sinn als das hier.”
Staring hielt seinen Abstand zu Deacan ein.
„Das Baby hier ist aber auch nicht schlecht. Okay, sie ist nicht so schnell und so schwer bewaffnet wie Ihre alte Mühle, dafür ist sie viel beweglicher. Die Schilde sind zwar nicht gerade berauschend, laden sich dafür aber um so schneller wieder auf. Außerdem ist die Panzerung stärker.”
Deacan tauchte kurz unter dem Bug der Maschine weg, er wollte sich die andere Seite seines neuen Gefährts ansehen.
„Dann fliege ich jetzt also eine Duress, ja?”
Sera Manley, die erneut ihre Nase in die Akten steckte, ging einen Schritt auf den Söldner zu, um nicht so brüllen zu müssen.
„Ser Tron, Ihr alter Jäger hatte einen Mehrwert von fünfzigtausend Credits. Wir haben Ihnen dieses Geld auf Ihr Konto überwiesen. Falls Ihnen die Duress nicht gefällt, steht es Ihnen natürlich frei, sich wieder einen anderen Jäger zu kaufen. Ich bin allerdings der Meinung, dass Sie damit einen Fehler begehen würden.”
Der Söldner tauchte am Heck der Duress wieder auf, er klopfte gegen die Verkleidungen der Triebwerke.
„Einen Fehler?”
„Diese Maschine enthält ein paar nette kleine Spielsachen, ein Blindfire zum Beispiel, völlig überarbeitete Karten des Tri-Systems, die Möglichkeit, den Funk im gesamten Umkreis von etwa dreihundert Kilometern mitzuverfolgen.”
„Und ansonsten ist alles auf den selben technischen Stand wie bei meiner alten Maschine?”
„Aber ja. Sogar die Kravenlaser sind wieder montiert. Noch Fragen?”
Deacan löste sich von der Maschine und ging auf Chyna zu.
„Was denkst du?”
„Nicht schlecht. Das Design gefällt mir sogar besser. Nimm sie und denke nicht weiter darüber nach. Du kriegst sogar noch Geld raus, was willst du mehr?”
Deacan strich sich mit der Hand unters Kinn und sah fragend auf den Jäger. Sollte er tatsächlich diesen Deal annehmen? Chyna schien begeistert zu sein. Er konnte diese Stimmung nicht so ganz nachvollziehen, seine Gedanken kreisten um seine eigene Zukunft. Es hatte so einfach begonnen, um dann immer verstrickter zu werden.
Er sah auf Manley, die nervös von einem Fuß auf den anderen trat.
„Zeitdruck?”
Die Dame nickte.
„Ich habe noch jede Menge Arbeit vor mir, schließlich sind Sie ja nicht der einzige Mitarbeiter unseres Teams.”
„Unseres Teams? Es gibt also noch andere Schwachsinnige, die den Kram hier für euch machen?”
„Aber ja. Sie wären überrascht, wie viele das tun.”
Deacan sah kurz in die Runde.
„Interessant. Sie lügen, ohne rot zu werden.”
„Man lernt das hier sehr schnell, glauben Sie mir. Aber Themenwechsel. Nehmen Sie das Teil nun oder nicht?”
Sie zeigte auf die Duress. Eigentlich hätte er abgelehnt, aber Chyna hatte schon entschieden. Moment, seine Begleitung hatte jetzt Entscheidungsgewalt? Nicht mehr er selbst?
Ein kurzer Blick auf Sie, und ihm wurde klar, dass er es irgendwie brauchte, dass jemand ihm ein paar Entscheidungen abnahm.
„Abgemacht.”
Per Handschlag besiegelte er den Deal und aus den Augenwinkeln sah er wieder dieses seltsame Funkeln in Chynas Augen.
Dana Manley machte sich kurz eine kleine Notiz, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ mit eiligen Schritten den Hangar. Der Mechaniker war inzwischen wieder an seine Arbeit gegangen und Deacan war wieder mit Chyna allein.
Seine Augen wanderten über seine Neuerwerbung, die Duress war nur in sehr geringen Stückzahlen auf dem Markt vertreten und es gab Piloten, die diese Maschine so beschrieben: „looks like a beauty, flies like a beast“. Das Design war aber wirklich nicht schlecht, in diesem Punkt hatte Chyna recht.
Diese trat näher an Deacan heran und legte ihre Arme von hinten um seine Hüfte. Erstaunt zog Deacan die linke Augenbraue hoch und drehte seinen Kopf nach hinten. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter, sodass er den Geruch ihres Parfums einatmete.
Wortlos blieben sie so stehen, Deacan strich ihr übers Haar.
 
Militär, Soldaten, Händler, weitere Soldaten... mehr bekamen Deacan und Chyna nicht zu sehen, als sie den Hangar verließen und nach einer geeigneten Bleibe Ausschau hielten.
Mehr gab es aber auch hier nicht zu sehen. Hades war der vielleicht langweiligste Ort im gesamten Tri-System. Sehenswürdigkeiten? Gab es hier nicht, eine Ausnahme bildeten die Gefängnishöhlen, die man aber normalerweise nicht zu Gesicht bekam, zumindest nicht regulär.
Die öde und farblose Landschaft schien auch irgendwie auf die Bewohner abzufärben, man konnte sich ein Gespräch mit den Leuten hier sparen, es sei denn, man konnte nicht schlafen und besaß kein Geld für entsprechende Tabletten.
Chyna hatte Deacan zum Essen eingeladen, die beiden wählten schließlich ein kleines Lokal, das normale Hausmannskost anbot. Der Saal war recht voll, und beide kümmerten sich nicht um die anderen Gäste. Sie waren, wie viele andere hier, tief in ihr Gespräch versunken.
Keine zwei Tische von Deacan und Chyna entfernt saßen zwei sehr junge Damen, die sich offenbar nach Arbeit umsahen. Zumindest hatten sie ihre MACS in den Händen und gingen die aktuellen Steckbriefe der Kopfgeldjäger durch. Hier ließ sich immer etwas lukratives finden.
Die zwei hatten ihr Essen bereits hinter sich, nur ein paar Getränke standen noch auf ihrem Tisch.
„Weißt du, ich finde, wir sollten uns mal nach ehrlicher Arbeit umsehen.”
Ein böser Blick war die Antwort für diesen Satz.
„Ivy, sag mal, du willst doch weiterhin mit mir fliegen, oder?”
„Sicher.”
„Dann hör auf, von ehrlicher Arbeit zu reden, klar? Das hier ist ehrliche Arbeit, und noch dazu gut bezahlte.”
Ivy beschloss, besser keine Antwort zu geben. Ihre Freundin Teanna hatte hier das Schlusswort, egal, um was es ging. Sie hatte sich damit abgefunden und lebte damit nicht mal schlecht. Es war auf jeden Fall besser als das spießige Leben zu Hause, wo sie einen Beruf bekommen hätte, der ihr niemals gefallen hätte.
Aber als Weltraumtramp, wie sie sich selbst gerne bezeichnete, bekam sie, was sie immer wollte: Adrenalin pur, jede Menge Spaß und das wichtigste natürlich, Geld.
Seit zwei Jahren war sie jetzt schon an Bord der Dark Spirit, Teanna hatte sie das Fliegen von Grund auf gelehrt und sie selbst hatte schon erste Erfolge zu verzeichnen. Das einzige Problem, das es gab: Teanna suchte sich stets Aufträge heraus, die Ärger mit sich brachten. Die Kosten für nachfolgende Reparaturen nahm sie lachend in Kauf, Hauptsache Kollege Spaß war wieder an Bord.
Teanna lehnte sich zurück. Die Summen für die Ergreifung von Piraten waren in letzter Zeit seltsamerweise rückläufig, es wurde langsam aber sicher schwierig, über die Runden zu kommen.
Gerade dachte sie schon, etwas passendes gefunden zu haben, als sie eine Mail entdeckte, die keinerlei Namen trug. Lediglich das Wort „Dringend” war zu lesen.
Sie beschloss, einen Blick zu riskieren. Es kostete ja nichts, außer vielleicht etwas Zeit. Die Mail baute sich auf, und Teannas Augen wurden groß.
Fünfzehntausend Credits! Das war zwar nicht genug Geld, um in den Ruhestand zu gehen, aber clever angelegt eine nette kleine Altersvorsorge. War nur noch die Frage offen, wofür jemand so viel Geld bezahlte.
Auf dem Display erschien ein Foto, es zeigte das Gesicht eines Mannes, schätzungsweise fünfundzwanzig Jahre alt. Teanna aktivierte den Textmodus. Ser Deacan Tron stand da, Alter vierundzwanzig, Geburtsort Tersa. Zur Zeit mit unbekanntem Ziel unterwegs. Schiff: Drakkar. Letzte Sichtung: Hermes.
Der Grund für den kleinen Mord verschwieg der Absender, er stellte lediglich das Geld dafür in Aussicht. Teanna war das aber sowieso egal. Hier gab es Geld zu machen, es wartete nur darauf, ergriffen zu werden.
Sie reichte das MACS zu Ivy über den Tisch.
„Wie wär's damit?”
Ihre Partnerin warf einen kurzen Blick auf den Auftrag, dann schüttelte sie den Kopf.
„Bist du irre? Wer weiß, was der Kerl auf den Kerbholz hat. Wie der ausschaut, ist das mit Sicherheit ein Killer, der jetzt seinem Auftraggeber lästig wird. Lass die Finger davon.”
Teanna riss Ivy wütend das MACS aus der Hand.
„Du liest zuviel Nachrichten, meine liebste Ivy. Ich denke eher, da versucht ein kleiner Angestellter seinen Chef zu feuern, um dann selber an dessen Posten zu kommen.”
Ivy schmollte. „Ein Firmenchef, der selber fliegt? Hör dir mal selber zu, du redest einen Mist daher.”
„Ach ja? Egal, wer der Typ ist und was er getan hat, er ist auf jeden Fall etwas wert. Ich denke, wir haben hier einen neuen Auftrag.”
Sie übernahm den Auftrag und speicherte ihn auf ihrem MACS ab. Dann sah sie wieder auf Ivy.
„Wie viel Geld haben wir noch?”
„Alles in allem? Na ja, so rund vierhundert Credits.”
Teannas Gesichtsausdruck verriet, dass sie am Grübeln war, nervös rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her.
„Tja, das heißt für uns, keine neuen Raketen. Egal, wir putzen den Typ halt eben per Laser aus dem All. Kein Problem.”
Kein Problem. Ivy hatte diesen Satz schon so oft gehört. Irgendwann würde ihre Glückssträhne mal ein Ende haben, und kein Jäger der CIS würde ihnen zu Hilfe kommen.
Beim letzten Mal hatten sie nur in der sicheren Nähe eines Kreuzers der CIS gewartet, bis ihr Opfer nahe genug heran war. Dann reichten zwei billige Snipe-Raketen aus, um der Sache ein Ende zu machen. Hoffentlich war das hier nicht eine Nummer zu groß für die beiden.
Ivy sah gelangweilt in ihr Glas. Teanna bemerkte ihr Verhalten und beschloss, etwas dagegen zu unternehmen.
„Kannst du dich noch an den Typ erinnern, den wir vor drei Monaten dran hatten?”
Ivy sah auf.
„Wie könnte ich den je vergessen? War ganz schön fies von dir, den Kerl erst heiß und dann kalt zu machen. Aber so bist du nun einmal.”
Teanna kniff die Augenlider zusammen. „Hoffentlich werde ich mich niemals ändern müssen.”
Dann sah sie zur Decke hoch.
„Hör mal, wenn ich jemals ein Langweiler werde, würdest du mir dann einen Gefallen erweisen?”
Ivy grinste.
„Kein Problem, ich erschieße dich dann. Abgemacht.”
Um diesem Satz noch den notwendigen Nachdruck zu verleihen, reichte Ivy ihre Hand quer über den Tisch, Teanna erwiderte nichts. Sie war die Frechheiten ihrer Partnerin durchaus gewöhnt.
Ihr Blick glitt quer durch den Raum. Jede Menge Spießer saßen hier rum, alles Pappnasen und Schlappaffen. Und jede Menge von Leuten, die schon vor Jahren ihr Verfallsdatum überschritten hatten.
Und dann noch... Teanna sah erst einmal hin. Sie schloss die Augen, schüttelte den Kopf. Augen wieder auf. Keine Veränderung.
Konnte das sein? Nein, soviel Glück hatten doch normalerweise nur die Dummen! Also, noch mal die Augen zu.
Ivy sah sie an.
„Knallst du jetzt durch? Oder ist deine Garantie abgelaufen?”
Teanna gab keine Antwort. Sie holte noch einmal tief Luft, dann machte sie die Augen wieder auf. Kein Zweifel! Nur zwei Tische entfernt saßen ihre fünfzehntausend Credits.
Sie wollte schon zu ihrer Waffe greifen, als ihr etwas dummes einfiel. Sie war auf Hades. Und hier war das Waffentragen streng verboten.
Verdammt! Ihr Blaster befand sich im Cockpit der Dark Spirit, unerreichbar im Moment. Ivy hatte die ganze Sache immer noch nicht verstanden.
„Hallo, jemand zu Hause?”
Sie fuchtelte mit ihren Händen wild vor den Augen ihrer Partnerin herum. Teanna griff nach Ivys Händen und hielt sie fest.
„Lass den Unsinn. Sieh mal unauffällig da rüber.”
Ivy sah rüber, nur sehen konnte sie Deacan nicht, ein älterer Mann versperrte ihr die Sicht.
„Was willst du von mir? Und wieso zeigst du mir den alten Opa?”
Teanna überlegte kurz, dann packte sie ihre Freundin am Kragen, zog sie quer über den Tisch, so das sie jetzt auch Deacan sehen konnte. Ihr blieb der Mund offen stehen.
„Und jetzt?”
Teanna überlegte.
„Ich würde ihn ja gleich abknallen, aber mein Blaster liegt im Jäger. Wir warten hier und beobachten, was passiert.”
„Was ist mit seiner Freundin?”
„Was soll sein? Solange sie sich uns nicht in den Weg stellt, bleibt sie am Leben. Klar?”
Ivy nickte, dann fiel ihr aber noch etwas ein.
„Was ist mit dem Trinkgeldpinguin?”
Sie wies mit ihrem Kopf in Richtung des Kellners.
„Kein Problem. Dann bestellen wir halt eben noch was zum Trinken. Ich will auf keinen Fall leer ausgehen. Schönes Leben, ich komme!”
 
Und so bekamen Deacan und Chyna einen weiteren Schatten hinzu.
Teanna und Ivy waren bemüht, nicht großartig aufzufallen, ein nicht gerade leichtes Unternehmen. Den ihre Zielobjekte waren gerade erst dabei, mit dem Essen anzufangen und Grund zur Eile hatten sie nicht. Teanna und Ivy waren allerdings gezwungen, ein paar Gläser mehr oder besser zuviel zu sich zu nehmen.
Im Endergebnis wechselten sie sich mit spionieren und zur Toilette gehen ab.
Endlich, nach über einer Stunde, machten sich Chyna und Deacan auf den Heimweg. Sie hatten inzwischen per MACS ein passendes Hotel gefunden.
Außerdem wollte Deacan Chyna noch ein wenig herum führen, er kannte Hades sehr gut und wusste, wo der Planet schöne Ecken besaß. Gerade in der Nacht konnte man hier ein phantastisches Naturschauspiel sehen. Es spielte sich allerdings nicht auf Hades selbst ab, sondern fand vielmehr auf einen der Monde statt.
Die intensiven Strahlen der Sonne ließen die dünne Atmosphäre des Mondes glühen, in bizarren Farben leuchtete er vom Himmel herab.
Dieses weithin sichtbare Licht hatte unter den Privateers den Namen Hell’s Light bekommen, wohl eine Anspielung auf Hades und seinen Hochsicherheitstrakt. Wie gesagt, eigentlich wollte Deacan das Schauspiel am Himmel genießen.
Er bemerkte aber sehr schnell, das zwei Gestalten sich wohl mehr für ihn als für den Mond und dessen Licht interessierten. Der Privateer ging extra einige Umwege, und sein Verdacht bestätigte sich.
Er schätzte, das es zwei Frauen waren, die ihn da auf den Fersen waren. Das Schrittempo und dazu der Klang von hohen Absätzen auf dem Asphalt waren sichere Anzeichen dafür. Blieb nur die Frage, wer das war und was man von ihn wollte.
Er zog Chyna kurzerhand in eine finstere Gasse. Seine Verfolger gingen ihn nach - und blieben verdutzt stehen.
Denn Deacan war weg. Seine Begleitung ebenso. Ein leises Fluchen ging durch die Gasse.
„Verdammt, Ivy, wir haben sie verloren.”
„Aber sie sind doch hier rein gegangen. Sie können nicht weit weg sein.”
Teanna verzog ihr Gesicht.
„Also gut. Komm, wir kehren zum Jäger zurück. Er wird früher oder später im Orbit auftauchen. Außerdem haben wir seine ID-Nummer, wir können also seine Maschine identifizieren. Einverstanden?”
„Also gut, gehen wir.”
Teanna und Ivy machten kehrt. Und etwa zwei Schritte, als sie gegen etwas knallten.
„Ups.”
Teanna, die ihren Blick nach unten gesenkt hatte, blickte jetzt langsam auf. Ein Paar Stiefel, eine dunkle Hose, ein langer, schwarzer Mantel. Eine Weste in der gleichen Farbe. Dann sah sie in das dazu gehörende Gesicht. Langes Haar, dunkler Drei-Tage-Bart.
Deacan Tron. Mist!
Kehrtwendung um einhundertundachtzig Grad.
Und gleich wieder ein Hindernis.
Wieder gingen die Blicke von unten nach oben. Schwarze Klamotten, eindeutig zu einer Frau gehörend. Wieder langes Haar, diesmal allerdings leicht gewellt. Die Farbe war ähnlich wie die von Deacan. Das Gesicht schmal, leicht nach oben stehende Stupsnase.
Deacans Begleitung! Verflucht, sie waren entdeckt worden! Jetzt war guter Rat teuer.
„Schöne Nacht, nicht wahr?”
Teanna hörte hinter sich die Stimme Deacans. Was sollte sie antworten? War es überhaupt klug, Antwort zu geben?
Trick siebzehn, sich dumm stellen. Das fiel ihr ein. Hatte bisher immer geklappt.
„Oh, Entschuldigung! Meine Freundin hier dachte, das sie ein berühmter, äh...”
„...Ja, ein berühmter Kopfgeldjäger wären. Wir haben uns wohl geirrt.”
Ivy hatte die Schwierigkeiten erkannt und half Teanna aus der Patsche. Teanna sah Ivy kurz an, in ihren Augen konnte man die Worte „Klasse Antwort und prima Ausrede” sehen.
„Wir gehen dann mal besser wieder, schönen Abend noch.”
Mit diesem Satz versuchte Teanna eine Art Schluss-Strich unter die ganze Sache zu ziehen. Sie wollte nur weg hier, bevor es sich der Kerl noch anders überlegen konnte und mit ihr Dinge machen würde, die sie ihren schlimmsten Feind nicht wünschen würde.
Deacan aber regte sich nicht. Auch Chyna blieb regungslos stehen. Teanna schluckte - noch nie war sie in einer derartigen Situation gefangen gewesen. Wie ging es jetzt also weiter? Teanna glaubte zu spüren, dass Deacan näher an sie heran trat. Sie sah auf den Boden, hoffte einen Schatten von ihm zu sehen, der ihr Gefühl bestätigen würde.
Doch nichts dergleichen war zu sehen. Deacan stand noch immer am gleichen Platz, genau wie Chyna. Er hatte genug von der festgefahrenen Situation.
„Ich denke, meine liebe Chyna, wir haben hier ein kleines...”
Weiter kam er nicht. Er vernahm ein Geräusch, einen Ton, der ihm nur zu vertraut war. Dieses Geräusch entstand, wenn Energie aus einer Speicherzelle in die Vorfeuerkammer einer Waffe geleitet wurde. Es gab nichts, was ähnlich klang.
In der Nähe hatte jemand einen Blaster scharf gemacht. Er war bestimmt keine zehn Meter weit entfernt.
Instinktiv wanderten Deacans Augen umher. Chyna hatte den Ton ebenfalls gehört.
„In Deckung!”
Chyna riss Ivy zu Boden, während Deacan Teanna mit zu Boden nahm. Keine Sekunde zu früh! Mehrere Salven peitschten durch die Gasse, etliche davon gingen haarscharf an ihren Zielen vorbei. Der Schütze besaß offensichtlich kein optisches Zielgerät und schoss grob über den Daumen gepeilt auf seine Opfer.
Ein kleiner Pluspunkt für das unfreiwillige Quartett also. Teanna lag mit dem Gesicht zum Boden, sie versuchte aufzustehen, aber Deacan drückte ihren Kopf zurück auf das Kopfsteinpflaster.
„Unten bleiben. Oder willst du in einer Kiste hier raus getragen werden?”
Nein, ehrlich gesagt hatte Teanna noch nicht vor, ins sprichwörtliche Gras zu beißen. Wider Willen blieb sie also liegen.
Der Söldner überlegte. Aufstehen war unmöglich. Und früher oder später würde der Schütze einen Volltreffer landen. Doch die Schüsse bekamen plötzlich einen anderen Klang, als ob die Waffe gewechselt worden wäre. Und die Salven gingen nicht mehr in ihre Richtung.
Der Rauch begann sich zu verziehen, und eine Gestalt tauchte am anderen Ende der Gasse auf.
Der Attentäter? Deacan sah zweimal hin, dann legte sich ein Lächeln auf seine Lippen. Er stand auf, wischte sich den Staub vom Mantel.
„Warten Sie immer so lange? Oder wollten Sie Ihren Auftritt nur ein wenig dramatischer gestalten, Sera Manley?”
Chyna sah auf. „Manley?”
„Klasse! Kein „oh, vielen Dank für die Rettung”, mh? Wie sagt Hassan doch immer so schön? Egal, was du auch tust, nie wird man dir richtig danken.”
Die Agentin ging langsamen Schrittes in die Gasse hinein. In ihrer rechten Hand trug sie einen Blaster, der wohl kaum noch größer hätte sein können.
Deacan ging auf sie zu. Er wies auf ihre Waffe.
„Sie mögen es wohl groß?”
Manley zögerte nicht mit der Antwort.
„Neidisch, was?”
Anstatt zu antworten, gab er ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
„Danke, Manley.”
Sie richtete die Mündung ihrer Waffe auf den Boden.
„Ich denke, das war es wert.”
Chyna war inzwischen auch wieder auf den Beinen. Sie nickte dankend in Manleys Richtung. Teanna und Ivy lagen immer noch auf den Boden und gaben keinen Mucks von sich. Manley ging auf sie zu.
„Neue Freunde von Ihnen?”
Deacan kam hinzu.
„Schwer zu sagen. Die beiden sind über eine dreiviertel Stunde hinter uns her gelaufen. Ich bin echt mal gespannt, warum.”
Chyna ging auf Ivy zu. „Hallo. Chyna McCumber.”
Sie reichte ihr die Hand hin, sowohl zur Begrüßung als auch als Hilfe, um aufzustehen. Ivy drehte ihren Kopf zu Chyna, dann ergriff sie ihre Hand.
„Ivy Susan Banks.”
Deacan ging auf Teanna zu. „Und Sie?”
Teanna stand allein auf, warf einen kurzen Blick auf Manley oder besser auf die Waffe, die sie bei sich trug.
„Teanna Tasker.”
Manley schien überrascht.
„Tasker? Etwa die Tochter von Allan Tasker?”
Teanna nickte. „Falls Sie jetzt vorhaben sollten, mich meinem Vater zu übergeben, vergessen Sie es besser schnell wieder.”
Deacan rückte näher an Sera Manley heran.
„Sie kennen die Kleine?”
„Aber sicher. Allan Tasker ist Captain der CIS Truppen im Bereich vom Planten Petra. Er lässt seit knapp drei Jahren nach ihr suchen. Es gab wohl Streit um ihren Lebensstil, habe ich recht?”
Teanna verschränkte ihre Arme vor der Brust.
„Geht Sie nichts an. Themenwechsel. Ich will, dass Sie diesen Mann da verhaften.”
Sie dachte kurz nach. „Nein, besser Sie knallen ihn gleich ab.”
Sie griff zu ihren MACS, öffnete die Mail um den Auftragsmord. Eine ganz legale Sache hier im Tri-System.
Manley warf einen Blick auf die Zeilen, dann sah sie Deacan an.
„Die Probleme haben gerade angefangen, mein Freund.”
Dann wandte sie sich wieder Teanna zu.
„Ich werde nichts dergleichen machen, verstanden?”
Ivy kam hinzu.
„Soll das heißen, dass Sie nicht für die CIS arbeiten? Wenn das so ist, haben Sie soeben eine Straftat begangen, indem Sie eine Schusswaffe mit sich führen. Immerhin sind wir hier auf Hades.”
„Ach ja?”
Die Agentin hob die Waffe leicht an, die Mündung zeigte jetzt auf Teanna und Ivy.
„Was wollt ihr dagegen machen, vielleicht mich anzeigen?”
Sie griff in die Innentasche ihrer Jacke. Zum Vorschein kam eine ID-Card, die sie den beiden unter die Nase hielt. „Special Service, CIS.”
Deacan wandte sich lachend ab.
„Die Katze ist aus dem Sack. Warum dauert das so lange bei Ihnen, Manley?”
„Ist eben meine Art von Kreativität, mein werter Ser Tron.”
Sie sah wieder auf Teanna und Ivy.
„Dieser Mann ist ein wichtiger Zeuge für uns. Eliminieren Sie ihn, und wir kriegen Sie dran, versprochen.”
Teanna schien unbeeindruckt.
„Sie drohen mir? Eine einzige kleine Nachricht an meinen Dad, und Sie sind Geschichte.”
„Ihr Vater kann sie nicht schützen. Wir sind hier und überall im Tri-System die oberste Behörde, uns unterstehen alle. Ohne Ausnahme. Verstanden?”
Manleys knappe Worte, ausgesprochen mit ziemlicher Härte und Betonung, schienen ihre Wirkung nicht zu verfehlen.
„Wir werden ja sehen.”
Teanna wandte sich leicht eingeschnappt ab. Verdammt, wieso musste sie auch unbedingt diesen Auftrag auf Hades bekommen? Jeder andere Planet, und sie und ihr Blaster hätten den Auftrag schon längst erledigt gehabt.
„Ser Tron, wollen Sie nicht wissen, wer da auf Sie geschossen hat?”
Die Agentin wies in die entsprechende Richtung der Gasse. Deacan runzelte die Stirn.
„Ist denn noch was von dem übrig?”
„Mal sehen. Kommen Sie.”
Nicht nur Deacan und Chyna folgten Manley aus der Gasse, auch Teanna und Ivy schienen Interesse zu haben.
„Da schau her! Schön durch, oder etwa nicht?”
Nicht ganz ohne Stolz blieb die Schützin vor den Überresten des Attentäters stehen. Viel war nicht mehr da. Man konnte nur noch wage erkennen, dass es einmal ein Mensch gewesen sein musste. Deacan war alles andere als erfreut.
„Nächstes Mal bitte ein paar Stufen weniger Energie, ja? Was sollen wir denn damit jetzt noch anfangen, wenn ich mal fragen darf.”
Manley verdrehte die Augen.
„Tut mir ja auch leid, aber ich hatte keine große Wahl.”
Er griff nach der Waffe in ihren Händen.
„Hier steht aber deutlich: Strahlenintensität Stärke Eins bis Neun. Keine Zeit zum Lesen, mh?”
„Eher keine Lust.”
Deacan kniete sich vor die Leiche, um sie genauer in Augenschein zu nehmen.
„Auf jeden Fall ein Mensch. Und nicht sonderlich groß. Sie sollten ein Spurensicherungsteam rufen, vielleicht ist ja noch etwas DNS vorhanden.”
Manley nickte und griff zum MACS. Deacan winkte Chyna zu sich, er begab sich etwas abseits von den Beteiligten, um ungestört mit ihr sprechen zu können.
„Noch ist es möglich, vom Zug abzuspringen.”
Seine Begleitung sah ihn an. „Wie bitte? Glaubst du im Ernst, ich lasse dich allein?”
Er verzog sein Gesicht.
„Ich meine es nur gut. Die beiden da drüben sind erst der Anfang der Schwierigkeiten. Ich möchte nicht wissen, wer jetzt noch auf der Jagd nach uns ist.”
Chyna sah kurz auf Teanna und Ivy.
„Wenn du das da als Problem bezeichnest, dann kann echter Ärger ja nicht so schlimm sein.”
Deacan erwiderte nichts. Er hatte Chyna nun mal am Hals und wurde sie wohl so schnell nicht mehr los.
„Also gut.”
Er ging wieder zu Manley, die gerade versuchte, eine DNS Probe von der vollständig verkohlten Leiche zu bekommen.
„Tja, sieht so aus, als würde ich allein keinen Erfolg haben. Nun ja, die Leute von der Spurensicherung haben bessere Systeme. Es wird sich schon was finden lassen. Ihnen ist klar, dass jetzt vermutlich der halbe Sektor Ihnen nachjagen wird?”
„Es sieht ganz danach aus. Gibt es da keine Möglichkeit, etwas zu arrangieren?”
Manley sah vom Scanner auf.
„Soll ich sie erschießen und damit den Wunsch dieser jungen Dame dort erfüllen?”
„Aber nicht doch. Aber sagten Sie nicht, dass Sie mir helfen könnten? Dann mal los, jetzt brauche ich Ihren Einfallsreichtum.”
Manley schien kurz zu überlegen.
„Ich werde mal sehen, was sich machen lässt. Geben Sie mir zwei Stunden, ja?“
„Gern. Was ist mit den beiden?“
Die genannten Personen zuckten sichtlich zusammen.
„Ich könnte sie natürlich in Gewahrsam nehmen, wenn Sie das wünschen.“
Deacan winkte ab.
„Nein. Aber vielleicht kriegen sie es hin, das sie mir, sagen wir mal, hilfreich zur Seite stehen.“
„Ich denke, das lässt sich einrichten. Wir sehen uns dann, in Ordnung?“
Deacan nickte, und Manley wandte sich Teanna und Ivy zu, die von der kleinen Unterhaltung nur Bruchstücke mitbekommen hatten. Die Agentin baute sich wie eine Lehrerin vor ihnen auf.
„Sie werden mir bitte folgen.“
„Und wohin?“ Ivy hatte nicht vor, einer wildfremden Person so mir nichts, dir nichts zu folgen.
„Zu einer kleinen Unterhaltung mit dem Chef der CIS. Sie sind immerhin Teil einer wichtigen Operation unserer Kräfte geworden, Sie benötigen daher auch spezielle Informationen, bevor wir Sie wieder auf die Menschheit da draußen los lassen können.“
Das war einleuchtend. Zumindest für Teanna und Ivy. Deacan konnte sich nur mit Mühe das Lachen verkneifen. Diese Dame von der CIS verstand es, zu lügen. Er würde also tatsächlich noch so etwas wie eine kleine Kavallerie bekommen. Na erstklassig.
Wortlos und artig liefen beide Damen hinter Manley her, so als gäbe es nichts wichtigeres auf der Welt. Der Blaster schien aber eher dafür ausschlaggebend zu sein, Manley hatte dessen Mündung nur kurz zuvor in Richtung der beiden geschwenkt. Teanna und Ivy würden eine wunderbare Beschäftigung von der Agentin erhalten.
„Komm, wir verschwinden hier.“
Chyna hatte genug in der Kälte der Nacht gestanden. Ein kleines Team der CIS erreichte just in dem Moment die Gasse, als Chyna und Deacan diese verließen. Für beide gab es jetzt nur noch ein Ziel: ein warmes Bett und viel Ruhe.
 
Part 15 (...well, I go on with "chapters" or parts, it may be easier to read...)

***

Ein kleiner, düsterer Raum von vielleicht drei mal drei Metern Größe.
Das Licht kam von einer winzigen Lampe an der Wand. Vor über einer halben Stunde hatte man sie hierher verfrachtet, ohne ein Wort der Begründung.
„Wie lange sitzen wir schon hier?“
Teanna zuckte nur mit den Schultern.
„So genau weiß ich das auch nicht, wie du weißt, hat man uns die MACS abgenommen. Aber wenn ich es schätzen müsste, würde ich mal so auf vierzig Minuten tippen.“
Ivy zuckte zusammen. So lange schon? War dies ein Test seitens der CIS, wollte man wissen, ob sie Druck aushalten konnten?
So ein blödes Spiel, langweilig noch dazu. Das Geräusch der sich öffnenden Tür verhieß Abwechslung. Das plötzliche Licht tat weh, wenn auch nur kurz. Manley stand in der Tür, ein leichtes Lächeln zierte ihr Gesicht.
„Wenn Sie mir jetzt folgen würden? Ser Hassan wartet bereits auf Sie.“
David Hassan. Teanna kannte diesen Namen nur zu gut, ihr Vater Allan hatte damals fast ununterbrochen von ihm gesprochen.
Von der hohen Effizienz seiner Methoden, seiner gnadenlosen Jagd auf alle da draußen im All, die unter der schwarzen Flagge mit dem Totenkopf dienten. Angeblich zahlte er sogar selbst Prämien für besonders gefährliche Exemplare des menschlichen Mülls, wie er es immer zu sagen pflegte. Getroffen hatte sie ihn noch nie, sie war also gespannt, was dran war an dem Mythos Hassan.
Manley führte sie über einen langen Flur in eine große Halle. Rechts und links an den Wänden befanden sich zahllose Displays, auf denen die verschiedenen Sektoren innerhalb des Tri-Systems dargestellt waren. Die Operationszentrale der CIS also.
Reges Treiben war zu beobachten. Unzählige Mitarbeiter des CIS liefen kreuz und quer durch den Raum, unzählige Schreibtische säumten die hintere Wand. Manley führte sie weiter durch das organisierte Chaos, hin zu einer kleinen Tür. Kein Name stand auf dem milchigen Glas, nichts wies darauf hin, wem das Büro dahinter gehören könnte.
Die Agentin öffnete die Tür ohne anzuklopfen, sie wurde also bereits erwartet. Sie hielt die Tür auf, ließ Teanna und Ivy vorbei.
„Nehmen Sie bitte Platz.“
Manley wies auf zwei Stühle, die knapp zwei Meter vor einem Unikum von Schreibtisch standen. Teannas Blicke wanderten kurz durch den Raum, da gab es zwei Bilder mit Abbildungen von Trägerschiffen, eine einsame Grünpflanze stand in einer Ecke.
Dann hefteten sich ihre Augen an die dunkel gekleidete Gestalt, die mit dem Rücken zu ihnen auf der anderen Seite des Tisches saß.
„Ser Hassan, sie sind hier.“
Langsam, fast wie in Zeitlupe, drehte sich der angesprochene Mann zu ihnen um. Er saß weit zurückgelehnt in seinem Stuhl. Und irgendwie schien er gelangweilt zu sein.
„Danke, Sera Manley.“
Per Handbewegung gab er ihr zu verstehen, sich neben der Tür zu postieren. Schweigend griff er zu einen Stapel Akten, die vor ihm lagen. Er blätterte sie kurz durch, dann sah er auf seine Gäste.
„Warum glaubt eigentlich jeder in diesem verfluchten System, eigene Gesetze machen zu können?“
Eigene Gesetze? Teanna war ein wenig verwirrt. Sie hatte doch rechtens gehandelt, sie war sich keines Fehlers bewusst. Sollte sie ihm die Meinung gleich sagen? Hassan ließ ihr jedoch keine Zeit für eine Rechtfertigung.
„Ich darf mal kurz aus Ihren Akten zitieren. Handel mit illegalen Substanzen, Besitz einer nicht registrierten Waffe, Verkauf von Ware, die nicht mal Ihnen gehört, Angriff auf Schiffe der CIS. Ich höre.“
Er lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück.
Sollte das ein schlechter Scherz sein? Sicher, er hatte ja recht mit seinen Anschuldigungen, die Frage war nur, woher er all dies wissen konnte.
„Worte sind das eine, Beweise das andere.“
Hassan verzog keine Miene.
„Sie wollen Beweise? Sera Tasker, seit dem Sie von Ihrem Vater abgehauen sind, stehen Sie bei uns unter strenger Beobachtung. Bitte verstehen Sie uns nicht falsch, wir haben nichts gegen Sie oder Ihre Freundin hier. Nichtsdestotrotz sind Sie eine potentielle Gefahrenquelle für die CIS.“
„Wie darf ich denn das nun wieder verstehen?“
„Stellen Sie sich mal vor, was passieren würde, wenn einer der Piratenclans dahinter käme, wer dieses kleine, zugegeben recht hübsche Mädchen wirklich ist, das da in der Dark Spirit herum fliegt. Wissen Sie, was dann los wäre? Allan Taskers Tochter wäre dem einen oder anderen Piraten sicher ein kleines Vermögen wert. Wenn Sie Glück haben dann sind Sie gleich tot, auf der anderen Seite würde die Gefangenschaft auf Sie warten. Und glauben Sie mir, wenn ich Ihnen versichere, dass letzteres das üblere Los ist.“
Teanna hielt inne. Von dieser Seite aus hatte sie das noch nie betrachtet.
Jetzt wurde ihr klar, was es mit ihrer sogenannten Glückssträhne auf sich hatte. Glück selbst hatte damit nichts zu tun, die CIS versuchte sie nur vor Unglück zu schützen. Nein, so hatte sie sich das alles nicht vorgestellt. Sie wollte keine Hilfe, sie wollte auf eigenen Füssen stehen und keinen Aufpasser haben.
Warum in Gottes Namen musste ausgerechnet ihr Vater so ein hohes Tier beim CIS sein? Sie wollte doch nur ein Leben in Freiheit, ohne Zwänge, ohne Vorschriften. Und kaum glaubte sie sich am Ziel, erklärte man ihr, dass sie weiterhin unter Kontrolle gehalten wurde.
„Ich habe nie um Hilfe gebeten, Ser Hassan. Und ich will sie auch nicht. Weder von Ihnen noch von sonst irgendwem.“
Für Teanna war das Thema damit erledigt, sie war stocksauer und wäre Hassan am liebsten an die Kehle gegangen. Ivy stieß Teanna leicht in die Seite.
„War es das jetzt? Dann bleibt noch ein Thema, unser Geld!“
„Ach ja, Ser Hassan. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass wir durch das Verschulden dieser Frau da um unseren Sold betrogen worden sind.“
Hassan winkte Manley zu sich.
„Sie sind am Zug, Manley. Bitte machen Sie es kurz.“
Manley nickte, sie nahm den rechten Platz neben Hassan ein. Sie strich sich kurz durch ihr dunkelrotes Haar, griff sich dann ein paar der Akten vom Tisch.
„Wie wollen Sie es haben? Möglichkeit Nummer ein sieht so aus, dass wir Ihren Vater von Ihrer Anwesenheit hier unterrichten und er Sie abholen kann. Selbstverständlich bekommt er eine Kopie Ihrer Strafakte von uns mit auf den Weg. Ich denke, dass Sie in diesem Fall für die nächsten zehn Jahre unter Zwangsarrest in seiner Villa auf Petra stehen dürften. Was dann aus Sera Ivy Banks wird? Um ehrlich zu sein, interessiert uns das nicht im geringsten. Sie kommt eben auch zurück nach Hause, wo auch immer das sein mag.“
Schöne Aussichten.
Bisher konnte Teanna die CIS nur nicht leiden, jetzt aber stieg tiefer Hass in ihr hoch. Diese Typen in Uniform bogen sich wohl alles zurecht, brachten es in die Lage, die ihnen am besten gefiel. Teannas Blick fiel auf Ivy. Die sagte, wie so oft, nichts und schwieg sich aus.
Manley ergriff wieder das Wort.
„Möglichkeit Nummer zwei. Sie lassen Ser Deacan Tron in Ruhe und wir vergessen dass Sie hier waren. Ihr Vater erfährt nichts von unserer kleinen Unterhaltung. Sie gehen wieder Ihrer Beschäftigung nach und arbeiten bei Bedarf für uns. Reichen fünfundzwanzigtausend Credits? Ich meine um Ser Tron in Frieden zu lassen?“
Hatte sie gerade richtig gehört?
Ser Tron schien der CIS wirklich eine Menge wert zu sein, wenn diese Organisation sogar noch zehntausend Credits mehr für ihn ausspucken würde als ihr der Mord an dem Kerl eingebracht hätte.
„Was hat der Typ eigentlich gemacht? Ich meine, hat er Hassans Tochter flach gelegt, sie anschließend geschwängert und soll dafür bestraft werden, indem er am Leben bleibt und für die Krabbe sorgen muss?“
Sie wies mit ihrer Hand auf Hassan, der sichtlich genervt sein Gesicht verzog.
„Was für eine blumige Ausdrucksweise. Von ihrem Vater hat sie das aber nicht geerbt, oder Ser Hassan?“
Manley sah auf ihren Chef. Hassan stand auf, ging auf seine Gäste zu und blieb schließlich vor ihnen stehen.
„Ja oder nein.“
Teanna hätte eigentlich „ihr könnt mich mal“ sagen wollen. Aber dieses Angebot war irgendwie auch verlockend.
„Abgemacht. Was soll ich für euch tun? Jemanden umlegen vielleicht?“
„Nicht so hastig. Wir melden uns schon bei Ihnen, Sera Tasker. Ihre Maschine steht wieder zu Ihrer Verfügung. Manley, sorgen Sie dafür, dass die beiden ihre MACS wieder bekommen, ja?“
Manley nickte, sie ging zur Tür und öffnete diese.
Teanna und Ivy atmeten hörbar auf. Nur raus hier!
„Sera Tasker! Hier noch eine kleine Warnung, falls Sie es vorhin nicht verstanden haben sollten. Legen Sie Ser Tron um, sind Sie die nächste. Versprochen!“
Teanna ließen diese Worte, die Hassan ihr noch im Gehen nachrief, nicht unbedingt kalt. Es gab also etwas an diesem Tron, das sehr interessant zu sein schien. Sie war neugierig geworden.
 
Part 16

*
Drei, vier Stunden vielleicht.
Länger hatte Deacan nicht schlafen können. Chyna lag dichtgedrängt neben ihm, sein Arm ruhte auf ihrer Schulter, er streichelte ihr durchs Haar.
Draußen war es noch dunkel, ab und zu konnte man die Positionslichter von Frachtschiffen erkennen, die aus dem Orbit in die Atmosphäre von Hades eintauchten. Dieser Vorgang wurde stets vom hellen aufleuchten der Schutzschilde begleitet, einen durchaus sehenswertem Schauspiel.
Und es war still.
Deacan hatte den Tag noch einmal Revue passieren lassen. Wichtigste positive Meldung heute: er war noch am Leben.
Es klang vielleicht seltsam, aber vielen Privateers war sogar das egal. Dabei konnte das Leben hier im Tri-System so kurz sein. Ja, es passierte hin und wieder, dass ein junger Mensch von seinem ersten Flug als Söldner nicht zurückkam.
Deacan hingegen zählte die Tage nicht mehr, die er überlebt hatte. Aber er erwischte sich immer öfter beim Zählen der Tage, die ihn noch blieben. Zumindest versuchte er es manchmal. Dann allerdings verdrängte er den Gedanken an den Tod, an seinen Tod.
Er sah Chyna über die Schulter. Sie schlief ruhig und fest, er glaubte sogar erkennen zu können, dass sie hin und wieder lächelte. Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange, dann legte er sich wieder hin.
Ein leises Geräusch riss ihn aus seiner Grübelei in die Realität zurück. Er drehte sich um.
Sein MACS lag auf dem Nachttisch, es war aktiviert worden. Jemand hatte ihm also eine Nachricht geschickt.
Er griff nach dem Gerät, öffnete den internen Kommunikationskanal. Das Gesicht von Jake Kenner tauchte auf dem Display auf, er schien völlig außer Atem zu sein, so als hätte man ihn stundenlang gehetzt.
„Deacan, hier ist Jake. Du hattest Recht mit allem. Und es ist noch schlimmer, als wir dachten. Deacan, es sind Personen mit im Spiel, die extremen Einfluss im Tri-System haben, Leute, von denen wir dachten, dass sie loyal sein würden, und dass man sie nicht kaufen könnte. Ich muss dich dringend sehen, so schnell wie es nur geht. Bitte! Ich bin auf Crius, im Hesta-Hotel. Versuch nicht, mir zu antworten, ich glaube, jemand hört mein MACS ab. Aus diesem Grund sende ich aus meinen Jäger. Traue niemanden. Wie du es mir sagtest. Ich warte auf dich. Kenner Übertragung Ende.“
Das Display wurde wieder dunkel.
Jake hatte die Nachricht vor zwei Stunden abgesandt. Es würde noch einmal etwa eine Stunde dauern, bis Deacan Crius erreichen würde. Wenn er jetzt aufbrechen würde. Jake hatte gemeint, es wäre wichtig.
Er beugte sich über Chynas Gesicht.
„Heh, Kleines.“
Müde und unwillig drehte Chyna sich in seine Richtung.
„Was ist denn los?“
Der Privateer überlegte kurz. Hier lassen konnte er sie nicht, man hatte sie zusammen gesehen.
„Was würdest du sagen, wenn wir einen kleinen Trip nach Crius unternehmen würden?“
„Du willst zu deinem Freund Jake, habe ich recht?“
Deacan pfiff erstaunt durch die Zähne.
„Und ich dachte, du schläfst.“
Sie öffnete die Augen.
„Schon meine Mutter sagte immer zu mir, dass man nie fest schlafen sollte, wenn man einen Mann neben sich zu liegen hat. Ist nicht ganz ungefährlich.“
„Ach ja?“
Er war sichtlich amüsiert.
Chyna erhob sich, um sich auf Deacan rittlings wieder nieder zu lassen. Sie zeichnete mit ihren Fingern seine Gesichtskonturen nach.
„Mein lieber Freund, du schuldest mir eine Menge Schlaf. Ich hoffe, dass du den irgendwann mal mit mir nachholst.“
„Versprochen.“
„Na bitte, es geht doch.“
Chyna beugte sich zu ihrem Partner herunter, gab ihm einen Kuss auf den Mund. Er legte seine Arme um ihren Nacken und zog sie dichter zu sich heran.
„Deacan, Jake wartet.“
Chyna riss sich von Deacan los, stand vom Bett auf und begab sich ins Bad.
„Schade eigentlich.“
Er stieß diese Worte leise hervor und sah Chyna hinterher. Sie hatte aber recht. Jake war in Schwierigkeiten.
In Rekordzeit hatten Deacan und Chyna ihr Outfit wieder am Körper, und fast genau so schnell fanden sie sich im Hangar der CIS wieder.
Deacan hatte vorher bereits seine Abreise beim Personal dort angekündigt, er wollte nur sicher gehen, dass die Duress auch startklar war. Man hatte ihm über sein MACS bestätigt, dass er jederzeit losfliegen könnte.
Staring, der Mechaniker, der ihm die Duress im Auftrag von Manley angedreht hatte, wartete vor der Maschine, seine Hände hatte er tief in den Taschen seines Overalls vergraben.
Deacan ging auf ihn zu.
„Probleme?“
Staring schüttelte den Kopf.
„Schon mal mit einer Duress geflogen?“
„Nein. Warum?“
„Nun, es gibt da ein paar Dinge, die Sie wissen sollten. Lassen Sie sich nicht auf Massengefechte ein. Suchen Sie sich einen Gegner, schalten Sie ihn aus, greifen Sie sich dann den nächsten, okay? Das Ding hier ist nicht für gigantische Schlachten gebaut worden, es ist vielmehr ein Reiseschiff mit viel Komfort und recht guter Verteidigungsmöglichkeit. Ich habe es mir erlaubt, an einer der sechs Raketenaufhängungen einen Stingraytorpedo zu befestigen. Man weiß ja nie.“
Staring klopfte gegen das dunkle Metall der Duress.
„Viel Glück da draußen.“
Deacan legte seine Hand auf Starings Schulter.
„Danke, mein Freund.“
Über eine kleine Leiter kletterte er ins Cockpit, gefolgt von Chyna, die wie gewohnt hinter ihm Platz nahm.
Wow!
Was für ein Design! Die Rundumsicht in der Maschine war spektakulär, alle Instrumente perfekt positioniert.
Es war hell und freundlich, Deacan kannte kein ziviles Schiff, das ähnlich gut aufgebaut war. Er schloss den Einstieg, zündete die Triebwerke.
Sanft hob die Duress vom Boden ab. Das Dach des Hangars öffnete sich, der Pilot steuerte den Jäger durch die Öffnung hindurch ins Freie. Dann gab er vollen Schub.
Die Duress schraubte sich in den immer noch dunklen Himmel, gewann rasend schnell an Höhe.
Staring sah ihr nach. Er schob seine Mütze tief in den Nacken.
„War mir ein Vergnügen, Ser Tron.“
Die sich wieder schließende Luke versperrte ihn schon bald die Sicht, er steckte die Hände wieder in die Hosentaschen und begab sich zu seinen Leuten, die mit einem defekten Triebwerk kämpften und offensichtlich nicht so ganz klar kamen.
„Langsam, Leute bitte macht es doch langsam.“
Die Duress hatte inzwischen den Orbit verlassen und steuerte auf die Jumpboje zu.
Crius war nur wenige Sprünge entfernt, Deacan hoffte ohne weitere Probleme dort anzukommen. Er hatte die Nase voll von Kiowans, Papagos und wie sie alle hießen. Sein Bordcomputer meldete Sprungbereitschaft, man aktivierte das Hyperraumtriebwerk. Nur Sekunden später waren Hades und die Sonne, die der Planet umkreiste sowie alle Sterne verschwunden, nur das Schwarz des Hyperraums umgab sie.
 
...and another part - as little "thank" for your interest.

part 17

*
Während Deacan und Chyna unterwegs waren, hatten zwei andere Gestalten gerade ihre kleine Privatfeier beendet und begaben sich todmüde in Richtung ihrer Betten.
Ja, ein solcher Tag war selten, und wenn man schon einmal zu jeder Menge Geld kam, warum sollte man dann nicht mal einen über den Durst kippen?
Teanna und Ivy hatten jedenfalls gefeiert bis zum abwinken, sie hatten ziemliche Probleme, heil in ihr Zimmer zu kommen.
„Teanna, es war ungemein clever von dir, dem CIS-Typen von vorhin zuzustimmen, die Kohle zu greifen und dann abzuhauen.“
Teanna war etwas nüchterner als Ivy, ihre Antwort kam deshalb postwendend.
„Das hat nichts zu sagen. Ich würde nur zu gerne wissen, was so besonderes an Ser Tron dran ist.“
Man hatte das gemietete Zimmer erreicht, Teanna zog die ID-Card aus ihrer Tasche, als ihr etwas auffiel.
Die Tür stand einen Spalt breit offen! Langsam öffnete sie die Tür ganz.
„Licht!“
Der Raum wurde taghell, Teanna ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Alle Möbel standen noch am gleichen Ort und die Schränke schienen verschlossen zu sein.
Seltsam nur, das aus der kleinen Küche Geräusche zu hören waren. Dort schien jemand am herumwerkeln zu sein.
Teanna griff sich einen kleinen Hocker, hob ihn über den Kopf. Die perfekte Waffe also. Mit leisen Schritten begab sie sich, dicht gefolgt von ihrer Partnerin, zur Küchentür.
Dann positionierten sie sich rechts und links von der Tür, Ivy griff an die Türklinke, und riss sie auf.
Teanna stürmte in den Raum und blieb verdutzt stehen.
„Wie nett, dass Sie mir einen Sitzplatz mitgebracht haben, Sera Tasker.“
Dana Manley!
Sie stand vor dem Kühlschrank und hatte sich kurzerhand selbst bedient. Sie griff nach ihrem Teller, der übervoll mit Essen beladen war, begab sich an Teanna und Ivy vorbei ins Wohnzimmer und nahm dort Platz.
Teanna stand noch immer mit dem Hocker im Anschlag im Kücheneingang.
„Sera Tasker, Sie können den Hocker ruhig wieder hinstellen, ich habe es mir lieber hier bequem gemacht. Möchten Sie auch etwas?“
Sie hob den Teller in Teannas Richtung. Teanna drehte sich langsam um, stellte den Hocker wieder auf den Boden.
„Nein, danke. Ich hoffe, es schmeckt.“
Manley nickte, während die ersten paar belegten Brote in ihrem Mund verschwanden.
„Aber sicher doch.“
Teanna kam näher, nahm neben dem Gast Platz. Ivy schüttelte nur verständnislos den Kopf. Dann setzte sie sich auf die Tischkante.
„Sie scheinen sich hier ja bestens auszukennen, mh?“
„Standartprozedur bei zu überwachenden Personen. Siehe Handbuch der CIS, Kapitel sechs, glaube ich.“
„So? Glauben Sie?“
Teanna war sichtlich verärgert. Eigentlich konnte Manley es ihr nicht mal verdenken.
Was soll man auch von einem Einbrecher halten, der lediglich den Kühlschrank plündert? Die Agentin stellte den Teller wieder auf den Tisch, schlug die Beine übereinander. Dann wischte sie sich kurz mit der Hand über den Mund.
„Wie Ser Hassan vorhin sagte, melden wir uns bei Ihnen, wenn wir einen Auftrag für Sie haben.“
Teanna sah zur Wand, dort hing eine alte Uhr.
„Um vier Uhr morgens?“
„Die CIS kennt keinen Schlaf.“
Ivy stand auf, begab sich in Richtung Küche.
„Wir aber schon.“
„Sicher. Also, was ist? Wollen Sie sich den Auftrag kurz anhören, oder soll ich morgen früh wieder kommen?“
Ivy kam wieder aus der Küche, in der Hand trug sie ein Glas mit Wasser.
„Bloß nicht. Wer weiß, wann Sie dann bei uns im Zimmer stehen. Ich schätze mal, dass Sie keine Türen zu Hause hatten, was?“
„In der Tat hatten wir Perlenschnüre. Spaß beiseite.“
Sie öffnete ihre Jacke, griff in die Innentasche.
„Ihr Auftrag, meine Damen.“
Sie legte einen kleinen Speicherchip auf den Tisch. Ivy griff zu ihrem MACS, dann zum Chip und verband beide Teile miteinander. Das Display leuchtete auf.
„Und Ivy, worum geht es?“
Ivy las noch den Text. Dann holte sie tief Luft, schaltete das Gerät ab.
„Wir sollen uns mit einem Privateer namens Ser Stan Furlong treffen, und zwar auf Crius. Der Typ hat etwas, was wir in Gewahrsam nehmen sollen. Dort erhalten wir dann weitere Anweisungen.“
Teanna hatte verstanden. Sie stand auf, griff nach Manleys Arm.
„So, nun da wir das geklärt haben, wünsche ich Ihnen noch eine gute Nacht.“
Manley wurde von ihr regelrecht aus dem Stuhl gezerrt. Ein Rausschmiss, wie er im Buche steht.
Manley griff sich noch den Teller, dann setzte Teanna sie vor die Tür. Die Tür knallte ins Schloss.
„Viel Spaß, ihr zwei.“
Manley lächelte über das ganze Gesicht. Sie wollte gerade gehen, als die Tür wieder aufflog. Ivy trat nach draußen, riss ihr den Teller aus der Hand.
„Pardon! Aber der gehört uns.“
Und flugs knallte sie die Tür wieder zu.
Manley atmete tief durch, griff zu ihrem MACS. Auf dem Display erschien Hassans Gesicht.
„Auftrag ausgeführt.“
Hassan nickte, der Kanal wurde wieder geschlossen. Die Agentin machte auf dem Absatz kehrt, ging in Richtung Ausgang. Wäre jemand anwesend gewesen, so hätte er bestimmt die Melodie gehört und eventuell sogar erkannt, die Manley leise vor sich hin pfiff.
Pop goes the weasel...
 
part 18

*
Deacans Flug verlief ausgesprochen ruhig.
Kein Pirat weit und breit. Seltsam. Nun, vielleicht suchte man ja immer noch nach einer Drakkar, dem Schiffstypen also, mit dem er bisher unterwegs gewesen war.
Seine neue „Mühle“ bot ihm eine Menge an Überraschungen. Sie war viel manövrierfähiger als das alte Schiff, außerdem kleiner und somit schwerer zu treffen. Und obwohl er weniger Geschütze an Bord hatte, fühlte er sich keinesfalls unsicher.
Probleme bereitete ihm nur die neue Anordnung der einzelnen Instrumente. Sicher, sie waren besser angeordnet, aber er war nun mal ein Gewohnheitstier. Mehrmals griff er zum falschen Schalter.
Geblieben war jedoch sein alter Bordcomputer. Danni, wie er das Teil liebevoll nannte, war weiblich.
Zumindest der Stimme nach. Die meisten Piloten löschten in regelmäßigen Abständen die Speicherchips, um zu verhindern, dass die hochtechnisierten Rechner eine Art von Bewusstsein entwickelten.
Deacan hatte jedoch erkannt, dass dieses Bewusstsein durchaus seine Vorteile haben konnte.
Denn Danni machte Vorschläge. Flugrouten zum Beispiel. Und sie übernahm hin und wieder auf Deacans Verlangen hin die Flugkontrollen.
Andere Piloten mussten dafür Hebel oder Schalter umlegen. Eines würde sein Bordrechner aber niemals tun: ihm widersprechen oder einen Befehl nicht ausführen. Dafür gab es mehrere Sicherheitsprotokolle, die grundlegende Funktionen des Schiffes wie Antrieb, Schilde oder Waffen kontrollierten und am Laufen hielten.
Außerdem hatte Deacan auf diese Weise einen Gesprächspartner, wenn er mal allein flog. So wurde ihm die Zeit nicht unnötig lang.
Im Moment wäre Chyna sein Gesprächspartner gewesen, hätte der Schlaf sie nicht übermannt. Und so bekam sie nicht mit, dass Sera Manley mit Deacan Kontakt aufnahm, um ihn über den neusten Stand der Dinge zu unterrichten.
„Schiessen Sie los, Manley.“
Der Privateer wartete die Begrüßungsfloskel erst gar nicht ab.
„Schönen Gruß zurück. Tut mir leid, ich weiß, dass ich sagte, dass wir nur zwei Stunden für die Identifizierung brauchen würden. Tja, mein Fehler.“
„Ist schon verziehen. Also, wer ist der Kerl?“
„Nun, wer er ist wissen wir nicht. Es war keine DNS mehr vorhanden. Nicht mal bruchstückhaft, die letzten Teile davon lösten sich auf dem Weg ins Labor auf.“
Deacan verzog das Gesicht.
„Gute Arbeit, Manley. Sauberer Schuss. Zielen, Schiessen, Treffer, Asche.“
„Moment. Ich habe nur einen kleinen Anteil zum Zustand der Leiche beigetragen. Ehrlich. Wir fanden Reste einer Substanz mit der Bezeichnung TC-446.“
„TC was?“
„Nicht was, 446. Er hatte einen kleinen Kanister voll davon bei sich. Mein Treffer hat wohl den Behälter zerfetzt. Und jetzt wird es interessant. TC-446 wird verwendet, um organisches Material aufzulösen.
Restlos. Entwickelt wurde es vor fünfzehn Jahren, damals wütete im gesamten Tri-System eine schlimme Seuche, die fast alle Nutztiere infizierte. Die Kadaver wurden anfangs verbrannt, aber die Kapazitäten reichten schon bald nicht mehr aus.
TC-446 wurde für die Lösung gehalten, es hat jedoch Probleme gegeben. Das Zeug löst wirklich alles auf, was organisch ist. Wird es zu lange gelagert, entstehen toxische Dämpfe. Nach kurzer Zeit wanderten die Reste in den Sondermüll und die Neuproduktion wurde verboten.“
„Klingt irgendwie nach chemischen Waffen, Manley.“
„Das sind Ihre Worte, Ser Tron, nicht meine.“
„Ist bekannt, wie der Typ an die Formel für das Zeug gekommen ist?“
„Leider nein. Die Herstellerfirma hüllt sich in Schweigen. Ist irgendwie sogar verständlich. Zählen wir eins und eins zusammen. Erst wollte man sie kalt machen, hinterher jeden Beweis vernichten, einschließlich ihrer Leiche. Hübsch, nicht wahr?“
„Ich wollte mich eigentlich einäschern lassen, aber doch nicht so. Und schon gar nicht jetzt.“
„Ich sage Ihnen nur, was ich weiß. Ach ja, bevor ich es vergesse: zwei nette, junge, dynamische Damen werden sich in wenigen Stunden auf den Weg nach Crius machen.“
„Nett? Jung? Und dynamisch? Darf ich raten? Teanna und Ivy... Verraten Sie mir, wie Sie das geschafft haben?“
Die Dame grinste frech ins Objektiv.
„Ein paar Geheimnisse darf ich doch wohl noch für mich behalten, oder? Aber zu Ihrer Information möchte ich sagen, dass Teanna die liebreizende Tochter eines ziemlich hohen CIS Beamten ist und somit war es leicht, sie zur Mitarbeit zu bewegen.“
„Schon klar. Sonst noch etwas?“
„Ja. Offiziell sind Sie immer noch auf Hades. Ich hoffe, dass wir Ihnen auf diesem Weg etwas Zeit verschafft haben und Sie somit ungestört arbeiten können.“
„Manley, Sie sind ein Schatz.“
„Ich sag es ja immer wieder. Nur glauben will es einfach keiner.“
„Nicht mal Hassan, der große, weise Mann der CIS?“
„Ich werde ihn mal bei nächster Gelegenheit fragen. Wenn es dann keine Fragen mehr gibt?“
Deacan schüttelte den Kopf.
„Danke. Tron Ende.“
Das Display im Cockpit wechselte die Grafik, Manleys Gesicht verschwand, dafür erschienen jetzt wieder die Navigationskarten.
Noch zehn Minuten bis Crius.
 
part 19

Als Deacans Jäger endlich den Hyperraum verließ und in den Normalraum zurück fiel, hatte der Pilot nur ein Ziel, so schnell wie möglich auf Crius zu landen.
Der Flugverkehr rund um Crius war verhältnismäßig ruhig, außer ein paar Frachtern und Shuttles war der Orbit des Planeten leer. Mühelos tauchte die Duress in die Atmosphäre ein, nur Sekunden später durchflog sie die Wolkendecke.
Die Bodenstation von Crius hatte Deacans Maschine jetzt wohl auf ihren Kontrollschirmen, jedenfalls erhielt der Pilot eine Nachricht, in der ihm ein Ladeplatz zugewiesen wurde.
Deacan sparte sich eine Antwort, er wusste, dass die freundliche Stimme vom Band kam. Sein Bordcomputer empfing jetzt den Richtstrahl, der die Duress zu ihrer Landebucht führen würde.
Deacan überließ Danni das Landemanöver. Sanfter konnte man nicht landen. Außer einem typischen kleinen Ruck beim Aufsetzen verlief alles bestens. Die Triebwerke verstummten, das Cockpit schwang auf.
Der Privateer stand auf, drehte sich nach Chyna um, die noch immer friedlich vor sich hin schlummerte.
„Verehrte Fluggäste, wir sind sicher auf Crius gelandet. Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Flug und ich würde mich freuen, wenn Sie auch in Zukunft wieder mit Trons Airline reisen würden.“
Chyna hob müde den Kopf.
„Schon da?“
„Ja. Schade eigentlich, dass du geschlafen hast. Ich habe da draußen zehn Papagos kalt gemacht.“
Sie verzog das Gesicht.
„Erzähl mir nix vom Pferd, klar? Es war also ein ruhiger Flug?“
„Seltsam, nicht wahr? Nicht ein Pirat hat sich blicken lassen. Wenn das öfter passiert, muss ich mir wohl einen neuen Job suchen.“
„Wäre zu schön, um wahr zu sein.“
Deacan half Chyna hoch. Ein Techniker hatte inzwischen eine Leiter an den Jäger geschoben, über die beide wieder festen Boden erreichten.
Deacan bestätigte per Fingerabdruck noch schnell seine Landung, dann begab er sich zusammen mit seinem Anhang in Richtung des Hesta-Hotels. Dort, so hoffte er, würde Jake auf ihn warten und vielleicht mit neuen Informationen aufwarten können.
Hätte er mehr Zeit gehabt, so hätte Deacan einen kleinen Rundgang durch das Geschäftsviertel von Crius gemacht. Hier blühte tatsächlich das Leben, der Planet stand im krassen Gegensatz zu fast allen anderen Welten im Tri-System. Handel und Handwerk waren hier stark vertreten, es gab so gut wie alles zu kaufen, hier hatten sich angesehene Firmen niedergelassen.
Zudem gab es hier das größte medizinische Zentrum überhaupt. Eine Liste der Entdeckungen und Erfindungen, die auf Crius gemacht wurden, wäre mit Sicherheit ellenlang. Auch was seine Architektur betraf, war Crius einzigartig.
Aber Deacan hatte wie gesagt keine Zeit dafür. Er hetzte mit Chyna quer über die breiten Strassen. Der Weg selbst war nicht weit, nach wenigen Minuten standen beide im Hesta-Hotel vor der Rezeption.
Eine junge Angestellte kam umgehend auf sie zu.
„Kann ich Ihnen helfen?“
„Ja, wir möchten zu Jake Kenner, er hat hier ein Zimmer.“
„Einen Moment.“
Die Dame sah kurz auf ein Computerdisplay, das in den Tisch eingelassen war.
„Ja, hier haben wir es. Kenner, das ist Zimmer 221. Er hat im Augenblick Besuch, ich werde sie besser anmelden.“
Besuch? Das war nicht Jakes Art.
Deacan hakte nach.
„Könnten Sie mir sagen, wer bei ihm ist?“
„Sicher doch. Ich habe den Besucher selbst bei Ser Kenner angemeldet, das war vor einer halben Stunde.“
Sie wandte sich wieder dem Display zu.
„Warten Sie, ja hier habe ich es. Sein Name war Ser Deacan Tron.“
Der Privateer sah auf Chyna, dann wieder auf die Empfangsdame, in seinen Augen spiegelte sich blankes Entsetzen wider.
„Rufen sie den Sicherheitsdienst. Sofort!“
Dann hastete er los. Zimmer 221. Deacan fand auf Anhieb den Lift. Er betätigte den Rufknopf.
„Komm schon, komm schon.“ Es kam ihm vor, als würde der Lift ewig brauchen. Sein Blick wanderte auf die Etagenanzeige über der Lifttür. Die stand auf zwei und veränderte sich nicht.
Jemand schien die Tür zum Lift blockiert zu haben.
Dann halt eben das Treppenhaus. Deacan stieß die Tür dorthin auf, er nahm immer gleich mehrere Stufen auf einmal. Er brauchte nicht ganz drei Minuten, bis er die Etage erreicht und Jakes Zimmer gefunden hatte.
Er stellte sich seitlich neben die Tür und zog seine einzige Waffe, ein Messer, aus der Scheide.
Erst mal anklopfen. Angespannt lauschte er.
Ruhe. Absolute Ruhe.
Er griff an den Öffnungsmechanismus der Tür. Zischend öffnete sie sich.
„Jake?“
Keine Antwort. Deacan wagte einen kurzen Blick. Chaos. Jemand schien das Zimmer durchwühlt zu haben.
„Jake?“
Er rief jetzt lauter. Langsam betrat Deacan den Raum. Dann sah er eine Gestalt, die ruhig und bewegungslos in einen Sessel saß. Er ging darauf zu, griff an die Rückenlehne und drehte den Sessel um.
Dann sah er in Jakes Gesicht. Seine Haut war blass, die Augen weit aufgerissen und starr. Deacan versuchte, Jakes Puls zu fühlen.
Nichts.
Erst jetzt sah er die Blutlache, die den Sessel umgab. Und die Schnittwunde quer über die Brust. Jakes schwarzes Shirt verdeckte die grausamen Spuren.
„Deacan, was ist...“
Chyna hatte das Zimmer erreicht, die Dame von der Rezeption war ihr gefolgt.
Beide waren starr vor Schrecken. Deacan sank auf die Knie. Er versuchte sein Gesicht vor Chyna zu verbergen. Und doch konnte sie einige Tränen sehen, die ihm übers Gesicht liefen.
„Es tut mir so leid, mein Freund.“
Langsam stand er wieder auf und wischte sich übers Gesicht. Dann sah er Jake wieder an, schloss mit seiner Hand dessen Augen. Für immer.
Chyna drehte sich um, griff der Angestellten an die Schulter und zerrte sie aus dem Zimmer.
„Gehen Sie. Und rufen sie endlich die CIS. Wir werden hier solange warten. Bitte.“
„Wenn Sie meinen. Kann ich wirklich nichts für ihn tun?“
Die Dame wies auf Deacan. Chyna schüttelte nur leicht mit ihren Kopf. Dann wandte sie sich wieder Deacan zu.
Der stand schweigend vor seinem Freund, versuchte die Fassung zu bewahren. Langsam ging sie auf ihn zu, legte vorsichtig ihre Hand auf seine Schulter.
„Warum?“
Chyna suchte nach einer Antwort. Und fand keine. Das alles schien so sinnlos zu sein.
„Deacan, wir sollten draußen warten. Bitte komm.“
Statt einer Antwort kam eine wütende Reaktion. Mit aller Wucht, die er hatte, schlug der Söldner gegen einen Schrank, der geöffnet und durchwühlt worden war.
Und wieder.
Und wieder.
Langsam gab das Holz nach, es begann zu splittern. Chyna griff ein, sie versuchte seine Hand zu erwischen. Es gelang ihr erst beim zweiten Versuch, Deacans aufgestaute Wut hatte sich etwas abgebaut.
Er hatte sich die Hand aufgeschlagen, Blut lief aus einer großen Platzwunde vom Handrücken.
Chyna wusste nur einen Rat. Sie umarmte den Privateer, wollte ihm zeigen, dass er nicht allein war, jemanden hatte, der sich um ihn sorgte. Deacan wehrte sich nicht dagegen. Chyna presste sich immer fester an ihn, fuhr mit ihrer Hand durch sein Haar.
Gerne hätte sie tröstende Worte an den Söldner gerichtet, es fiel ihr nur nichts ein. Schweigend blieben sie eng umschlungen stehen.
 
...strange story, or not?
And? Any ideas what happens here?

:D

Deacan

PS: no, no - do not panic... this is not the end - the best parts are still to come...
 
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